Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gauß: Eine Biographie (German Edition)

Gauß: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Gauß: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Mania
Vom Netzwerk:
Gauß in den Abrechnungen der Schatzkammer unter den «Räthen und Bedienten außerhalb des Collegiis» geführt und steht somit förmlich im Dienst des Herzogs – ein Gelehrter ohne Portefeuille, dessen amtliche Verpflichtung erst noch geschaffen werden muss: zum Beispiel durch den Bau einer Sternwarte in Braunschweig. «Was will der Gauß», soll sich Carl Wilhelm Ferdinand gegenüber Zimmermann geäußert haben, «sich unterm 60. Breitengrad die Augen verderben, da ich ihm Alles, was er dort haben könnte, Muße und eine bequeme Lage, hier auch geben kann!» Inzwischen ist das zweite Gesuch aus der russischen Hauptstadt eingetroffen. Und Olbers fragt nach, ob Göttingen bereits aus dem Rennen sei, wenn jetzt in Braunschweig ein Observatorium nach dem Vorbild der Sternwarte auf dem Seeberg bei Gotha eingerichtet werde. Zach schickt in einem begeisterten Brief einen Kostenvoranschlag für die Erstausstattung der Braunschweiger Sternwarte mit Beobachtungsinstrumenten und verspricht seine Hilfe in allen organisatorischen Bereichen. Vielleicht plumpst ihm gerade ein schwerer Stein vom Herzen. Gauß selbst hält sich alle drei Optionen offen. Die Russen lässt er an der langen Leine nach dem bewährten Prinzip: absagen, aber durchblicken lassen, man sei weiterhin interessiert. In Braunschweig setzt er auf den Ehrgeiz seines Fürsten, mit dem astronomiebegeisterten Ernst II. in Gotha zumindest gleichzuziehen. Und bei den Geheimverhandlungen in Göttingen kann er auf eine Handvoll einflussreicher Förderer setzen.
    Nach einer zweijährigen Pause kommt nun auch der Gedankenaustausch mit seinem ungarischen Busenfreund Wolfgang Bolyai wieder in Schwung. Er wohnt als «Privatmann» auf einem Landgut. Eine Hofmeisterstelle scheint er gerade aufgegeben zu haben. Er schreibt Gedichte und hat sich in ein achtzehnjähriges Mädchen verliebt, das er bald darauf heiratet. Zwar bezeichnet er sich als glücklichen Ehemann, aber irgendetwas scheint nicht zu stimmen, denn er rät dem Freund: «Trau den Mädchen nicht, wenn sie Dir auch in lichterloher Flamme ewige Treue schwüren, das helle Feuer brennt ab, und die Aschen sind dunkel … verliebst du dich in ein paar schöne Augen o! traue der Stunde nicht – entweder hat der Schöpfer das Weib verfehlt, oder die Menschen haben es verdorben … traue keinem Mädchen, wenn es auch klar scheint wie ein Lichtstrahl … Alba ligustra cadunt – der weisse Schnee vergeht, und läst einen schwarzen Koth nach sich». * Nicht ohne Stolz weist Bolyai den Himmelsbeobachter in Braunschweig darauf hin, er habe diese Zeilen während einer Mondfinsternis geschrieben. In düsterer Stimmung blickt er in die Zukunft und beschwört den Tod als Erlösung vom Leiden: «Dann werden die Stürme aufhören, und nicht mehr an den Staub gebunden … wirst du wiedersehen Deinen Freund Bolyai».
    Gauß zeigt sich bei seiner Antwort auf die Warnung des Freundes vor den Frauen mit den Tücken der Wahrscheinlichkeitsrechnung vertraut und bewahrt sich seinen verhaltenen Optimismus: «Leyder ist es wol gewiss dass wer heirathet in eine Lotterie setzt, wo es viele Nieten und wenig Treffer gibt. Der Himmel gebe dass auch ich, wenn ich einst greifen sollte, keine Niete ziehe.»

    Im August 1803 steigt Franz Xaver Zach auf den Brocken, den höchsten Berg im Harz, um von dort aus die astronomische Länge verschiedener Städte zu bestimmen. Mehrmals täglich entzündet er ein halbes Pfund Magnesiumpulver in einer Schale. Der rund 50 Kilometer Luftlinie vom Brocken entfernte Gauß in Braunschweig und weitere Beobachter in anderen Städten sollen den Zeitpunkt dieser Signale mit einer geeichten, äußerst präzisen Uhr messen. Einen guten Blick auf den Berg bietet der Garten des Kaufmanns Karl Köppe am Südrand der Stadt. Dort also sitzt Gauß neun Tage lang und zeichnet die Zeitpunkte der Pulversignale auf. Vor allem nach Einbruch der Dunkelheit sind die Leuchtfeuer gut mit dem bloßen Auge zu erkennen. Nach Zachs Endauswertung aller Daten liegt Köppes Garten in Braunschweig 32 Minuten und 48,84 Sekunden östlich vom Referenzort Paris, was Gauß später in seinem Exemplar der Monatlichen Correspondenz handschriftlich in 32 m 45 s 86 korrigiert.
    Nicht immer spielt das Wetter mit. Es gießt in Strömen, wie Gauß berichtet, und Zach hat im rauen Brockenklima nicht den Eindruck, dass Hochsommer ist. Häufig muss Gauß im Haus des gastfreundlichen Ehepaars Dorothea und Karl Köppe Schutz vor dem Regen suchen. Dorotheas

Weitere Kostenlose Bücher