Gaunts Geister - Band 1-3
Kommissar ...«
»Verweigern Sie einen direkten Befehl?«,
schnauzte Kowle.
»Nein, Kommissar, aber ...«
Kowle schoss ihm in den Hals
und zerrte seinen zuckenden Leichnam aus dem Fahrersitz.
Er glitt auf den vom Blut
glitschigen Metallsitz und schaltete das Interkom ein. »Panzerkolonne. Mir
nach.«
Das ist nur Außenhab-Pöbel —
wertlos, entschied er, als er den Panzer in die Massen lenkte und sich durch
sie einen Weg zu den entfernten Toren der Vervunmakropole bahnte.
DREI
Eine Mitternachtssonne
»Nach
dem hier werden alle Schlachten leicht sein, alle Siege einfach und aller Ruhm
hohl.«
— General Noches Sturm nach
seinem Sieg auf Grimoyr
Das Bombardement dauerte
zweieinhalb Wochen an, Tag und Nacht. Am Ende des zwölften Tags waren Tag und Nacht
kaum noch unterscheidbar, so dicht war der atmosphärische Rauchnebel rings um
die Vervunmakropole. Der Schirm hielt stand, aber die Außenhabs und
Manufakturen im Süden waren mittlerweile ein fünfzig mal fünfzig Kilometer
messendes Ödland, in dem gewaltige Brände tobten. Manche Granaten waren
absichtlich über den Schirm gezielt worden und hatten in den ungeschützten
Norddistrikten und weiten Teilen des Hafenviertels an den Ufern des Hass
katastrophale Schäden angerichtet.
Am Nachmittag des sechsten Tags
ordnete Marschall Edric Croe, den die Legislatur zu Gnides Nachfolger ernannt
hatte, die Schließung der Makropoltore im Süden an. Der neue Marschall, der
Bruder von Lord Croe aus dem gleichnamigen Adelshaus, diente als Oberst in der Vervunwehr,
und seine Wahl war von sieben der neun Adelshäuser angenommen worden. Adelshaus
Anko — das seinen eigenen General, Heskith Anko, auf den Posten hieven wollte —
hatte abgelehnt. Adelshaus Chass hatte sich der Stimme enthalten. Marschall
Croe war ein blasser, weißhaariger Riese von weit über zwei Metern. Seine
durchdringenden dunklen Augen und sein harter Blick waren Thema vieler
Kasernen-Legenden, aber er war gelassen, ruhig und inspirierend, umsichtig in
seinen Entscheidungen und bei der Truppe beliebt. Das Mehrheitsvotum der
Adelshäuser spiegelte ihr Vertrauen zu ihm — und die Tatsache, dass sie das
Gefühl hatten, er werde ihnen unter allen Umständen verantwortlich bleiben.
Heskith Anko, ein plumper, dunkelhäutiger Rohling, der Krieg eher politisch als
taktisch anging, wurde zu Croes Stabschef ernannt, um Haus Anko zu beschwichtigen.
Die beiden kamen nicht gut miteinander aus, und ihre heftigen Streitgespräche
im Oberkommando der Häuser erlangten rasch traurige Berühmtheit.
Croes Entscheidung, die Tore zu
schließen — in diesem Stadium strömten immer noch eine halbe Million Flüchtlinge
aus den südlichen Distrikten herein und suchten Zuflucht durch die Tore
Hass-West, Sondar und Croe —, überraschte die Häuser und die Legislatur
insgesamt. Viele glaubten, Croe habe sich Ankos beharrlichem Druck gebeugt.
Haus Chass, Haus Rodyn und sieben gemeine Häuser stellten einen
Missbilligungsantrag und wetterten gegen die Grausamkeit der Aktion. Eine halbe
Million, die man sterben lasse, indem man die Tore vor ihnen verschließe. »Das
widerspricht allen Grundsätzen der Humanität«, verkündete Lord Rodyn im
Legislatursaal.
Tatsächlich beruhte Marschall
Croes Entscheidung sehr viel mehr auf dem Rat Kommissar Kowles, der in der zweiten
Nacht mit den ramponierten Überresten der Panzerdivisionen von der Front
zurückgekehrt war. Trotz der Verluste, die Vegolains Streitmacht erlitten
hatte, betrachteten viele Kowle als Held. Er hatte ganz allein über dreißig
Panzer mit ihren Besatzungen um sich geschart und wieder nach Hause gebracht,
und er konnte außerdem aus erster Hand Einzelheiten über den Feind berichten.
Die öffentlichen Tafeln
sprachen ganz offen von seinem Heldentum und seiner Loyalität. Sein Name wurde
in den Flüchtlingslagern und bei allen Arbeiter- und Bürgerver-sammlungen in
Sprechchören gefeiert. Die Bezeichnung »Volksheld« wurde geprägt und blieb
haften. Allgemein glaubte man, er werde für seine Taten einen Orden bekommen,
und viele aus der Unterschicht sahen in ihm einen Helden des gemeinen Volks und
hielten ihn besser geeignet für den Marschallsposten als Croe. Als am neunten
Tag die Legislatur eine makropolenweite Rationierung von Wasser, Nahrung und
Energie anordnete, zeigten die öffentlichen Tafeln eine Ansprache Kowles, in
der er verkündete, er werde sich nicht nur strikt an die Rationierungs-vorschriften
halten, sondern
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