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Gauß: Eine Biographie (German Edition)

Gauß: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Gauß: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Mania
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begeisterte Tonfall lässt eigentlich nur eine Schlussfolgerung zu: Blaue Flecken, Prellungen und Muskelkater nach acht Tagen auf holprigen Straßen sind eine erstklassige Investition, denn Paris ist unbedingt eine Reise wert. Man werde ihn dort fürstlich empfangen.

    Einem anderen deutschen Wissenschaftler ist in diesen Wochen bereits die Ehre zuteilgeworden, seine Erfindung Napoleon Bonaparte höchstpersönlich vorstellen zu dürfen. Der inzwischen in München lehrende und forschende Anatomieprofessor Samuel Thomas von Soemmerring, dessen Vorstellung vom Gehirnwasser als Sitz der Seele viel diskutiert, aber kaum anerkannt wird, hat nun einen wunderlichen elektrischen Kommunikationsapparat gebaut. Seit Alessandro Volta seinen Elektrizitätsspeicher erfunden hat, der ebenso wie die Zusammenschaltung vieler gefechtsbereiter Geschütze «Batterie» genannt wird, lassen sich chemische Verbindungen mit Hilfe des elektrischen Stroms aufspalten. In den Jahren, als Gauß die Himmelsmechanik Newtons und Keplers einer Revision unterzieht und verfeinert, gelingt es dem englischen Chemiker Humphry Davy mit dieser Methode, bisher unbekannte Elemente wie etwa Magnesium, Kalzium und Natrium aus ihren Verbindungen herauszulösen. Elektrolyse scheint daher ein angemessener Name für die Erzeugung chemischer Prozesse durch elektrische Energie zu sein. Es ist die genaue Umkehrung der Vorgänge in der Volta’schen Batterie, wo chemische Reaktionen zwischen Zink, Kupfer und Säure in elektrische Energie verwandelt werden.
    Von Soemmerring will nun eine praktische Anwendung für diesen elektrolytischen Prozess finden. Denn wie wäre es wohl, fragt er sich, das Wasser «durch Funken der gemeinen Electricität» in Sauerstoff und Wasserstoff aufzuspalten und zur Informationsübermittlung zu nutzen? Ein handbreiter gläserner Behälter von einem Meter Länge und eine Elle hoch ist mit Wasser gefüllt und ruht auf einem hölzernen Gestell. Im Boden des Behälters sind 35 goldene Stifte verankert – einer für jeden Buchstaben des Alphabets und für die Zahlen von 0 bis 9. Sie gehen jeweils in einen Kupferdraht über. Alle 35 Drähte treten aus dem Boden des Behälters heraus und führen zu 35 Messingstäbchen, die auf einer hölzernen Leiste aufgereiht sind. Daneben steht als Energiequelle eine Volta’sche Säule in einer Glasröhre. Will Soemmerring jetzt beispielsweise den Buchstaben G übertragen, schließt er den entsprechenden Draht an die Batterie an. Wenn der Strom dann durch den goldenen G-Stift im Wasserbehälter fließt, steigen je nach Anschluss an den Plus- oder Minuspol der Batterie Wasserstoff- oder Sauerstoffbläschen auf.
    «Gesetzt nun, das Alpahabet des Wasserbehälters befände sich, durch ein anderes Zimmer, durch ein anderes Haus, oder sogar durch eine andere Stadt von dem Alphabete der Stäbchen zwar entfernt, jedoch durch die 35 Communications-Drähte gehörig verbunden, so vermag der Handhaber der electrischen Säulen … dem Beobachter der Gas-Erscheinungen an den Stiften im Wasserbehälter eine Nachricht telegraphisch mitzutheilen» [Soe 2 : 221], erklärt der Erfinder selbst sein Prinzip des elektrochemischen Telegraphen.
    Die erste öffentliche Demonstration findet am 28. August 1809, dem 60. Geburtstag seines engen Freundes Johann Wolfgang von Goethe, in der Münchener Akademie der Wissenschaften statt. Zur Vorführung bei Napoleon hat Soemmerring seinen Apparat dann bereits mit einer Klingelvorrichtung und einer Art Tastatur zum Anschlagen der Buchstaben ausgestattet. «Eine typisch deutsche Idee», soll Napoleon kopfschüttelnd gesagt und nie wieder nachgefragt haben. Soemmerring lässt sich davon nicht entmutigen. Er forscht weiter und stellt fest, dass es egal ist, ob der leitende Draht 60 Zentimeter oder 600 Meter lang ist. Die Übertragung der Buchstaben geschieht bei beiden Verbindungslängen augenblicklich.
    Im März 1812 hat Soemmerring die Drähte bereits zu einem drei Kilometer langen Kabel gebündelt und streckenweise sogar durch die Isar verlegt. Die größte Schwierigkeit bereitet ihm jedoch die Isolierung jedes einzelnen Drahtes, um das «Überspringen der Electricität von einem Drahte zum anderen zu verhüten». Der Erfinder löst das Problem zunächst, indem er die Drähte mit Seide überspinnt und das so entstandene «Seil» mit einem Firnis überzieht.
    Aber Soemmerring wäre kaum Deutschlands renommiertester Anatom, sähe er bei seinem 35-Drähte-Kabel nicht auch die Analogie zum

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