Gears of War - Aspho Fields
»Eigentlich müsste ich tot sein, um den zu bekommen, oder?«
Er sagte es nicht nur zum Scherz. Seine Kameraden waren tot. Hoffman erwiderte darauf nichts. Es musste ihm ebenso zusetzen, Benjafield, Young und Morgan verloren zu haben und die Pesang-Soldaten, die er schon Jahre gekannt hatte, manche von ihnen noch von der Belagerung von Anvil Gate. Heute Nacht konnte sich niemand siegreich fühlen.
»Aber ich bin es auch nicht«, sagte Hoffman schließlich. »Oder Timiou oder Shim oder der Rest seiner Jungs. Alles dank Ihnen.«
»Ich bin kein Held.« Dom wollte einfach nur nach Hause zu Maria und den Kindern. »Und was passiert wegen der anderen? Bekommen die einen Gong?«
Hoffman sah aus, als würde er gleich etwas sagen, aber er nickte bloß und lehnte sich schweigend neben ihm an die Reling. Hoffman war ein anständiger kommandierender Offizier, aber er war sonst nicht der gesellige Typ. Irgendetwas hing in der Luft.
Dom wusste es mit Sicherheit, als Marcus aus dem Raven trat. Er wartete darauf, dass auch Carlos aussteigen würde, aber als sich das Hangardeck mit dem Abtransport der Verwundeten leerte, spürte er, wie sein Hirn abschaltete und sich eine schreckliche Weite über dem Hangardeck ausbreitete, so als wäre er rücklings gegen ein entferntes Schott katapultiert worden. Sergeant Mataki blieb für einen Moment bei Marcus stehen, redete ruhig auf ihn ein und klopfte ihm dann auf den Rücken, bevor sie zu Hoffman ging.
»Bernie«, grüßte Hoffman. »Schön, Sie zu sehen.« Er drehte sich zu Dom. »Ich werde heute Nacht nicht schlafen können, wenn Sie also reden möchten wissen Sie, wo Sie mich finden.«
Dann schüttelte Sergeant Mataki Doms Hand und ließ sie für ein paar Sekunden nicht mehr los. Ja, irgendetwas war schief gelaufen.
Ihn hat’s übel erwischt. Er hat einen Arm oder ein Bein verloren. Sie haben ihn auf die Kalona gebracht.
Dom wollte sich nicht vom Fleck rühren. Ein Teil von ihm glaubte, wenn er den ersten Schritt nicht tat, würde er das Unvermeidbare ewig hinauszögern können. Der andere Teil riet ihm, sich der Sache zu stellen, da sie sich nicht in Luft auflösen würde. Er ging los und traf Marcus auf halbem Weg.
Wir werden uns um Carlos kümmern. Er wird es verkraften. Das ist nicht das Ende der Welt.
»Dom …« Marcus blieb mitten auf dem Deck stehen. Er sah fürchterlich aus. Er zog sein Kopftuch ab, zerknüllte es in seiner Faust und starrte darauf, als würde er um Worte ringen. »Dom, es tut mir leid. Es tut mir leid.«
Weiter kam er nicht – und weiter musste er auch nicht kommen. Dom hörte sich selbst sagen, »Nein, nein, nein, nicht Carlos …«, aber es war nicht real. Sein Gesicht war taub. Sein Mund wollte nicht funktionieren.
Er hatte sich geirrt. Es war das Ende der Welt.
HOUSE OF SOVEREIGNS, JACINTO; FÜNF WOCHEN SPÄTER
In den Pendelkriegen wurden Medaillen rasch verliehen und übergeben. Die Koalition war nach beinahe achtzig Jahren sowohl in der Kriegsführung als auch in der Verwaltung äußerst effizient geworden und wollte – zumindest ging Hoffman davon aus – ihre Auszeichnungen vergeben, während die lebendigen Empfänger noch in eben dieser Verfassung waren, damit sie die Ehre mit ihren Angehörigen teilen konnten.
Außerdem machte es sich besser in der Berichterstattung durch die Medien. Hoffman bemerkte dies, als er auf den Beginn der Medaillenverleihung wartete.
Die meisten Gears, denen der Embry Star verliehen wurde, konnten nicht anwesend sein, um den Augenblick zu genießen. Hoffman stand auf der Liste der lebenden Exemplare, zusammen mit Dom Santiago und Marcus Fenix, und statt stolz zu sein, war es ihm peinlich, überhaupt gekommen zu sein. Margaret meinte, die Beförderung wäre längst überfällig gewesen; Hoffman gab einen Scheiß drauf. Sie war wütend gewesen, weil er nicht wollte, dass sie bei der Zeremonie dabei war. Aber ein Lieutenant ES tat nichts, außer Akten zu unterschreiben, und sie in ihrem besten Ausgehkleid mitzubringen, war deshalb für seinen Geschmack zu viel des Guten. Es änderte rein gar nichts. Es entfernte ihn nur einen weiteren Schritt von dem, wofür er sich ursprünglich verpflichtet hatte: von der Front.
Hoffman wartete zusammen mit den anderen Ehrenträgem in der widerhallenden Vorhalle, einem wahren Wald aus glatten Marmorsäulen, deren satte rotbraune Färbung den Eindruck verstärkte, man sei unter kräftigen Bäumen unterwegs. Gemälde der Allväter in schnörkellosen vergoldeten Rahmen
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