Gebannt - Unter Fremdem Himmel
gesagt, dass ich hier oben bin?«, fragte Perry. Die Enttäuschung auf seinem Gesicht war verblasst.
»Rose.« Aria lächelte. »Sie hat mir so einiges erzählt.«
Perry zuckte zusammen. »Tatsächlich? Was hat sie denn gesagt? Nein, verrat es mir nicht. Ich will es gar nicht wissen.«
»Stimmt. Das willst du wirklich nicht.«
»Aah … das ist grausam. Jetzt trittst du noch auf mich ein, während ich schon am Boden liege.«
Sie lachte, und dann verfielen beide in Schweigen. Ein Schweigen, das allerdings nicht unangenehm war.
»Aria«, setzte er nach einer Weile an, »ich würde gern mit dir zusammen warten, bis das Smarteye repariert ist, aber da unten, im Nabel, halte ich es nicht aus. Jedenfalls nicht lange. So tief unter der Erde werde ich ganz hibbelig.«
»Es macht dich hibbelig ?« Für jemanden, der eine solch tödliche Gefahr darstellen konnte, verwendete er manchmal Wörter, die ihr ausgesprochen kindlich erschienen.
»Zappelig. So, als könnte ich nicht still sitzen.«
Sie lächelte. »Kann ich hier oben mit dir warten?«
»Gern. Darauf hatte ich gehofft«, grinste er, schob die Beine unter dem Holzgeländer hindurch und ließ sie über den Rand baumeln.
Aria setzte sich im Schneidersitz neben ihn.
»Das ist mein Lieblingsort in Delphi. Nirgends kann man den Wind besser wahrnehmen als hier oben.«
Als eine Brise sie streifte, schloss sie die Augen, um zu verstehen, was er meinte. Sie roch Rauch und Kiefern im kühlen Windzug, der gleichzeitig die Härchen auf ihren Armen aufrichtete.
»Wie geht es deinen Füßen?«, erkundigte Perry sich.
»Noch immer ein bisschen wund, aber schon viel besser«, erklärte sie, gerührt von der schlichten Frage. Bei Perry war das kein Small Talk – er sorgte sich wirklich um die Menschen in seiner Umgebung. »Talon kann von Glück reden, einen Onkel wie dich zu haben«, sagte sie.
Perry schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist meine Schuld, dass er entführt wurde. Ich versuche nur, es wiedergutzumachen. Mir bleibt keine andere Wahl.«
»Wieso?«
»Wir sind einander hingegeben. Unsere Stimmungen sind miteinander verwoben. Ich fühle, was er fühlt – statt es nur zu riechen. Und ihm geht es genauso.«
Aria konnte sich nicht vorstellen, mit einem anderen Menschen auf diese Art verbunden zu sein. Und sie musste unwillkürlich an Roars und Roses Worte denken … dass Witterer sich an ihresgleichen hielten.
Perry beugte sich vor und verschränkte die Arme über dem Geländer. »Von ihm getrennt zu sein, ist so, als wäre ein Teil von mir nicht mehr da.«
»Wir werden ihn finden, Perry.«
Er ließ das Kinn auf das Geländer sinken. »Danke«, sagte er, während er die Augen auf den Hof geheftet hielt.
Arias Blick wanderte zu seinem Arm. Wegen des Verbands hatte er die Ärmel hochgekrempelt. Eine kräftige Ader durchzog seinen muskulösen Bizeps. Eine seiner Tätowierungen erinnerte an ein Band mit gezackten Kerben. Die andere bestand aus wellenförmig fließenden Linien. Aria verspürte den Drang, sie zu berühren. Ihre Augen tasteten sein Profil ab, folgten der kleinen Erhebung auf seiner Nasenwurzel, wanderten zu der schmalen Narbe am Rand seiner Lippe. Irgendetwas in ihr wollte mehr berühren als nur seinen Arm.
Als Perrys Kopf ruckartig zu ihr herumfuhr, erkannte sie, dass er es wusste . Ihre Wangen wurden glühend heiß. Auch ihre Verlegenheit würde er wahrnehmen.
Hastig wandte sie sich dem Dachrand zu, ließ genau wie er die Beine herunterbaumeln und gab vor, sich für das Treiben unter ihnen zu interessieren. Der Hof war nun lebendiger; hier und da bewegten sich Menschen. Mit geübten Hieben spaltete ein Mann mit einer Axt Feuerholz. Ein Hund bellte ein junges Mädchen an, das etwas in die Höhe hielt, außerhalb seiner Reichweite. Aber sosehr Aria sich auch auf den Hof zu konzentrieren versuchte, spürte sie doch die ganze Zeit Perrys Aufmerksamkeit auf sich ruhen.
»Was wirst du tun, sobald du Talon gefunden hast?«, wechselte sie rasch das Thema.
Er nahm wieder eine entspannte Haltung am Geländer ein. »Ich werde ihn nach Hause bringen und dann meinen eigenen Stamm gründen.«
»Wie denn?«
»Es geht darum, Männer für sich zu gewinnen. Man sucht sich jemanden, der entweder freiwillig bereit ist oder aber gezwungen wird, sich dir anzuschließen. Dann noch einen und so weiter. Bis man eine Gruppe um sich geschart hat, die groß genug ist, dass man Land abstecken kann. Und, wenn es sein muss, auch darum kämpfen kann.«
»Wie werden sie
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