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Gebannt: Band 3 (German Edition)

Gebannt: Band 3 (German Edition)

Titel: Gebannt: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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zumachte.
    Lincoln verschwand einen Augenblick lang in seinem Zimmer und kam mit einem Handtuch, einem T-Shirt und einer dünnen Jogginghose zurück.
    Er zuckte mit den Schultern und reichte mir die Sachen. » Ich glaube, du hast nichts mehr hier. Wenn du mir deine Kleider gibst, können wir sie für morgen in die Waschmaschine werfen.«
    Ich nickte und ging ins Bad.
    Ich nahm eine brühend heiße Dusche und nutzte die Zeit, mich wieder zu sammeln. Ich musste stark sein für Steph, ich musste sie zurückholen. In Schuldgefühlen konnte ich mich später noch suhlen – momentan würde es nicht weiterhelfen, sich all die schrecklichen Dinge auszumalen, die sie ihr antun konnten. Lincoln hatte recht. Sie würden erwarten, dass wir versuchten, sie heute Nacht zu befreien, und selbst wenn sie sie tatsächlich am Flughafen festhielten, den Phoenix noch immer als Operationsbasis zu verwenden schien, war dieses Flugzeug zu schwer bewacht. Wir brauchten Zeit für die Vorbereitung. Das Titan, mit der die riesige Antonow ausgekleidet war, beeinträchtigte noch immer unsere Sinneswahrnehmungen – behinderte sie, sodass wir nicht nur nicht wüssten, wo genau sich Steph aufhielt, sondern auch nicht, wie viele Verbannte uns dort erwarten würden.
    Ich zog die Kleider an, die Lincoln mir geliehen hatte, was tröstlich und zugleich qualvoll war. Sogar frisch gewaschen rochen sie noch nach ihm, nach seiner Kraft, die wie ein Sonnentag und schmelzender Honig war.
    Er war bereits in seinem Schlafzimmer, als ich die Tür aufmachte.
    Sein Blick schoss nach oben. » Sorry, ich hole mir nur ein paar Sachen.«
    Ich zuckte mir den Schultern. » Lass dir ruhig Zeit.«
    Das tat er natürlich nicht. Er ging rasch hinaus und verschwand ebenfalls im Bad.
    Ich war noch nie zuvor in seinem Schlafzimmer gewesen, nicht ohne ihn zumindest. Und ganz sicher hatte ich noch nie in seinem Bett geschlafen. Ich ertappte mich dabei, wie ich es erforschte, ich konnte einfach nicht widerstehen und strich mit den Händen über die Kurven des Holzbettes, über die weichen Baumwolllaken… Da war ein Bild von ihm als Kind, mit seiner Mutter, und eins mit ihr und jemandem, der wohl sein Vater sein musste. Ich nahm es in die Hand, dabei fiel hinten ein anderes Foto heraus. Mein Herz machte einen Satz und meine Hand fing an zu zittern – es war ein Schnappschuss von mir.
    Er hat ein Foto von mir!
    Es war vor Monaten aufgenommen worden, kurz vor meinem siebzehnten Geburtstag, kurz bevor ich alles herausfand. Ich sah so anderes aus, wie ich beim Klettern lächelnd in meinen Gurten hing. Jung.
    Ich hörte, wie die Dusche ausging, und stellte das Foto rasch zurück. Es änderte nichts.
    Ich ging ins Bett und setzte mich auf. Ich hörte, wie er aus dem Bad kam, dann dauerte es eine Weile, bis er seinen Kop f durch die Tür steckte. Vielleicht hatte er gar nicht noch mal zurückkommen wollen.
    » Gute Nacht, Vi«, sagte er. Er lächelte angestrengt und achtete darauf, die Schwelle nicht zu überschreiten.
    » Linc?«
    » Ja?«, erwiderte er.
    Bleib!
    » Danke.«
    Etwas huschte über sein Gesicht, und er betrachtete mich einen Augenblick lang, bevor er sagte: » Alles wird gut.«
    Ich hoffte verzweifelt, dass er recht hatte.
    Ich schlüpfte zwischen die Laken und drehte mich au f die Seite. Dabei hörte ich, wie die Tür leise geschlossen wurde, und eine längere Pause folgte, bevor ich hörte, wie sich seine Schritte au f dem Flur entfernten.
    Die nächste halbe Stunde biss ich mir au f die Lippe, setzte mich auf, wollte zu ihm gehen, ließ mich dann wieder aufs Bett fallen, beschloss stattdessen, meinen Kop f in seinem Kissen zu begraben und den köstlich-quälenden Duft einzuatmen, den nur er an sich hatte.
    Einmal schaffte ich es tatsächlich, aus dem Zimmer in den Flur hinauszugehen. Doch nach ein paar Schritten konnte ich hören, dass er auch noch wach war und im Wohnzimmer umherging, deshalb schlich ich mich wieder zurück in sein Schlafzimmer, machte die Tür hinter mir zu und zuckte zusammen, als sie klickte. Er würde wissen, dass ich herausgekommen war.
    Ich wartete und rechnete schon fast damit, dass er kommen und mich zur Rede stellen würde. Aber das tat er nicht, und ich hörte endlich auf, mich wie eine Verrückte zu benehmen, und fiel erschöpft in den dringend benötigten Schlaf, der nur wenige Stunden dauern sollte.

Kapitel Zehn
    » Wenn die wichtigsten Entscheidungen unseres Lebens fallen, ertönen keine Trompeten. Unsere Bestimmung gibt sich still zu

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