Gebannt: Band 3 (German Edition)
ich, weil ich bereits wusste, dass Lincoln in der Nähe war.
Er setzte sich neben mich.
» Verlang nicht von mir, worum du mich gleich bitten wirst«, sagte er, in seiner Stimme lag eine gewisse Schärfe.
Zwischen zwei Schluchzern stieß ich ein kurzes Lachen aus. » Das brauche ich nicht. Ich weiß, dass du ihm alles erzählen wirst, falls ich es nicht schaffe. Und außerdem ist das nicht das, wofür ich unbedingt dein Ja hören will.«
Lincoln stand au f und ging zum Geländer, um Abstand zwischen uns zu legen. Er schaute weg, konzentrierte sich au f seine Schuhe. Ich ließ meinen Blick über ihn schweifen. Er trug dunkle Jeans und ein schwarzes T-Shirt, das sich am Saum perfekt um seine bronzefarbenen, muskulösen Arme schmiegte. Ich prägte mir das Bild ein, aber es war nicht richtig, es war nicht genug.
» Linc?«, fragte ich leise.
Er blickte auf, mein Tonfall tra f ihn unvorbereitet. Seine Augen, so grün wie immer, schimmerten im hellen Licht der Hotelhalle.
Na bitte. Perfekt.
Dann wurden sie schmal, aber ich hatte jetzt mein Bild.
» Violet, was hast du vor? Ich weiß, dass du etwas vor mir verheimlichst.«
Ich stand au f und riss mich zusammen. » Ich will dein Wort darauf, dass, wenn die Zeit kommt, und Phoenix ausgeschaltet werden musst, du es tust.«
» Violet«, stieß er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor, » bitte tu das nicht. Es gibt einen Weg, deine Verbindung zu Phoenix zu trennen. Wir können sie trennen, und dann werde ich ihm mit Vergnügen den Rest geben.«
Ich biss mir au f die Lippe. » Hoffst du darauf, dass du unsere auch trennen kannst? Immerhin ist es auch eine Verbindung, genau wie die andere. Wenn die eine getrennt werden kann, warum nicht die andere?«
Er schüttelte den Kopf. » Du glaubst, du hast mich durchschaut.«
Ich öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber er hob die Hand.
» Hör doch au f zu versuchen, das Thema zu wechseln. Du weißt genau, dass du mir gestern Abend keine Chance für Erklärungen gegeben hast.«
» Und heute Abend wirst du auch keine Chance bekommen, wenn du mir das nicht versprichst.« Ich stand au f und stapfte mit nackten Füßen die Treppe hinunter, die Schuhe noch immer in der Hand. » Genau genommen wirst du kein weiteres Gespräch mit mir bekommen, bis du es versprochen hast. Die Zeit ist abgelaufen, Lincoln, und wir wissen beide, dass du der Einzige bist, der stark genug ist, ihn im Kamp f zu besiegen.«
» Gut, dann ist es ja ganz einfach – ich werde es nämlich nicht tun!«, schrie er mir hinterher.
Ich blieb stehen, kehrte ihm noch immer den Rücken zu und schloss die Augen.
» Du wolltest wissen, warum ich Phoenix neulich abends geschlagen habe?«
Er sagte nichts.
Ich seufzte. Ich wusste, ich würde ihn damit verletzen, aber das musste sein.
» Er hat Rudyard absichtlich umgebracht. Er tat es, damit wir wissen, dass wir nie zusammen sein können. Es ist meine Schuld, Linc. Rudyard. Nyla. Und er hat gerade erst angefangen.« Nun drehte ich mich zu ihm um, in meinen Augen standen Tränen. » Josephine hat recht. Wir haben zugelassen, dass wir von einer Verbindung – etwas, was uns aus den Händen geglitten ist – beherrscht werden.« Mein Brustkorb verengte sich, jedes Wort war wie ein weiterer Backstein, der sich schwer au f meine nach Luft ringenden Lungen legte, aber ich machte weiter. Ich musste weitermachen. » Wenn du mich auch nur ein bisschen kennen würdest, so wie ich dich kennen sollte, dann würdest du akzeptieren, dass tie f in unserem Inneren keiner von uns beiden wirklich will, dass uns diese Verbindung unter Kontrolle hat.«
Ich sah es.
Ich senkte den Blick, drehte mich um und ging die Treppe hinunter. Er sagte nichts, widersprach nicht, folgte mir nicht. Aber ich sah seinen Schock, als er das von Rudyard hörte, seinen Schmerz, als er verstand, dass das die Wahrheit war, dass wir Schuld daran waren und … ich sah seine Überraschung über meine letzten Worte.
Kapitel Dreissig
» Die menschliche Seele befindet sich stets zwischen einer Hemisphäre des Lichts und einer Hemisphäre der Dunkelheit; auf der Grenze dieser beiden ewigen Reiche stehen Notwendigkeit und freier Wille.«
Thomas Carlyle
Lincoln kam nicht zum Abendessen ins Restaurant. Josephine sagte uns, er hätte beschlossen, mit Mia und Hiro in Fira Patrouille zu laufen. Es war das einzige Mal an diesem Abend, dass sie mich überhaupt wahrnahm, und sie war ganz erpicht darauf, meine Reaktion zu sehen, weil sie es genoss, mich zu
Weitere Kostenlose Bücher