Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gauß: Eine Biographie (German Edition)

Gauß: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Gauß: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Mania
Vom Netzwerk:
hören wollen. Jetzt gibt es kein Pardon mehr. Er muss sich vorbereiten auf die ungeliebte Aufgabe. Und prompt beklagt er sich über die Zerstückelung des Arbeitstages, die ihm Zeit für besondere Herausforderungen raube. Zweifellos wird ihm jetzt schmerzlich bewusst, warum ihn so mancher Kollege um die Unabhängigkeit beneidet hat, die ihm der großzügige Herzog in Braunschweig ermöglichte. Seine drei Hörer schätzt Gauß als mittelmäßig begabt ein. Namentlich erwähnenswert findet er jedoch Heinrich Christian Schumacher aus Altona, der eigens seinetwegen nach Göttingen gekommen sei. Der bereits promovierte Jurist, nur drei Jahre jünger als Gauß, interessiert sich für Astronomie und sucht seine Kenntnisse in persönlichen Begegnungen mit Gauß abseits der Seminare und Vorlesungen zu vertiefen.
    Carl Ludwig Harding liest über die Anfangsgründe der Astronomie und über Nautik. Er ist von der Vorlesungsverpflichtung ebenso wenig begeistert gewesen, zumal er es sich anfangs nicht so recht zugetraut hat. Aber das war eine der Bedingungen für seine Einstellung als außerordentlicher Professor. Die Fäden für diese Vereinbarung hat Olbers gezogen, um seinem Schützling Gauß den Rücken freizuhalten. Harding ist seit 1805 in Göttingen. Der studierte Theologe hat es als Hauslehrer des Sohnes von Johann Hieronymus Schröter mit Zähigkeit und Fleiß zum Inspektor und Observator der Sternwarte Lilienthal gebracht und sich mit der Entdeckung der Juno einen Namen gemacht. In Göttingen kümmert er sich um die Instrumente, führt das Beobachtungstagebuch der Sternwarte und arbeitet an einer umfangreichen Himmelskarte. Gauß stellt zwar unerbittlich fest, dass Carl Ludwig Harding sich oft verrechnet, hält ihn aber für grundsätzlich fähig, unter seiner Anleitung ein guter Rechenstiftastronom zu werden. Demnächst soll er Pate eines kleinen Ludwig oder einer Luise sein, denn Johanna ist wieder schwanger.
    Im Mai 1809 erscheint endlich sein astronomisches Hauptwerk Theorie der Bewegung der Himmelskörper, welche in Kegelschnitten die Sonne umlaufen . Bis zuletzt hat es Auseinandersetzungen mit Verleger und Drucker über die Sorgfalt des Satzes und der Korrektur gegeben. Die Unternehmer wollen Zeit und Geld sparen, was Gauß nicht durchgehen lässt. Sieben Jahre hat er daran gearbeitet, jetzt will er nicht auf Kosten der Genauigkeit ein paar Wochen gewinnen. Seit den ersten Ceres-Berechnungen im Herbst 1801 sind seine Bemühungen auf das Ziel hinausgelaufen, die Bestimmung der Planetenbahnen aus wenigen Beobachtungen und nach den Kepler’-schen Gesetzen eleganter, kürzer und mit hinreichender Genauigkeit zu gestalten. Ziemlich selbstbewusst wirft er – ohne Namen zu nennen – den bisher vorgeschlagenen Versuchen vor, «höchstens eine rohe Annäherung zu geben oder … nur einen verworrenen Haufen von unentwickelten und selbst den unverdrossensten Rechner zurückschreckenden Formeln aufzustellen» [GauVI: 54]. Selbst Keplers Methoden findet er «verhältnismäßig kunstlos». Zwei seiner drei Gesetze veröffentlichte Kepler 1609 in seinem Werk Astronomia Nova . Das Praefatio zu seiner Neuen Astronomie schrieb er am 29. März 1609, während Gauß das Vorwort zu seiner Bewegungstheorie am 28. März 1809 verfasst. Die Koinzidenz ist hauptsächlich auf die Saumseligkeit von Verleger und Drucker zurückzuführen und nicht etwa einem mysteriösen Zweihundertjahrerhythmus geschuldet. Obwohl die präzise Übereinstimmung der Daten durchaus die Vermutung zuließe, es sei Absicht im Spiel gewesen.
    Die Bewegung eines Himmelskörpers im Sonnensystem ist nicht allein von der überwältigenden Schwerkraft abhängig, die die Sonne auf ihn ausübt und ihn in eine Umlaufbahn um sie zwingt. Jedes Teilchen im Universum «spürt» die Schwerkraft jedes anderen Teilchens. So werden die Wege von Ceres, Pallas, Juno und Vesta eben nicht nur von der Sonne, sondern auch erheblich von der Schwerkraft des massereichen Jupiters beeinflusst. Diese Beeinträchtigung oder «Störung» der Bahnen durch andere Planeten muss berücksichtigt werden, will man präzise Vorhersagen über künftige Positionen eines Himmelskörpers machen. Gauß gibt nun mit seinem Werk der Astronomenzunft einen Leitfaden an die Hand, um auch diese Schwierigkeiten zu bewältigen. In seiner Bewegungstheorie stellt Gauß ein in sich geschlossenes System allgemeiner Berechnungsmethoden für die elliptischen und die einer Hyperbel ähnelnden Umlaufbahnen von Planeten

Weitere Kostenlose Bücher