Gayheimnisse reloaded (German Edition)
Dann quälen wir uns noch ein bisschen.“
„ Dummkopf.“ Mit einem Grinsen rempelte Vincent seine Schulter gegen Tobias’. Gemeinsam gingen sie zum Skischultreffpunkt zurück.
Nach dem Abendessen schlenderten die beiden Männer noch durch den tief verschneiten Ort und landeten nach zwanzig Minuten in einem Weinlokal mit einem großen Kamin, der angenehme Wärme verbreitete. Nach einem halben Liter Rotwein erzählte Tobias erst stockend, dann, als keine negative Reaktion, sondern nur mitfühlendes Interesse von Vincent kam, ausführlich und leidenschaftlich von Sven und ihrer Trennung, die laut und unschön gewesen war.
„ Und jetzt habe ich erst mal die Nase voll, da kann der Skiverkäufer noch so schnuckelig gucken, nicht mit mir.“ Er seufzte tief auf. „Aber wahrscheinlich geht es einem mit Frauen nicht besser, oder?“
„ Nein, wahrscheinlich nicht“, bestätigte Vincent nach einem kurzen Zögern und goss ihnen beiden noch etwas Rotwein ein.
Sie wechselten wieder zu weniger emotionalen Themen und Vincent erzählte von seiner kleinen Computerfirma, die er mit Sabina gegründet hatte, und wie schwierig es die ersten Jahre gewesen war.
„ Jetzt läuft es aber gut und glücklicherweise haben die Teile ja so viele Macken und Möglichkeiten kaputt zu gehen, dass uns die Arbeit nicht ausgeht. Nimm dazu noch die Unfähigkeit der Leute auch die kleinsten Programme alleine zu installieren – und ich kann mich wirklich nicht beklagen.“
„ Stimmt es wirklich, dass es Leute gibt, die den Stecker nicht drin haben und sich wundern, dass nichts geht?“
„ Das ist vielleicht etwas übertrieben, aber wir hatten schon Fälle, da haben sie nicht mitbekommen, dass der Strom im ganzen Ort weg war, und sich gewundert, warum ihre Kiste nichts mehr tat. Da fragt man sich doch wirklich, wieso man nicht erst mal andere Elektrogeräte checkt, ehe man den Kundendienst per Handy anruft.“
Tobias gab noch eine Geschichte mit einem dämlichen Kunden aus seiner Möbelfirma zum Besten, dann hatten sie auch die zweite Flasche Rotwein geleert und machten sich lieber mal wieder auf den Weg ins Hotel.
Der Temperaturschock, als sie aus der warmen Gastwirtschaft traten, war gewaltig. Die Luft war eiskalt und der Atem gefror, wenn sie in ihren Schal ausatmeten. Der Schnee knirschte unter ihren Schuhen. Der Himmel war sternenklar und der fast volle Mond ließ das Weiß bläulich leuchten.
„ So muss Winterurlaub sein!“, rief Tobias begeistert, ließ seine Hand über den Schnee auf einer Mauer gleiten und bewarf Vincent damit.
Der zögerte nicht lange, versuchte einen Ball zu formen, dafür war der Schnee aber viel zu kalt, und so warf er eine Hand voll Schnee zurück, der auf Tobias niederstäubte.
Kurz vor ihrem Hotel revanchierte sich Tobias und versuchte dann ins Gebäude zu rennen. Vincent erwischte ihn aber noch und rieb ihm mit seinem nassen Handschuh durchs Gesicht.
Die eiskalte aber fast intime Berührung jagte plötzlich ein Gefühl des Verlangens durch Tobias’ Körper. Nicht konkret nach Vincent, aber nach Berührungen, die über bloßes, formelles Händeschütteln oder Schulterklopfen hinausgingen. Das war das erste Mal, seit er mit Sven Schluss gemacht hatte, dass er die Nähe eines anderen Menschen in solcher Deutlichkeit vermisste.
Für einen Augenblick starrten sich die beiden an. Tobias sah deutlich, dass Vincent befürchtete, eine unsichtbare Grenze überschritten zu haben. Deshalb schüttelte er seine grüblerischen Gedanken ab, setzte stattdessen ein Grinsen auf und meinte: „Das gibt Rache. Aber da sie bekanntlich kalt gegessen werden soll, werde ich damit bis morgen warten, bis mein Kopf vielleicht nicht mehr in ganz so viel Rotwein schwimmt.“
Vincent hielt ihm die Eingangstür des Hotels auf, ging auf Tobias’ Tonfall ein und sagte übertrieben: „Ich werde vor Angst nicht schlafen können.“
„ Das geschieht dir recht.“
Tatsächlich war es aber Tobias, der Einschlafprobleme hatte. Er grübelte über ihr Gespräch nach, die Gedanken purzelten in seinem Kopf durcheinander und Vincent nahm dabei eine überraschend prominente Rolle ein. Schließlich hatte er mit ihm schon weit mehr gemacht, als nur die Tasse Kaffee zu trinken, zu der ihn der Skiverkäufer eingeladen hatte. Und es war die letzten drei Tage mit Vincent verdammt einfach gewesen, wieder jemanden näher an sich heranzulassen. Ja, wenn Vincent nicht Sabina gehabt hätte, dann … vielleicht hätte er sich dann gar nicht so auf
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