Gaunts Geister - Band 1-3
seine Rationen wiederum rationieren.
Dieser clever ausgedachte
Propagandacoup war Kowles Idee, und die Bevölkerung der Makropole hieß die
Einschränkungen fast einstimmig willkommen, da sie dem Volkshelden und dessen
selbstlosem Verhalten entsprechen wollten.
Croe erkannte rasch, dass er
Kowles Macht als populäre Gestalt nicht unterschätzen durfte. Aber das
bedeutete auch, dass er Kowles taktische Vorschläge nicht einfach ignorieren
konnte.
Croe, Anko und die versammelte
Offizierselite verbrachten den Großteil des fünften Tags in einer Konferenz.
Sie füllten den Besprechungssaal des Oberkommandos der Häuser in der
Hauptspindel bis an die Grenzen seines Fassungsvermögens. Als der Marschall
Kowle um seine Einschätzung der Gegner bat, senkte sich erwartungsvolle Stille über
die versammelten Soldaten.
Kowle erhob sich. Die
Schrapnellwunde in seiner Stirn war grob genäht worden (noch ein sorgfältig
kalkulierter Zug Kowles) und deutlich zu sehen.
»Ich kann die Größe der
feindlichen Streitkräfte gar nicht genug betonen«, sagte Kowle, und seine
ruhige Stimme wurde von schwebenden Drohnen in den gesamten riesigen Saal
übertragen.
»Ich habe selten eine
militärische Streitmacht dieser Größen-ordnung gesehen. Achtzig- bis neunzigtausend
Panzerfahrzeuge, mehrere tausend Geschützbatterien und einige Millionen Mann
Infanterie dahinter.«
Im Saal war es totenstill.
Marschall Croe bat den
Kommissar zu wiederholen, was er soeben gesagt habe. Während des Handelskriegs
vor neunzig Jahren hatte es die Vervunmakropole mit einer Zoica-Armee von neunhunderttausend
Mann zu tun gehabt und nur ganz knapp überlebt.
»Millionen«, wiederholte Kowle
schlicht. »Bei all der Konfusion hatte ich natürlich wenig Gelegenheit, Köpfe zu
zählen ...«
Der Offizierskader quittierte
das mit allgemeinem Gelächter.
»Aber ich bin allein schon
aufgrund ihrer Aufstellung sicher, dass mindestens fünf Millionen Soldaten in
Reih und Glied hinter den Panzern standen. Und das waren nur diejenigen, die
ich sehen konnte.«
»Lächerlich!«, blaffte
Vizemarschall Anko.
»Die Vervunmakropole hat eine
Bevölkerung von über vierzig Millionen, und daraus stellen wir ein Heer von
einer halben Million Mann auf! Zoica hat ein Drittel unserer Bevölkerung! Wie
können sie da fünf Millionen oder noch mehr ins Feld führen?«
»Ich trage hier nur vor, was
ich gesehen habe, General. In den Reihen der Offiziere wurde gemurmelt und
geflüstert.
Croe hatte Satellitenbilder vor
der Besprechung angefordert, von denen er hoffte, sie würden diese exotischen Behauptungen
untermauern oder widerlegen. Aber der Rauch des ständigen Beschusses hüllte den
ganzen Kontinent in einen Nebel, und unter dieser Nebeldecke war nichts zu
erkennen. Er musste Kowles Schätzung vertrauen, eine Schätzung, die durch die
Panzerbesatzungen gestützt wurde, die er mit nach Hause gebracht hatte.
Croe musste außerdem
berücksichtigen, was es für seine politische Karriere und seine Beliebtheit
bedeuten würde, wenn er dem Volkshelden widersprach.
Croe räusperte sich, und seine
dunklen Augen fixierten den Kommissar über den Kartentisch hinweg, der in der
Saalmitte stand. »Ihre Empfehlungen, Kommissar?«
»Die Südtore in die Makropole
müssen geschlossen werden. Früher oder später wird der Beschuss aufhören. Dann werden
uns die Legionen Zoicas in nie da gewesener Stärke angreifen. Sie könnten sich
im Schutz des Bombardements bereits den Süddistrikten nähern. Wir müssen uns
absichern.«
Croe schwieg. Die Offiziere
seiner Tor-Besatzungen hatten ihm die neusten Meldungen über die Aufnahme der Flüchtlinge
gebracht, die erbärmlichen Statistiken der Vertriebenen und Verwundeten, die
nach fünf Tagen immer noch Einlass begehrten.
Doch an Kowles Lagebeurteilung gab
es nichts auszusetzen.
»Die Südtore werden morgen um
neun Uhr geschlossen.« Croe hoffte, nicht erleben zu müssen, diese gefühllose
Tat zu bereuen.
Wie sich herausstellte, musste
er dies auch nicht.
Während die benommenen
Offiziere noch das ganze Ausmaß seiner Entscheidung zu begreifen suchten,
beantragte Oberst Modile, die Wall-Artillerie hochfahren und scharf machen zu
lassen. Beim ersten Alarm waren zwar die Abwehranlagen auf der Brustwehr in
Betrieb genommen und bemannt worden, aber weit stärkere Geschütze, die seit dem
Handelskrieg untätig geblieben waren, lagerten in Bereitstellungssilos im Wall
selbst.
Vizemarschall Anko meldete,
dass diese Arbeiten bereits im Gange
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