Gebannt: Band 3 (German Edition)
aber sie fühlten sich falsch an. Lincoln war mein Partner – er sollte mich heilen. Aber die Dinge waren … wie sie waren. Er versuchte, sich von mir fernzuhalten, ebenso wie ich mich von ihm fernhalten sollte.
Es dämmerte und regnete immer noch. Ich stand unter einem Baum, mit dem ich gerade einen Frontalzusammenstoß hatte, und tat, was Griffin mir sagte, ich grif f au f meine innere Kraft zu und versuchte sie zu zwingen, meinen Arm zu heilen.
Zu meiner Freude … und meinem Schrecken erhielt ich schnell eine Antwort.
Kapitel Vier
» Doch kein Preis ist zu hoch für das Privileg, sich selbst zu gehören.«
Friedrich Nietzsche
Der Ganzkörperspiegel in meinem Schrank zeigte ein Bild, das ich kaum erkannte. Ich trug ein kleines schwarzes ausgestelltes Kleid und hatte mich für Strumpfhosen entschieden. Normalerweise mochte ich keine Strumpfhosen, aber sie waren gut, wenn man Blutergüsse verstecken wollte. Ein silbernes Tuch, das ich mir vor Ewigkeiten von Steph ausgeliehen hatte, drapierte ich über meine Arme, um die blauen Flecken zu verstecken. Zum Glück waren die Verletzungen an meinem Gesicht überwiegend verheilt, und was noch geblieben war, wurde unter einer Schicht Make-up verborgen.
Es hätte schlimmer sein können. Ich hatte es vorhin tatsächlich geschafft, au f meine Kraft zuzugreifen und mich selbst zu heilen. Ich hatte die Aufgabe nicht ganz erledigt, aber es hatte ausgereicht, den Bruch in meinem Arm und den Schnitt an meinem Kop f zu heilen. Auch ein Teil der Schmerzen und der blauen Flecken konnten dadurch gelindert werden, auch wenn mein Arm jedes Mal, wenn ich ihn bewegte, so wehtat, als würde ich ihn in einen Säurebehälter halten. Es würde noch ein paar Tage dauern, bis ich vollständig wiederhergestellt war. Griffin hatte vorgeschlagen, dass ich es noch einmal versuchen sollte, aber im Moment war ich dazu noch nicht bereit.
Ich sah mein Outfit noch einmal prüfend an. Wenigstens Dad würde glücklich sein. Für Väter schien es ein Erfolgserlebnis zu sein, wenn sich ihre Töchter konservativ kleideten, deshalb hatte ich die schwarzen kniehohen Stiefel angezogen, die Zoe mir vor ihrer Abreise geschenkt hatte. Zusammen mit ein wenig Eyeliner rundeten sie mein Outfit ab.
Belanglos, ja, aber momentan beschwor Dad diese Reaktion in mir herauf. Ich hatte ihm nicht erzählt, was ich war oder wer mich so gemacht hatte. Die meiste Zeit fühlte ich mich schrecklich wegen ihm. Und schuldig. Seine Frau hatte ihn die ganze Zeit, in der sie zusammen waren, angelogen, und dann war sie gestorben und hatte ihn als vollkommen gebrochenen Mann zurückgelassen. Mit einer Tochter, die keinen Deut besser war.
Aber er war auch nicht ganz unschuldig.
Ich kam regelmäßig mit blauen Flecken oder Blut au f den Kleidern nach Hause. Ich war dauernd weg – nicht, dass er das nicht auch wäre, aber ein Vater sollte so etwas mitkriegen. Ganz zu schweigen davon, dass ich neulich nach Jordanien geflogen bin, ohne dass es ihm auffiel. Das Einzige, was er hinterfragte, waren die tausend Dollar, die ich von seinem Konto abgehoben hatte, um Onyx für die dringend benötigte Information – über meinen wahrscheinlichen Tod – zu bezahlen. Ein halbes Dutzend fingierter Haushaltsrechnungen später hatte Dad akzeptiert, dass das kein Drama war, und war wieder zurück an seine Arbeit gegangen.
Was soll man machen? Ich war jedenfalls im Begriff, zu unserem vierteljährlichen, manchmal halbjährlichen Familienessen in einem Outfit aufzukreuzen, bei dem er sich entspannt au f seinem Stuhl zurücklehnen würde und das Gefühl hätte, dass alles so war, wie es sein sollte.
Ich schloss die Schranktür, streifte die silbernen Armbänder über, die ich trug, um meine engelhaften Male zu verstecken, und nahm mir vor, neue zu kaufen. Ich war es leid, jeden Tag den gleichen Schmuck zu tragen.
Ich sollte Dad in The Orchard, unserem Lieblings-Thairestaurant, treffen. Als ich jünger war, hat er mich drei oder vier Mal pro Woche dorthin ausgeführt, immer wenn wir keinen Babysitter hatten. Es war das, was bei uns einer selbstgekochten Mahlzeit am nächsten kam. Er kannte das Personal und es gefiel ihm dort. Die Kellner nannten ihn » John« statt » James«, und ich glaube, in gewisser Weise gefiel ihm das am besten.
Probleme? Wir?
Ich hatte beschlossen, zu Fuß zum Restaurant zu gehen. Es war in der Nähe unseres Wohnblocks und ich war sowieso früh dran. Außerdem wusste ich, dass sich Dad verspäten würde.
Ich war
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