Gebannt: Band 3 (German Edition)
meine Hände und drückte sie. Neben uns kam es zu Bewegungen, Leute rannten am Deck au f und ab. Lincoln deutete au f den Vulkan, der jetzt endgültig ausbrach. Wir würden nicht mehr lange sicher sein, aber Flucht kam auch nicht infrage.
Er drückte wieder meine Hand. » Es geht los.«
Während wir den Vulkan beobachteten, dachte ich über die Tatsache nach, dass Lincoln die ganze Situation kontrolliert hatte, seit wir in Santorin angekommen waren. Griffin hatte recht gehabt, ihm die Verantwortung zu übertragen.
Der Vulkan erleuchtete den Himmel, blutrotes Feuerwerk explodierte an seinem Gipfel, Feuer regnete herunter und sprang vom Rand des Kraters, Lava wälzte sich an den Hängen herunter. Fast die ganze Insel war jetzt von Flüssen aus Feuer bedeckt, während sich darüber hinaus bestimmt auch noch eine Kraft gebildet hatte wegen meiner drei ersten Opfer. Jetzt konnten wir den Preis dafür erkennen: eine Welle im Meer, so riesig, dass sie nicht wie Wasser aussah, sondern so, als würde sich das Ende der Welt au f uns zu bewegen.
Trotz der Schmerzen klammerte ich mich fest an Lincoln.
» Eine Welle des Todes … Ein Tsunami!«
» Jetzt!«, schrie Josephine.
Zoe breitete mit Schwung ihre Arme weit aus und war f den Kop f in den Nacken. Au f dem Boot neben ihr taten ein paar Grigori, die ich nicht kannte, genau das Gleiche. Im Wasser um die Ufer der Insel entstanden Strudel. Andere Grigori fingen an, etwas in diese Strudel zu werfen.
Der Tsunami kam näher und wurde größer.
Wenn uns dieses Ding trifft, sind wir alle tot.
» Griffin!«, brüllte Josephine.
Plötzlich explodierten die Strudel, aus den Tiefen des Meeres schossen von links nach rechts Wasserfontänen nach oben, formierten sich und wurden zu einem neuen Tsunami.
Als ich wieder zu Griffin hinüberschaute, sah ich, dass er so etwas wie eine Fernbedienung in der Hand hielt. Sie hatten Sprengstof f verwendet.
Die neue Woge saugte das Wasser in der Umgebung von Santorin au f und bewegte sich von dort au f das offene Meer und den herannahenden Tsunami zu, der aussah, als würde er unsere selbst gemachte Welle als Snack verspeisen.
Hinter unserer Welle blitzte etwas in Lichtgeschwindigkeit auf, das sich so schnell hin und her bewegte, dass es kaum zu erkennen war. Der Wind nahm zu und machte den Wellenkamm noch höher.
» Phoenix«, flüsterte ich.
Aber das reichte nicht.
» Hiro!«, schrie Josephine.
Ich sah zu, wie er und zwei andere Grigori – genau wie die anderen es getan hatten – ihre Kräfte koordinierten und riesige Felsbrocken von hinten au f ihren Booten in Bewegung versetzten und au f unsere Welle zuschleuderten, die jetzt sowohl mit der schmelzenden Insel als auch mit dem heranrückenden Tsunami au f Kollisionskurs ging.
Als würde er die Bedrohung wahrnehmen, brüllte der Vulkan in einer weiteren Explosion auf, Lava floss jetzt in das brodelnde Wasser und färbte den Meeresboden rot.
Der Tsunami schlug mühelos über dem Vulkan zusammen, als wäre er kein Hindernis. Ich klammerte mich an Lincoln.
Das war’s.
Als unsere Welle, die im Vergleich so winzig aussah, nur noch Meter von einem Aufprall entfernt war, rie f Josephine wieder: » Jetzt!«
Die Felsbrocken flogen nacheinander in die Welle, während der Tsunami darau f krachte. Wie bei einem perfekt ausgeführten Finale ließ Josephine die Felsen in Milliarden von Atomen zerspringen und zwang dadurch den ganzen Tsunami nach oben in Richtung Himmel.
Unsere schwache Wolke – David gegen Goliath.
In diesem Moment kam der Wind wieder, dieses Mal aus Richtung Santorin. Er blies stark und schnell. Zoe und die anderen Natur-Verwender vergrößerten seine Stärke noch, bis er auch die Regenwolken mitnahm, die über der Insel hingen. Der Wind wehte den Tsunami zurück aufs Meer, schoss nach unten, um den Vulkan zu besänftigen, und verwandelte dabei das noch verbleibende rote Glühen in glimmendes Schwarz.
Die Sonne durchbrach die Dunkelheit, während wir im Platzregen standen. Griffin blickte auf, wässriger Ruß lie f an seinem Hals herunter. » Ich denke, jetzt sind alle Augen weit geöffnet.«
» Kein Wunder, dass sie weinen«, sagte ich leise, denn ich konnte es bereits fühlen. Etwas anderes, etwas, das nicht dazugehörte, war bei uns.
Aber ich konnte es auch nicht abstreiten: Phoenix hatte uns geholfen, Santorin zu retten.
Kapitel Sechsunddreissig
» Das Schicksal kann uns auf zwei Arten zerstören – indem es uns unsere Wünsche verweigert und indem es sie
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