Gaunts Geister - Band 1-3
zuckte die Achseln. Er sah
sich in dem Metallgarten um.
»So etwas habe ich noch nie
gesehen«, sagte er ehrlich.
»Ein privater Luxus. Der Erfolg
des Hauses Chass beruht auf Servitoren, Cogitatoren und mechanischer
Entwicklung. Ich stelle Arbeitsmaschinen für das Imperium her. Es bereitet mir
Vergnügen, sie sich hier in natürlicher Form entwickeln zu lassen, ohne dass
sie einen anderen Sinn als das eigene Dasein haben.«
Merity zog sich von den beiden
zurück. »Ich lasse euch allein«, sagte sie.
Chass nickte, und das Mädchen
verschwand zwischen den Drahtranken und Blechblüten.
»Sie haben eine reizende Tochter,
Lord.«
»Ja, die habe ich. Meine Erbin.
Keine Söhne. Sie hat ein Talent für mechanische Strukturen, das mich ziemlich
verblüfft. Sie wird Haus Chass ins nächste Jahrhundert führen.« Er hielt inne,
schnitt eine rostende Blüte ab, die er in seinen Hüftbeutel schob, und seufzte.
»Wenn es ein nächstes
Jahrhundert für die Vervunmakropole gibt.«
»Diesen Krieg werden die
Truppen des Imperiums gewinnen, Lord. Daran habe ich keinen Zweifel.«
Chass lächelte den Kommissar
an. »Gesprochen wie ein wahrer Polit-Offizier, Kommissar Gaunt.«
»Es war nicht als Plattitüde
gedacht.«
»Ich habe es auch nicht als
solche aufgefasst. Aber Sie sind doch ein Polit-Offizier, oder nicht, Gaunt?«
»Ich bin ein Oberst der
Imperialen Armee. Ein Krieger für den allmächtigen Imperator, gelobt sei sein
Name. Meine politischen Aktivitäten beschränken sich darauf, die Truppenmoral
zu heben.«
Chass nickte. »Gehen wir ein
Stück spazieren.«
Sie schlenderten durch ein
Wäldchen aus Platinbäumen, die Messingorangen trugen. Zier-Kletterpflanzen aus
Drahtgewirr waren an die blank polierten Stämme gelötet. Jenseits des Wäldchens
überquerten sie einen eisernen Rasen, der unter ihren Schritten quietschte, und
gelangten zu einer Reihe von Büschen mit breiten Blättern aus weicher Bronze,
die mit Intarsien verziert waren.
»Ich nehme an, meine Tochter
hat Ihnen mit Warnungen hinsichtlich meiner liberalen Art in den Ohren
gelegen?«
»Ihre Annahme ist korrekt,
Lord.«
Chass lachte. »Sie ist sehr
darauf bedacht, mich zu beschützen. Sie hält mich für äußerst verwundbar.«
»Sie hat etwas in der Art
gesagt.«
»In der Tat. Ich möchte Ihnen
etwas zeigen.« Chass führte Gaunt in ein Heckenlabyrinth. Die Hecken knisterten
vor energetisiertem Leben wie künstlich erzeugte Illusionen.
»Fraktaler Formschnitt«, sagte
Chass stolz. »Mathematische Strukturen, erzeugt von den Stängelformen der hier angepflanzten
Cogitatoren.«
»Es ist ein Wunder.«
Lord Chass sah Gaunt an. »Es
lässt Sie kalt, oder nicht, Gaunt?«
»Kalt ist ein zu starkes Wort.
Es — verwirrt mich. Warum bin ich hier?«
»Sie sind ein ungewöhnlicher
Offizier, Gaunt. Ich habe Ihre Akte sehr eingehend studiert.«
»Das haben die Dienstmädchen
auch«, sagte Gaunt.
Chass schnaubte und zog einen
Schneidestab aus dem Gürtel. Mit dem Stab formte er die leuchtenden fraktalen Hecken
in der Nähe.
»Aus anderen Gründen, das kann ich
Ihnen versichern. Die Mädchen wollen Ehemänner. Ich will Freunde. Ihre Akte
zeigt mir, dass Sie ein überraschend moralisches Wesen sind.«
»Tut sie das?« Gaunt
beobachtete den Adligen dabei, wie er die Lichtknospen des Buschs beschnitt, da
er nicht geneigt war, mehr zu sagen.
»Der Sache des Imperiums ebenso
treu ergeben wie dem Kreuzzug, aber nicht immer den direkten Vorgesetzten, wenn
es zu einem Konflikt zwischen diesen Motiven kommt. Zum Beispiel mit Dravere
auf Menazoid Epsilon. Mit unserem General Sturm auf Voltemand. Sie suchen einen
eigenen Weg, und wie ein wahrer Kommissar unterlassen Sie es nie, diejenigen
auf unserer Seite zu bestrafen die wider das Allgemeinwohl handeln.«
Gaunt schaute auf die riesige
Makropole unter ihnen. »Noch ein Satz oder zwei, und man kann Ihre Worte als Hochverrat
bezeichnen, Lord Chass.«
»Und wer hört diese Worte? Ein
Mann, der Hochverrat von Berufs wegen ausmerzt? Wenn ich mich in diesem Sinne
äußere, können Sie mich auf der Stelle töten, Gaunt.«
»Ich hoffe, das können wir
vermeiden, Lord«, sagte Gaunt ruhig.
»Ich auch. Dem Vorfall in der
Kammer des Hohen Rats vor ein paar Tagen entnehme ich, dass Sie mit General Sturms
taktischem Plan nicht einverstanden sind?«
Gaunts gemessenes Nicken
reichte als Antwort.
»Dann haben wir etwas
gemeinsam. Ich stimme auch nicht mit Haus Sondars Führerschaft überein. Sondar
kontrolliert Croe, und
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