GB84: Roman (German Edition)
Juden ins Bad. Er wirft ihn in die kalte Badewanne –
Er schaut zu, wie der Jude um sich schlägt –
Seine weißen Gliedmaßen und die rote Brust
.
Er hört seine Schreie –
Seine rechten Fingernägel kratzen an seiner linken Brust, reißen sie wund
.
Neil lässt heißes Wasser ein und holt die Gummiente des Juden. Der Jude lässt sich in dem Seifenwasser einweichen, bis er wieder sauber und nüchtern ist –
Seine Wunden fast verheilt
.
Da fällt ihm der entscheidende Satz ein. Vom ersten großen Auftritt des Juden –
Zu diesem Zeitpunkt war die Lady von Apostaten und Apologeten umgeben, von Sesselfurzern und Schuften. Weichlinge, einer wie der andere. Der Jude war in vollem Galopp durch das ganze Pack geprescht. Er war auf sie zugegangen und hatte sich mit den Worten vorgestellt: »Die britische Öffentlichkeit will, dass Sie es diesem Gaucho zeigen, Madam.«
Und der Jude hatte recht gehabt. Die Eiserne Lady hatte den Blechgeneral auf den Falklands besiegt. Und auch dieses Mal würde der Jude recht behalten. Die Eiserne Lady würde den Kohlenkönig vernichten –
Es war wieder mal an der Zeit, die Kutsche anzuspannen.
Das ist die Stunde, von der Neil wusste, dass sie kommen würde –
Die okkulte Stunde.
Der Jude will eingelassen werden, nicht abgewiesen, will, dass seine Mitgliedschaft anerkannt wird
.
Vom Juden tropft blutiges Wasser auf den Teppichboden. Er sagt zu Neil: »Der Feind in den eigenen Reihen.«
Alle Mann an Bord. Der Dockarbeiterstreik war auf das ganze Land ausgeweitet worden. Streikende aus Nottinghamshire hatten die Komitee-Räume in Mansfield besetzt und so eine Sitzung des Bezirksgewerkschaftsrats verhindert, die ihre Vertreter dazu verpflichtet hätte, bei der Außerordentlichen Jahreskonferenz gegen die Einführung der neuen Disziplinarregeln zu stimmen. In Edinburgh waren die Gespräche zwischen der Gewerkschaft und dem NCB wieder aufgenommen worden. Die Troika hatte den schriftlichen Entwurf einer Übereinkunft dabei, der sie zustimmen konnte. Der Präsident hatte Terry Winters die Aufsicht über die Streikzentrale übertragen –
»Du hältst die Stellung«, hatte er ihm befohlen.
Terry blieb die ganze Nacht über im Büro. Er hatte Vergrößerungen von dem Vertragsentwurf machen und an die Wände des Konferenzraums pinnen lassen. Nun starrte er sie an, schaute zum Fernseher, auf den Teletext. Er ging auf und ab, wartete auf den Telefonanruf.
Seine Augen fielen ihm zu. Er setzte sich auf den Platz des Präsidenten. Er –
Sitzt auf einem großen Thron aus Gold in einem dunklen Raum mit matten Wänden. Er trägt eine weiße Soutane mit einem purpurroten Schal. Sein Kopf ist glatt rasiert, seine Finger tragen Edelsteinringe. Der Raum fängt an, sich zu drehen. Der Stuhl fällt um. Terry
–
Schlug die Augen auf, das Gesicht weiß vor Schreck, der Atem schwarz vor –
»Genosse«, sagte das Tweedjackett erneut, »Telefon.«
Terry stand auf, rieb sich das Gesicht und nahm den Hörer. »Hallo?«
»Raus aus den Federn, Genosse Geschäftsführer«, sagte Paul Hargreaves.
Terry rieb sich noch mal das Gesicht, blickte auf und sah sich um –
Vier Tweedjacketts umstanden den Schreibtisch des Präsidenten.
»Was gibt es Neues, Genosse Generalsekretär?« fragte Terry.
»Verhaltener Optimismus«, verkündete Hargreaves. »Das ist der Kern für heute.«
»Hoffen wir, dass er Früchte trägt«, sagte Terry. »Unsere Mitglieder zählen auf euch.«
»Ja, ja«, wiegelte Hargreaves ab, »herzlichen Dank. Der Präsident und der Vizepräsident lassen fragen, ob du wohl einen Entwurf der Tagesordnung für das NEC-Meeting morgen vor der Konferenz anfertigen könntest. Wir werden höchstwahrscheinlich gegen sechs Uhr zurück in Sheffield sein.«
Terry nickte und sagte ins Telefon: »Du kannst dich auf mich verlassen, Genosse.«
»Das wollen wir hoffen«, meinte Hargreaves. »Der Präsident möchte außerdem, dass du einen Zusatz auf die Tagesordnung setzt hinsichtlich der möglichen rechtlichen Herausforderungen, die sich aus der Klage Nottinghamshires gegen Regel 51 ergeben könnten.«
»Das kann ich sofort beantworten«, erwiderte Terry. »Falls die Streikbrecher das Urteil bekommen, das sie wollen, könnten wir womöglich schon aufgrund des Abhaltens der Konferenz wegen Missachtung des Gerichts belangt werden, ganz zu schweigen von der Debatte über die Regel selbst.«
»Aber wird man uns strafrechtlich verfolgen?« fragte Hargreaves. »Und könnten wir dem Widerstand
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