Gaunts Geister - Band 1-3
Stadt.
»Marschall Gnide ist tot«,
verkündete der Hohe Herr Sondar der Legislatur.
Der Saal hatte geschwiegen,
während sich der schwebende Thron des Hohen Herrn mit seiner steingesichtigen VWMK-Vorhut
auf das Hauptpodium senkte. Sondars Thron war über dem Podium des Hohen
Legislators eingerastet, und der Herr der Vervunmakropole hatte einen langen
Augenblick damit verbracht, die Versammlung eingehend zu betrachten, bevor er
das Wort ergriff. Er war königlich gewandet und sein Gesicht mit einem
türkisfarbenen Porzellan-Janus maskiert.
»Tot«, wiederholte Sondar.
»Unserer Makropole steht eine Zeit des Kriegs bevor — und ihr, Adelshäuser,
gemeine Häuser und Gildenmänner, ihr beschließt, dass es an der Zeit ist, mein
Amt zu usurpieren?« Die Stille hielt an.
Sondars maskiertes Gesicht
drehte sich langsam und betrachtete das riesige Rund der Ränge.
»Wir sind eins, oder wir sind
gar nichts.«
Immer noch die nervöse Stille.
»Ich glaube, ihr haltet mich
für schwach. Ich bin nicht schwach. Ich glaube, ihr haltet mich für dumm. Auch
das bin ich nicht. Ich glaube, dass gewisse hohe Häuser dies als Gelegenheit
betrachten, ihr eigenes Wohlergehen zu fördern.«
Der Hohe Herr gestattete
Edelmann Anko mit einem Winken seiner Hand, sich zu erheben.
»Wir haben nie an Euch
gezweifelt, Hoher Herr. Der Handels-krieg ist so plötzlich über uns
hereingebrochen.«
Du geistloser Schwächling , dachte Chass. Sondar hat
uns in diese Lage gebracht, und du findest dich einfach damit ab und gibst
klein bei. Wo ist die Leidenschaft, die uns dafür stimmen ließ, an diesem
Nachmittag die Exekutivgewalt zu übernehmen?
»Zoica wird zurückgeschlagen«,
sagte Sondar.
Chass achtete auf die
Bewegungen des Hohen Herrn und sah, wie ruckartig sie waren. Das ist er
nicht, dachte er. Dieser erbärmliche Wicht hat wieder eine
Servitor-Marionette als Vertreter geschickt.
»Wir haben das Gießerei-Kollektiv
Nord und Vannick Magna verständigt. Sie werden uns mit Garnisonstruppen unterstützen.
Unser Gegenangriff beginnt in zwei Tagen.«
Aus dem Unterhaus und von den
Rängen der Gildenmänner kamen Bekundungen der Freude.
Chass erhob sich und ergriff
das Wort. »Ich glaube, es liegt im Interesse von ganz Verghast, das Imperium um
Unterstützung zu bitten.«
»Nein«, antwortete Sondar
rasch. »Wir haben Zoica schon einmal besiegt und werden es wieder tun. Dies ist
eine interne Angelegenheit.«
»Nicht mehr«, sagte eine Stimme
von unten.
Die Abgeordneten schauten nach
unten auf die Reihen, wo die Funktionäre des Imperiums saßen. In Umhang und
Kapuze gehüllt, erhob sich Intendant Banefail vom imperialen Administratum.
»Astropathische Botschaften wurden
bereits gesendet, die Hilfe von Kriegsmeister Macaroth erbitten. Die Produktion
von Waffen und Militärfahrzeugen hier in der Vervunmakropole ist unabdingbar für
die ständige Versorgung des Sabbatwelten-kreuzzugs. Der Kriegsmeister wird
unsere Notlage sehr ernst nehmen. Diese Angelegenheit hat eine Dimension, die
weit über bloße lokale planetare Politik hinausgeht, Hoher Herr Sondar.«
Sondar, oder vielmehr das
Wesen, welches ihn darstellte, schien auf seinem Thron zu beben. Wut ,
nahm Chass an. Das Gleichgewicht zwischen Makropol- und Imperiums-Autorität war
in der Vervunmakropole schon immer sehr labil gewesen und eigentlich auch in
allen anderen Nobilitaten Verghasts. Es kam jedoch selten vor, dass sie so
grundsätzlich und offensichtlich aufeinanderprallten. Chass kannte die
fundamentale strategische Bedeutung der Vervunmakropole und der anderen
Manufaktur-städte auf Verghast für den Kreuzzug sehr wohl, aber das Ausmaß der
Aktion des Intendanten verblüffte ihn dennoch. Das Administratum war die
bürokratische rechte Hand des Imperators persönlich, aber normalerweise ließ es
die lokalen planetaren Statthalter gewähren.
Unsere Lage muss wirklich ernst
sein , ging ihm
auf, und ein unangenehmes Gefühl schlich sich langsam in sein Herz.
Mit dem Säugling unter dem Arm
und dem kleinen Jungen an der Hand rannte Tona Criid durch den brennenden
Nordabschnitt der Commercia. Der Junge weinte jetzt. Das konnte sie nicht
ändern.
Wenn sie es zum Hafen schafften,
konnte sie sich und die beiden Kinder über den Fluss und in Sicherheit bringen.
Aber alle Wege und Straßen waren verstopft. So schnell die Flüchtlinge aus dem Süden
in die Stadt kamen, so schnell flohen die Bewohner nach Norden.
»Wohin gehen wir?«, fragte der
Junge, Dalin.
»Dahin, wo
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