Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Titel: Gebannt - Unter Fremdem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
Vom Netzwerk:
und warf ihr ­einen verstohlenen Blick zu. Ihr Körper gehörte in eng geschnittene Kleider, nicht in Tarnkleidung. Er hatte zwar ein schlechtes Gewissen, weil er sie auf diese Weise anschaute, konnte aber nichts dagegen machen. »Zwei Bedingungen? Und die wären?«
    »Erstens musst du mir sagen, wie deine Stimmung im Moment ist.«
    Perry kaschierte seine Überraschung mit einem Hüsteln. »Meine Stimmung?« Das war keine gute Idee. Er suchte nach einer schonenden Methode, ihre Bitte abzuschlagen, und hörte sich einen Moment später antworten: »Ich könnte es ja mal versuchen.« Bestürzt fuhr er sich mit der Hand durchs Haar, schockiert darüber, worauf er sich soeben eingelassen hatte. »Also gut …« Er fummelte an seinem Verband herum. »So, wie ich Gerüche wahrnehme, sind sie viel mehr als nur verschiedene Aromen. Sie haben Gewicht und Temperatur. Manchmal sogar Farben. Ich glaube nicht, dass es bei anderen genau dasselbe ist. Meine Blutlinie väterlicherseits ist sehr ausgeprägt. Wahrscheinlich die stärkste von allen Witterern.« Er unterbrach sich, da er nicht angeberisch klingen wollte. Dann wurde er sich bewusst, dass seine Oberschenkel total angespannt waren. »Das heißt, meine Stimmung ist jetzt im Moment wahrscheinlich kühl. Und schwer. Aber so ist Kummer eben. Dunkel und dicht, wie Stein. Wie der Geruch, den ein feuchter Fels absondert.«
    Er blickte sie kurz an. Aria machte nicht den Eindruck, als wolle sie lachen, also fuhr er fort: »Da ist aber noch mehr. Meistens, jedenfalls sehr häufig … schwingen mehrere Aromen in einer Stimmung mit. Nervöse Stimmungen sind scharfe Gerüche. Wie Lorbeerblätter. Etwas Kräftiges, das in der Nase prickelt. Nervöse Stimmungen lassen sich schwer ignorieren. Es kann also gut sein, dass ich im Moment auch etwas Derartiges verströme.«
    »Warum bist du nervös?«
    Perry schaute lächelnd auf seinen Gips hinab. »Allein diese Frage macht mich schon nervös.« Dann zwang er sich, Aria anzusehen. Aber da ihm das auch nicht weiterhalf, heftete er seinen Blick auf die Lampe. »Ich kann das nicht, Aria.«
    »Dann hast du jetzt wenigstens eine Vorstellung davon, wie es sich anfühlt. Wie bloßgelegt ich mich in deiner Gegenwart fühle.«
    Perry lächelte. »Das war ein echt cleverer Trick von dir. Du willst also wissen, was mich jetzt nervös macht? Die Tatsache, dass du noch eine zweite Bedingung hast.«
    »Es ist keine Bedingung. Eher eine Bitte.«
    Aufs Äußerste angespannt, wartete er darauf, was sie als Nächstes sagen würde.
    Aria zog die Decke bis zum Kinn und kuschelte sich darunter. »Kannst du bitte hierbleiben? Ich glaube, ich würde besser schlafen, wenn du heute Nacht hierbleibst. Dann könnten wir sie gemeinsam vermissen.«
    Sein erster Impuls bestand darin, ihr zuzustimmen. Sie war wunderschön, wie sie so gegen das Kopfbrett gelehnt dasaß; ihre Haut wirkte glatter, sogar weicher als die Decke, die sie um sich gezogen hatte. Doch Perry zögerte. Das Gefährlichste, was ein Witterer tun konnte, war das Schlafen in unmittelbarer Nähe eines anderen Menschen. Denn in der Harmonie des Schlafs vermengten sich die Stimmungen. Sie vermischten sich und gingen ihre eigenen Bindungen ein. Auf diese Weise gaben Witterer sich hin, so wie es mit Talon und ihm geschehen war.
    Wieso er allerdings erst in diesem Moment daran dachte, konnte er nicht sagen. Eigentlich brauchte er sich keine Sorgen zu machen: Witterer gaben sich nur selten jemandem hin, der nicht dieselben Sinne besaß. Und sie war eine Siedlerin. Also alles andere als eine Witterin. Und er hatte schon seit über einer Woche ganz dicht neben ihr geschlafen. Welchen Unterschied würde da eine weitere Nacht machen?
    Perrys Blick zuckte erst zu dem weichen Teppich, dann zurück zu Aria. »Also gut, ich werde hierbleiben.«

Aria   | Kapitel Sechsundzwanzig
    Auf Marrons Wandbildschirm zeigte ein Countdown, wann er ihr Smarteye gefahrlos würde neu starten können. Er hatte ihr die rückwärtsschreitende Zeitzählung gezeigt, als er sie mit ­hinunter in den Nabel genommen hatte.
    Sieben Stunden, dreiundvierzig Minuten und zwölf Sekunden.
    Das war eine Schätzung, aber Aria wusste mittlerweile genug über Marron, um seine Angaben ernst zu nehmen. Verglichen mit dem Rest von Delphi wirkte der Raum karg und kühl: eine Ansammlung von Computern, ein Schreibtisch und ein Sofa. Irgendwie besaß er eine fast sakrale Atmosphäre. Aria hatte den Eindruck, als käme außer Marron sonst niemand hier

Weitere Kostenlose Bücher