Gebieter der Träume
die Schläfen. Dieser Tag war ganz wunderbar gelaufen. Sie konnte kaum erwarten, was als Nächstes passieren würde.
9
M’Ordant ging langsam durch den Flur, der zum Onethalamos führte, falls irgendjemand zusah. Im Onethalamos versammelten sich die drei Führer der Dream-Hunter, M’Ordant, D’Alerian und M’Adoc, um Politik zu machen und Frieden zu halten.
Und um Todesurteile zu fällen.
In diesem Raum befanden sich, vor den anderen Göttern sicher und eifrig bewacht, alle Geheimnisse, für die diese drei töten würden – und für die sie auch schon getötet hatten.
Ein Geheimnis bestand darin, dass die drei nicht länger vom Fluch des Zeus betroffen waren. Ihre Gefühle waren zurückgekehrt. Mit jedem Jahr, das verging, nahmen ihre Gefühle zu, und damit auch die Notwendigkeit der Dream-Hunter, sie zu schützen. Denn außerhalb des Onethalamos durfte niemand davon erfahren.
Im Onethalamos selbst hingegen war alles möglich.
M’Ordant trat durch die riesigen goldenen Türen ein und warf sie durch die Kraft seiner Gedanken zu.
M’Adoc sah mit hochgezogenen Augenbrauen von seinem Buch hoch. »Vorsicht, adelphos, s onst bekommt noch jemand mit, dass du Gefühle hast – nämlich schlechte Laune.«
»Ja, und in ungefähr drei Sekunden wirst du die auch haben.«
M’Adoc legte das Buch zur Seite, lehnte sich in seinem gepolsterten Stuhl zurück und sah M’Ordant misstrauisch an. »Was soll das heißen?«
»Wir haben einen Abtrünnigen.«
M’Adoc lachte. »Und was ist diesmal anders als sonst?«
M’Ordant ging auf ihn zu. »Wir reden hier nicht von einem unserer Leute, der ein Skotos geworden ist. So einfach ist die Sache nicht. Nein, einer unserer Skoti ist ein Mensch geworden.«
Es dauerte einige Sekunden, bis M’Adoc diesen Schock überwunden hatte. »Wie bitte?«
M’Ordant holte tief Luft und setzte zu einer Erklärung an. »Arikos hat einen Handel mit Hades abgeschlossen. Er wollte für ein paar Wochen ein Mensch werden. Der Preis dafür ist eine menschliche Seele.«
M’Adoc wurde erst blass und dann rot vor Zorn. »Was macht er denn da?«
»Er versaut uns alles.« M’Ordant schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ich schwöre, und Zeus ist mein Zeuge, dass ich ihm die Glieder einzeln aus dem Leib reißen werde. Wie konnte er nur so verdammt blöd sein?«
M’Adoc schüttelte den Kopf. »Genug mit vulgären Rachefantasien. Ich weiß, dass du gern darin schwelgst, aber das reicht erst mal.« Er knurrte tief in der Kehle, damit M’Ordant wusste, dass auch er Arikos am liebsten Eier, Kopf und Knochen zerquetschen würde. »Zeus und die anderen werden sich fragen, wie Arik eine so starke Begierde entwickeln konnte, dass er dafür einen Handel mit Hades abgeschlossen hat.«
»Ja, und wir werden dafür bezahlen, wenn sie mit ihren Nachforschungen erst mal bei uns gelandet sind. Wenn sie je herausfinden sollten, dass der Fluch mit der Zeit nachlässt …« Er beendete den Satz nicht – das war gar nicht nötig. M’Ordant, M’Adoc und D’Alerian waren die Ersten gewesen, die auf Befehl von Zeus bestraft worden waren. Und zwar für die Fähigkeiten der Oneroi, Träume zu manipulieren, um selbst einen Nutzen daraus zu ziehen.
Bis zum heutigen Tag konnten diese drei noch den Schmerz und die Demütigung der Folter spüren. Sie selbst hatten sich des Verbrechens gar nicht schuldig gemacht, aber an ihnen wurde zur Abschreckung für die anderen ein Exempel statuiert. Wenn es zu einer Bestrafung kam, konnte nichts gegen einen griechischen Gott ankommen, der auf Rache aus war. Das war es, was die drei des Nachts wach hielt. Sie kontrollierten die Skoti, um sicherzugehen, dass diese die Gesetze nicht verletzten, die Zeus ihnen auferlegt hatte. Die drei hätten alles getan, um nicht noch einmal die erbarmungslose Hölle durchleben zu müssen, durch die sie einst gegangen waren. Denn sie wären diejenigen, die die Götter erneut bestrafen würden, wenn sie je erfuhren, welche Geheimnisse M’Ordant, M’Adoc und D’Alerian hatten.
Niemand würde bei ihnen Gnade walten lassen, und das wussten sie genau.
»Weiß noch irgendjemand von der Sache?«
»Nur Hades und wir.«
»Wie hast du es herausgefunden?«
M’Ordant richtete sich auf und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, Hades und Hypnos im Auge zu behalten.« Diese beiden waren die bösartigsten Götter gewesen. »Wenn sie schlafen, bin ich jede Minute dabei. Sie bemerken natürlich nicht, dass ich
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