Gauts Geister 6 - Tödliche Mission
darüber, dass er so dumm gewesen war, sich
einzumischen. Und mehr als alles andere wütend über die Art, wie Gaunt soeben
die unangenehme Seite der Disziplin in der Imperialen Garde demonstriert hatte.
Dorden hatte geschworen, niemals zu töten. Er hatte diesen Schwur einmal
gebrochen, auf Menazoid Epsilon, um Gaunt das Leben zu retten. Jetzt sah er,
wie Gaunt im Namen eiserner Disziplin mutwillig Leben nahm.
»Doktor?«, sagte Gaunt.
»Herr Kommissar?«
»Kümmern Sie sich bitte um Rawne.«
Gaunts Ankunft war der Beginn eines frischen Zustroms von
Verwundeten, mehrheitlich Soldaten der Krassier und der Allianz, aber auch eine
ganze Reihe von mindestens sieben Trupps der Geister, darunter auch derjenigen
von Rawne, Domor, Theiss und Obel. Die Verwundungen in den Einheiten von Theiss
und Obel stammten hauptsächlich von Granaten. Einige dieser Wunden, wie die
von Soldat Kell, waren verheerend. Andere waren heimtückisch.
Soldat Tokar würde der erste tanithische Mann sein, der
aus Notwendigkeit die Gebärdensprache lernen musste, wie sie von den ebenfalls
durch Granatexplosion tauben Verghastiten benutzt wurde.
In Domors und Rawnes Trupp handelte es sich um
Nahkampfwunden. Milo, der abgesehen von ein paar Schrammen und Prellungen
unversehrt war, trug Soldat Nehn herein, der von einer Grabenkeule getroffen
worden war und einen Schädelbruch hatte. Soldat Osket hatte ein Auge verloren
und dann das Pech gehabt, nach einem nach ihm gestoßenen Bajonett zu greifen.
Die Klinge war zwischen Mittel- und Ringfinger eingedrungen und hatte sich
durch die Handfläche bis zum Daumenansatz gebohrt.
Korporal Chiria, eines der verghastitischen Mädchen in
Domors Trupp, hatte massive Schnittwunden, die ihr schlichtes, aber fröhliches
Gesicht für immer mit Narben entstellen würden.
Rawne war bewusstlos. Feygor und Leclan trugen ihn auf
einer improvisierten Bahre aus Laufbrettern herein. »Was wissen Sie?«, fragte
Dorden kurz und bündig, während er den Major aus Jacke und Unterhemd schnitt.
»Bauchschuss, festes Geschoss«, sagte Leclan, der Feldsani des dritten Trupps.
»Aus nächster Nähe.«
»Wie lange ist das her?«
»Zwei, vielleicht zweieinhalb Stunden. Es war ein Chaos im
Graben. Blutiges Chaos. Ich habe ihn in einer Grabenbucht gefunden. Banda hielt
sich an ihm fest, aber er hatte schon lange vorher das Bewusstsein verloren.«
»Banda ist früher gebracht worden«, sagte Dorden, während
er den Dreck von Rawnes Bauch wusch.
»Ich habe sie hergeschickt«, sagte Leclan. »Mit der ersten
Welle. Rawne wollte ich nicht bewegen. Ich wollte einen Arzt an die Front
rufen, aber das Kom war tot und die Melder, die ich geschickt habe, sind nicht
zurückgekommen.«
»Feth«, sagte Dorden, während er die Schusswunde
untersuchte.
»Er hat viel Blut verloren. Verdammt viel Blut.« Er beugte
sich vor, griff nach Rawnes Hundemarke und rief einem wartenden Sanitäter die
aufgedruckte Blutgruppe zu.
»Wie geht es Banda?«, fragte Leclan.
Dorden hielt in seiner unablässigen Arbeit inne und sah
Leclan an. Der Mann war verängstigt und besorgt. Feldsanitäter wie Leclan
waren normale Soldaten mit einer Zusatzausbildung, die sie zu grundlegender
Erster Hilfe befähigte. Sie waren keine richtigen Sanitäter oder gar Ärzte.
Sie waren nur dazu da, die fundamentalsten Dinge zu tun, bis richtige Ärzte
kamen.
»Jessi Banda wird es überleben. Es war ziemlich knapp,
aber sie wird es schaffen.«
Leclan sackte vor Erleichterung sichtlich ein wenig zusammen.
»Sie haben Ihre Sache gut gemacht«, sagte Dorden und
machte sich wieder an die Arbeit.
»Er wird doch nicht sterben, oder?«, fragte Feygor. Der
unfreiwillige Sarkasmus in seinem Tonfall, für den sein künstlicher Kehlkopf
verantwortlich war, ließ Dorden schnauben.
»Wir werden sehen.«
»Wie geht's dem Daumen?«
Beltayn schaute auf und erblickte Gaunt. Er erhob sich von
der alten Munitionskiste, auf der er saß, und zeigte dem Kommissar-Oberst seine
verbundene Hand.
»Das Einrenken hat ziemlich wehgetan, aber jetzt geht es
schon wieder. Doktor Mtane sagt, ich soll nichts Schweres heben und auf
kompliziertere Arbeiten mit dem Kom verzichten. Tatsächlich empfiehlt er einen
Urlaub irgendwo, wo nicht geschossen wird.«
»Netter Versuch«, sagte Gaunt.
Sie waren allein am Rande der Sammelstation, neben dem
Weg, wo abgebrochene Zaunpfähle bereits halb unter hohem Gras verschwunden
waren. Die Sonne war herausgekommen, und die Dämpfe des Krieges ließen
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