Gears of War - Aspho Fields
Farbe. Er starrte an der grauen Stahlklippe hinauf, die sich über dem Kai erhob, und legte den Kopf immer weiter in den Nacken, bis die metallene Wand die Gestalt eines Kriegsschiffes annahm, an dessen Bug in abblätternder roter Farbe die Aufschrift CMS KALONA prangte.
Sie war nicht gerade der Stolz der Flotte. Sie war klein, schmutzig und hässlich. Wäre da nicht die COG-Flagge gewesen, die schlaff vom Göschstock hing, hätte er sie für ein Frachtschiff gehalten. Die Kalona sah aus, als hätte man ihr das Hinterteil abgesägt und stattdessen eine halbe Fähre angeschweißt, denn es handelte sich bei ihr um ein amphibisches Angriffsschiff - ein schwimmendes Dock für Landungsboote mit einem Helikopterdeck, das gut ein Drittel ihrer Länge ausmachte. Sie war nicht dazu gebaut worden, elegant auszusehen. Sie war gebaut worden, um Truppen und Fahrzeuge an Landeköpfen abzusetzen.
»Wenigstens hat sie Treppen«, sagte er und nickte in Richtung der Gangway. »Diesmal werde ich mich nicht ersäufen.«
Aus der Reihe der Gears, die darauf warteten, einzuschiffen, war so gut wie kein Laut zu hören. Die meisten schliefen, saßen zusammengekauert auf ihren Rucksäcken und stützten ihre Köpfe auf ihre Hände oder verschränkten Arme, bereit, jederzeit von einem Kumpel wachgestoßen zu werden, falls ein Offizier daherkam oder sich die Reihe in Bewegung setzte.
Gears bekamen alles, was sie brauchten in großzügiger Menge – Ausrüstung, Essen, Zuwendungen –, nur nicht Schlaf. Schlaf gab es nie genug, also gönnten sie ihn sich, wo und wann immer es ging.
Carlos überlegte, ob er zu ihnen gehen sollte, um eine Runde zu dösen.
»Das nennt sich Laufplanke«, sagte Marcus schließlich. »Nicht Treppe.«
»Oh danke, Admiral Fenix.«
»Hast du letzte Nacht was von Dom gehört?«
»Er hat ’ne Nachricht hinterlassen, ich hab ’ne Nachricht hinterlassen. Was immer er treibt, es ist total geheim. Maria hat gesagt, sie hätte ’nen Dreißig-Sekunden-Anruf von ihm bekommen.«
»Beschissenes Timing.«
»Du sagst es.« Carlos beugte sich ein Stück vor, um das Gewicht seines Rucksacks besser zu verteilen. »Und sonst?«
»Was?«
»Du bist wegen irgendwas angepisst. Ich hör’s doch. Du hast deinen Alten angerufen, oder?«
Marcus wandte ihm noch immer den Rücken zu. Carlos konnte lediglich die hohe Wölbung seines Schulterpanzers und den festen Knoten des Kopftuchs sehen. »Jep.«
»Und?«
»Ich hab ihm gesagt, dass wir in See stechen. Er wurde ganz still. Ende der Geschichte. Wie immer.«
Carlos musste Marcus nicht daran erinnern, dass sein Vater es nicht über sich brachte, zu sagen, wie sehr er sich um ihn ängstigte oder sorgte oder dass er wünschte, Marcus wäre nie zur Armee gegangen. Aus welchem Grund Adam Fenix auch wegen Marcus’ Mutter dichtmachte – Schuld, Stolz, Schmerz, irgendein Macho-Scheiß, wen interessierte das schon –, es war dieselbe Sache, die ihn jetzt wieder daran hinderte, ehrlich zu sein. Und Marcus war auch nicht besser darin, die Dinge beim Namen zu nennen, als sein Vater.
Was für ’ne kaputte Familie.
Carlos wusste auch ohne zu fragen, dass seine Familie bei der alten Geschützstellung am Hafeneingang von Fesor stehen würde, um der Kalona zum Abschied zu winken. Es war eine maßvolle Einschiffung aus einem kleinen Logistikhafen, keine Medien und keine Kapelle, und die Gears würden auch nicht in Reih und Glied an Deck antreten, damit die Leute nicht anfingen, sich zu fragen, was vor sich ging. Aber die Familien wussten es. Und sie würden da sein.
»Du hast ihm gesagt, dass es die Kalona ist, oder?«
Marcus schwieg einen Moment und drehte sich dann um.
»Nein, hab ich nicht.« Marcus sah eher verwirrt als verärgert aus. Nein, er sah gekränkt aus. »Und er hat auch nicht gefragt.«
»Ihr könnt das immer noch geradebiegen, wenn du zurück bist«, sagte Carlos in dem Versuch, das Gespräch zu retten. »Du wirst du ein echter Kriegsheld sein und er wird erleichtert und froh sein, dass du am Leben bist. Es wird anders sein.«
»Klar.« Marcus wandte sich ab und starrte wieder das Schiff an. »So wie es nach jedem Einsatz anders war.«
Eine Gruppe Matrosen lehnte an der Reling des Schiffes und schaute auf die Gears hinunter, die darauf warteten, an Bord zu gehen. »Hey, ihr Landkrabben«, rief einer von ihnen hinunter. »Für den Luxusdampfer hat’s wohl nicht gereicht, ihr fetten, überfütterten Arschlöcher!«
Es gab schlimmere Schimpfworte als Landkrabben und
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