Gebannt: Band 3 (German Edition)
Herzen.
Ich habe nie geglaubt, dass es etwas Schlimmeres gäbe, als aus dem Engelreich vertrieben zu werden … Aber aus ihrem Leben verbannt zu werden waren Höllenqualen. Jetzt ließ mich mein Hass Dinge tun, von denen ich nie dachte, dass ich dazu bereit wäre.
Ich höre, wie unten in der Halle ein weiterer Kampf ausbricht, und versuche, die Geräusche auszublenden. Es ist mir egal. Wenn ich die Verbannten nicht brauchen würde, würde ich sie alle eigenhändig umbringen – nur so als Therapie. Aber ich habe in letzter Zeit mit zu vielen von ihnen die Geduld verloren und habe sie den Grigori auf einem goldenen Tablett serviert. Die Reihen meiner Streitkräfte lichten sich bereits und einige der Verbannten werden langsam misstrauisch.
Fähige Verbannte sind dünn gesät und die tüchtigsten von ihnen sind leider meistens auch die skrupellosesten. Gressil war einer der Besten, aber wenn er einem so nah kommt … ich hätte den Tag heute fast nicht überstanden, ohne ihn umzubringen. Olivier ist auch nicht einfacher.
Ein lautes Krachen – als würde Glas zerspringen. Noch mehr Kämpfe. Zumindest würden sie im Moment nicht erwarten, dass ich einschreite. Sie glauben, ich bin hier drin und schlage sie … oder schlimmer. Es ist schon ironisch, dass ich zu große Angst davor habe, sie auch nur aufzuwecken.
Als sie sich umdreht, springe ich auf die Füße. Dann rufe ich mir wieder ins Gedächtnis, dass sie unter meinem Bann steht. Sie kann gar nicht aufwachen, ohne dass ich es weiß.
Der Todesschrei eines Verbannten dringt aus der Halle herein. Ich lächle. Es klingt nach Justin. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sein Herz auseinandergerissen wird. Das wird nicht gut für ihn ausgehen. Andererseits würde es für keinen von uns gut laufen. Vor allem für mich nicht. Vor allem nicht jetzt. Aber ich bin daran gewöhnt, die Konsequenzen zu ertragen – das kommt davon, wenn man nicht an einen bestimmten Platz gehört, wenn man trotz seiner Kraft keine wahren Werte hat.
Nun, das wird sich jetzt ändern.
Trotz meiner Anstrengungen bin ich weder genug Engel noch genug Mensch. Aber als Verbannter werde ich herrschen.
Ich gebe nach, stehe auf und gehe zu ihr.
» Ich wusste es nicht«, flüstere ich – ich konnte mich einfach nicht beherrschen.
Sie kann mich nicht hören. Es ist schlimm genug, dass ich mich selbst hören kann. Schuldeingeständnisse sind nicht mein Ding, und jetzt hatte ich mich dieser einen bestimmten Erinnerung geöffnet, die sich am schwersten aus meinem Gedächtnis verdrängen lässt.
Selbst jetzt brennt meine Haut noch, erinnert sich daran, wie sich jede einzelne Berührung, die sie mir in jener Nacht in der Wildnis schenkte, wie ein Geschenk anfühlte, dessen ich nicht würdig war.
Ich streiche ihr ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht, und meine Finger sehnen sich danach, sie wieder zu berühren. Ich entferne mich ein wenig, aus Angst, genau das zu tun.
Warum habe ich je zugelassen, dass sich diese Verbindung zwischen uns bildet? Das hatte ich nicht vorgehabt, aber ich genieße es noch immer, wenn mich die Kraft durchwogt, masochistisch wie ich bin.
Erregt von dem Gedanken, dass ich Gewalt über sie hatte, versprach ich mir selbst, diese nie einzusetzen, weil ich sie liebte. Trotzdem hatte sich mein finsterer Verstand bereits in aller Stille Möglichkeiten ausgedacht, um zu garantieren, dass sie für immer mir gehören würde.
Ich hätte es ihr gleich sagen sollen. Vielleicht hätte sie mir verziehen. Vielleicht hätte sie sogar verstanden, warum ich Lincoln nicht heilte. Ich wusste, wenn sie ihre Zusage nicht machte, wenn sie die Kraft nicht bekäme, die ihr bestimmt war, dann würden sie – Verbannte oder Engel – sie auf die eine oder andere Weise zerstören.
Ich konnte nicht einfach zusehen, wie das geschah.
Als ich mich selbst im Spiegel sehe, nehme ich die Hotelvase mit den künstlichen Blumen und werfe sie nach meinem Spiegelbild.
Denk an die Zukunft! Denk an den Ausdruck in ihren Augen, als sie zu dir gesagt hat, du sollst gehen und nicht mehr wiederkommen!
Ich nehme eine Scherbe des zerbrochenen Spiegels und fahre damit an meinem Arm entlang, was mir sowohl Ablenkung verschafft als auch Kraft gegen den Schmerz. Vergiss nicht den Anblick, wie sie sich in dem Moment, in dem ich sie aus der Verbindung befreite, in Lincolns Arme fallen ließ – sobald sie ihre wahre Natur wieder selbst unter Kontrolle hatte.
Ich nehme einen tiefen, beruhigenden Atemzug und beobachte, wie
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