Gaunts Geister - Band 1-3
warf sie beide herum und
landete einen Treffer mit der rechten Faust, der seinen Gegner von ihm
wegstieß. Einen Augenblick später war der Kommissar auf den Beinen und zog den
silbernen tanithischen Dolch aus seinem Gürtel.
Er sah seinen Gegner zum ersten
Mal. Der Flottenmatrose, ein kleiner, hagerer Mann unbestimmten Alters. Er
hatte etwas Eigenartiges an sich. Das zu einer Grimasse der Entschlossenheit
erstarrte Gesicht, während seine Augen flehten? Der Matrose sprang mit einer
Beugung aus Rumpf und Beinen auf und fuhr geduckt herum, das Messer mit der
Spitze aufwärts zeigend in der rechten Hand.
Wie kann ein Deckmatrose zu
solchen Manövern fähig sein?, fragte sich Gaunt besorgt. Die geübten Bewegungen, die perfekte Balance, die
stille Entschlossenheit — all das verriet den geübten Mörder und einen Adepten
in der Kunst der Verstohlenheit und des Attentats. Doch aus der Nähe betrachtet
sah Gaunt, dass der Mann nur ein Mechaniker war und seine Uniform um einen
Bauch spannte, der Fett ansetzte. War das nur Tarnung? Rangabzeichen, Insignien
und verschlüsseltes Identitätssiegel, das bei jedem Besatzungsmitglied
Vorschrift war, schienen echt zu sein.
Die Klinge war klein und
blattförmig, kürzer als der mit Gummi überzogene Griff. In der Klinge selbst
waren eine Reihe geometrisch geformter Löcher, wodurch das Gewicht der Waffe
verringert wurde, ohne die strukturelle Kraft zu beeinträchtigen.
Und sie war nicht aus Metall,
sondern aus dunkelblauem Keramikmaterial, sodass sie für die Waffenabtastfelder
des Schiffs unsichtbar war.
Gaunt starrte in die
ungerührten Augen des anderen und suchte nach einem Wiedererkennen oder einer
Verbindung. Der Blick, der ihm begegnete, war verzweifelt und kläglich — als
wäre etwas in dem gefährlichen Körper gefangen.
Sie umkreisten sich langsam.
Gaunt hielt sich geduckt, wie er es bei Übungen mit dem Bajonett bei den
Hyrkanern gelernt hatte.
Doch er hielt den tanithischen
Dolch locker in der Rechten, sodass die Klinge aus der Faust nach unten ragte
und auf seinen Körper zeigte. Er hatte die seltsame Technik der Geister bei
deren Übungen im Messerkampf mit Interesse beobachtet, und in einer langen Woche
im Transit an Bord der Navarre hatte er Corbec dazu gebracht, ihm die
Feinheiten zu zeigen. Die Methode machte sich jedenfalls das Gewicht und die
Länge des tanithischen Kampfmessers zunutze. Er hielt die linke Hand hoch, um
damit zu parieren, aber nicht mit der geöffneten Handfläche nach vorn, wie die
Hyrkaner es geübt hatten (und wie es sein Gegner jetzt tat), sondern zur Faust
geballt, mit den Knöcheln nach außen. »Besser, man wehrt eine Klinge mit der
Hand ab statt mit dem Hals«, hatte Tanhause ihm Jahre zuvor erklärt.
»Besser, die Klinge bricht an
den Knöcheln ab, anstatt einem die Handfläche aufzuschneiden«, hatte Corbec vor
noch nicht allzu langer Zeit ausgeführt.
»Sie wollen meinen Tod?«,
zischte Gaunt.
»Das war nicht mein Hauptziel.
Wo ist der Kristall?« Gaunt erschrak, als der Mann antwortete. Der Mund bewegte
sich zwar, aber die Stimme kam nicht von dort her. Die Lippenbewegungen passten
nicht richtig zu den Worten. Er hatte das schon einmal irgendwo gesehen, vor
Jahren. Es sah aus wie ... Besessenheit.
Gaunts Nackenhaare sträubten
sich, während ihn ein Schauder der Furcht überlief. Mehr als die Furcht vor
einem tödlichen Zweikampf. Die Furcht vor Hexerei. Vor Psionikern.
Ȇber den Tod eines
Kommissar-Obersts wird man nicht so leicht hinweggehen«, brachte Gaunt hervor.
Der Matrose zuckte steif die
Achseln, als wollte er die unendliche tobende Weite jenseits der Glaskuppeln
deuten. »Niemand ist so wichtig, dass man hier draußen nicht über seinen Tod
hinweggehen würde. Nicht einmal der Kriegsmeister persönlich.«
Sie hatten sich jetzt dreimal
umkreist.
»Wo ist der Kristall?«, fragte
der Matrose noch einmal.
»Welcher Kristall?«
»Der Kristall, in dessen Besitz
Sie in Cracia gelangt sind«, erwiderte der Mörder mit jener fließenden, nicht
zu seinen Lippenbewegungen passenden Stimme. »Geben Sie ihn jetzt heraus, dann
können wir vergessen, dass diese Begegnung je stattgefunden hat.«
»Wer hat Sie geschickt?«
»Nichts in den bekannten
Systemen könnte mich dazu bewegen, diese Frage zu beantworten.«
»Ich habe keinen Kristall. Ich
weiß nicht, wovon Sie reden.«
»Lüge.«
»Selbst wenn es eine wäre,
würde ich so dumm sein, ihn bei mir zu tragen?«
»Ich habe zweimal Ihr Quartier
durchsucht. Dort
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