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Gauß: Eine Biographie (German Edition)

Gauß: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Gauß: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Mania
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bis Fuß aufs Telegraphieren eingestellt. Vermutlich spürt er noch den sauren Geschmack auf der Zunge, als er Schumacher schreibt: «Man würde selbst diese Methode zum Telegraphieren brauchen können, und die Depeche, welche Seine Majestät aller Reussen in Petersburg abspielen lassen wollte, würde in demselben Augenblick in Odessa geschmeckt werden können». Stellte man am anderen Ende der Leitung ein paar «Schmecker» auf, ließe sich erstaunlich schnell telegraphieren. Er denkt an den Einsatz «blinder Invaliden …, die nur jedesmal, wo Ihnen zu schmecken gegeben wird, die Hand in die Höhe zu heben hätten, während ein Sekretär die aufgehobenen Hände protocollierte» [ShuI: 417 f.]. Eine kühne Idee. So ließen sich Kriegsversehrte im Namen des Fortschritts noch zu Drei-Groschen-Jobbern rekrutieren.
    Im Dezember 1835 hat er die Drahtmenge auf der Spule noch einmal verdoppelt. Jetzt gönnt er sich schon 7000 Umwindungen: «Es lassen sich Erschütterungen in den Armen und der Brust damit hervorbringen, die nicht bloß merklich, sondern unerträglich sind» […].
    Parallel zu den Gauß-Weber’schen Versuchen, im bescheidenen Rahmen der finanziellen Möglichkeiten die Telegraphie voranzubringen, finden tägliche Beobachtungen im «Magnetischen Häuschen» statt, wie die Göttinger den kuriosen eisenfreien Hüttenneubau auf dem Sternwartengelände nennen. Ein vierpfündiger Magnetstab hängt an einem zwei Meter langen Seidenfaden von der Decke herab. Nun gilt es, die Idee Alexander von Humboldts sogenannter «magnetischer Termine» in die Tat umzusetzen. An möglichst vielen Orten sollen nach genau gleichen Vorschriften 44 Stunden lang in kurzen Zeitintervallen die Veränderungen der Deklination beobachtet werden. Das sind die örtlichen Abweichungen der Magnetnadel vom geographischen Nordpol. Schon bei den ersten synchronisierten Messungen in Göttingen und auf dem Gut Waltershausen bei Schweinfurt im Mai 1834 zeigt sich beim Vergleich der Beobachtungsergebnisse «eine überaus merkwürdige Harmonie in dem vielfach hin und her springenden Gange der Variation» [Wor: 111]. Anfang Oktober hält sich Weber in Leipzig auf und beobachtet dort zum gleichen Zeitpunkt wie Gauß in Göttingen. Auch hier werden verblüffende Parallelen festgestellt. Bald nehmen auch Berlin, Braunschweig und Bonn an den Versuchen teil. Und im sächsischen Freiberg wird ein Magnetometer Gauß’schen Designs sogar zweihundert Meter unter der Erde in einem Bergwerk aufgehängt. Hans Christian Ørsted reist eigens nach Göttingen, um sich den Stand der magnetischen Messung anzusehen, wie Gauß sie neu definiert hat. In Uppsala, Dublin, Greenwich, München, Wien und im russischen Nertschinsk warten die Wissenschaftler auf die Apparate aus Göttingen.
    1835 setzt sich in der Korrespondenz der Magnetismusforscher allmählich der Begiff «Magnetischer Verein» oder «Assoziation» durch, obwohl es keine wirkliche Vereinsgründung gibt. Zur Synchronisierung der Beobachtungen einigen sich alle Teilnehmer auf Göttinger Zeit und übernehmen die Verbesserungsvorschläge, die Gauß zu den bisherigen Anweisungen Humboldts gemacht hat. Der nimmt’s gelassen und ist sogar stolz darauf, Gauß für sein Anliegen gewonnen zu haben. Inzwischen wundert sich kaum noch jemand über die prachtvoll übereinstimmenden Messresultate selbst bei so weit voneinander entfernten Städten wie Mailand und Kopenhagen. Und das gilt nicht nur für die großen Bewegungen der Magnetnadel, «sondern auch für ganz kleine mit allen ihren in den kürzesten Zeitfristen wechselnden Nuancen» [GauV: 336]. Ähnliches trifft auf die gemeinsamen Versuche in Altona, Leipzig und Rom zu. Zeichnet sich hier ein allgemeingültiges Gesetz für alle Orte der Erde ab? Für die südliche Hemisphäre des Planeten organisiert derweil Humboldt einige Beobachtungsstationen fast im Alleingang. Er lässt seine Beziehungen zur Royal Society in London spielen und erreicht, dass deren Präsident, der Herzog von Sussex, überall im britischen Imperium magnetische Observatorien einrichten lässt: am Kap der Guten Hoffnung, in Van-Diemens-Land, auf Mauritius, in Ceylon, Jamaika, Madras, Bombay und sogar im Himalaya.
    Im Januar 1836 bringen die weltweit ausgewerteten Daten den Nachweis, dass Stürme und Gewitter keinerlei Einfluss auf die Magnetnadel haben. Denn trotz heftiger Stürme an einigen Orten gibt es keine wetterbedingten Abweichungen zu verzeichnen. Gauß und Weber gründen ein eigenes

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