GB84: Roman (German Edition)
oder in anderer Weise möglich ist.«
Neil Fontaine klatscht lang und laut. »Bravo, Sir«, sagt er, »bravo.«
»Also, auf zum Hobart House, Neil«, sagt der Jude.
Malcolm schlief nicht, weil er nicht träumen wollte. Er wollte nicht träumen, weil er in seinen Träumen nicht hören wollte, wie sie lachten, weil er sie nicht sehen wollte, wie sie vögelten
.
Das waren die Nächte, vor denen er davonlief und sich versteckte, in denen er verschwand
–
Er nahm sich ein Hotelzimmer. Schloss ab, zog die Vorhänge zu, verschwand von der Bildfläche
–
Lag betrogen und geschlagen auf den Hotellaken. Tage und Nächte wie diese
–
Diese dunklen Hundstage im August 1984
.
Malcolm Morris lag wach in seinem Zimmer im Clifton Park Hotel und schaute zu, wie sich die Nacht über Zimmerdecke und Vorhänge davonschlich. Die Schatten wurden zu Sonnenschein. Er lag wach da und wünschte sich, es wäre so
–
Dass die Schatten zu Licht würden
.
Er stand auf, zog sich an, checkte aus und fuhr los
–
Dalton, Nottinghamshire
.
Er hielt an, rutschte tief in den Sitz und sah zu, wie sie mit laufenden Autoradios eintrafen
–
»… habe ich vor, an die Öffentlichkeit zu treten, um meine Freunde davor zu schützen, von militanten Bergleuten, die versuchen, Grey Fox mit Gewalt zu entlarven, verletzt und eingeschüchtert zu werden …«
Er sah Carl Baker umringt von vier großen Polizisten an der Tür zum Pub
–
»… ich bin nicht für das Zechenschließungsprogramm des NCB, aber achtzig Prozent aller streikenden Bergleute wollen zurück an die Arbeit …«
Er sah, wie er jedem Einzelnen, der gekommen war, die Hand gab
–
»… nicht zulassen, dass diese Tiere, diese linken Rowdys und ihre Schlägertruppen euer Leben zerstören. Ruft eure Kumpel an, dann den Zechendirektor …«
Er sah, wie er mit Sonnenbrille auf der Nase mit Journalisten und Fernsehteams sprach
–
»… lasst uns alle gemeinsam am Montag zurück zur Arbeit gehen. Sagt euren Frauen, sie sollen euch Essen einpacken, geht auf eure Zeche und setzt ein Zeichen für die Demokratie …«
Er sah, wie er in Tränen ausbrach (ein Leben voller Angst wartete auf ihn). Er sah, wie Stephen Sweet einen Arm um ihn legte
–
Ein Stummfilm
.
Er sah, wie ihr Geheimtreffen vor laufenden Kameras und Mikrofonen zu Ende ging. Ihre Wagen fuhren davon, der Parkplatz leerte sich. Die Polizei eskortierte Carl Baker, Stephen Sweet und ein paar Journalisten zu einem Range Rover der Polizei
.
Malcolm sah auf die Uhr
–
Verdammt
.
Er startete den Volvo und fuhr zurück nach South Yorkshire. Die A57, dann die A638
–
Great North Road
.
Er kam durch Retford und Ranskill, dort bemerkte er den Montego im Rückspiegel
–
Verdammt
.
Der Fahrer hielt sich irgendwas vor den Mund. Größere Kerle vorn und hinten
–
Verdammt
.
Malcolm gab Gas. Der Wagen vor ihm bremste
–
Verdammt
.
Der Wagen schlingerte nach links in die Hecken, in den Graben
–
Verdammt
.
Türen gingen auf. Stiefelgetrampel
–
Verdammt
.
Malcolm öffnete die Wagentür und stieg aus. Er legte sich die Hände auf die Ohren. Aber es war zu spät
–
Verdaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa
aaaaaaaammt
.
Es hört nie auf. Tony Davies hat zwei Nachrichten für Neil Fontaine hinterlassen. Sie verabreden sich im Pub neben dem Kingsley Hotel auf dem Bloomsbury Way. Tony trägt eine geblümte Weste unter seinem fleckigen Leinenjackett. Er riecht nach Schweiß. Tony ist pädophil und Mitglied von Nazi-Gruppierungen. Tony trinkt doppelte Wodkas, Neil eine Orangenlimo. Sie reden über die Olympischen Spiele, über Nigel Short, übers Wetter –
»Einfach zu heiß«, sagt Tony. »Unerträglich. Ich muss hier weg. Und du auch.«
Neil starrt Tony an und fragt: »Wie kommst du darauf, Tony?«
»Ich weiß über Shrewsbury Bescheid«, flüstert er, »ganz üble Kiste. Ganz übel.«
Neil Fontaine starrt ihn weiter an –
Die Blumen und die Flecken
–
Tony lächelt, zeigt auf Neil und sagt: »Sie wollen Namen wissen.«
Neil nimmt sein Glas und trinkt einen Schluck.
Tony legt eine Hand auf Neils Arm. »Ich kann dir helfen, Neil«, sagt er. »Ich kann dir helfen.«
Neil nimmt Tonys Hand von seinem Arm. »Du bist betrunken, Tony.«
»Wirklich?« entgegnet Tony. »Wirklich? Na und, verdammt?«
Neil zieht ihn zu sich heran. »Hast du etwas zu sagen?« flüstert er. »Dann tu’s.«
»Ich will wissen, was du mit Julius angestellt hast«, sagt Tony. »Wo ist er?«
Neil fasst mit einer Hand zwischen
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