Gebieter meines Herzens: Sie war einem anderen versprochen - doch er entflammte ihre Leidenschaft (German Edition)
zehn Fuß Abstand. Sie waren beide an Anstand und Sitte gebunden, auch wenn sie dagegen rebellierte. Insbesondere, seit sie die ihr aufgezwungenen Regeln befolgt hatte und diese ihr zur Falle geraten waren.
»Wann ist bald?«
Wie beharrlich er war.
»In einigen Wochen.« Sie schaute nach unten. Seltsam – obwohl sie ihre Füße in der Dunkelheit nicht sehen konnte, wusste sie doch, dass sie da waren. Sie konnte auch ihr Herz nicht sehen und wusste doch, dass es in ihrer Brust schlug. Sie konnte ihren Humor nicht sehen und verspürte doch Erheiterung.
Ihr Blick glitt zu James hinüber. Wie töricht, etwas für einen Mann zu empfinden, den sie erst seit ein paar Tagen kannte.
Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Harold durch den Wald wandern würde, wie James es getan hatte, oder sie ebenso interessiert ansehen, wie er es getan hatte, als sie ihm die verschiedenen Weidegründe für die Schafe zeigte. Oder mit ihr am Wasserfall schweigen und der Stimme der Natur lauschen.
Manchmal war Neugier eine lästige Eigenschaft. Besonders, was diesen Mann anging. Sie wollte alles über ihn wissen. Welche Farben er mochte, welche seine Lieblingsjahreszeit war. Bevorzugte er einen bestimmten Dichter oder Romancier? Womit verbrachte er seine Abende? Mit Spielen oder Lesen, in Gesellschaft oder lieber allein? Spielte er Karten? Was belustigte ihn oder regte ihn zum Nachdenken an? Jede für sich gesehen, waren diese Fragen nicht unziemlich, aber alle zusammen wären zu persönlich.
Sie sollte derlei über Harold wissen wollen. Dabei vermied sie nach Möglichkeit schon den bloßen Gedanken an ihren Verlobten.
Plötzlich kam James zu ihr herüber und nahm sie beim Arm. Riona blieb stehen. Er war ihr so nahe, dass sie seine Wärme spüren konnte und die Seife riechen, die er für seine Abendrasur benutzt hatte.
Er hob die Hand, und ehe Riona sich’s versah, fuhr er mit dem Finger von ihrer Schläfe zu ihrem Kinn. Als wäre er ein Hexenmeister, durchfuhr seine Berührung sie wie ein glühend heißer Blitz, machte sie unfähig, sich zu rühren. Und so stand sie regungslos da wie ein Porzellanfigürchen und ließ ihn gewähren, und auch als er seine Hand wegnahm, verharrte sie wie verzaubert.
»Warum habt Ihr das getan?«, flüsterte sie, als sie ihre Stimme wiederfand.
James schaute ernst auf sie herunter. »Ich bin einer Eingebung gefolgt. Vergebt mir.«
Das war alles, was sie als Erklärung bekam? Was hätte er getan, wenn sie ihrer Eingebung gefolgt wäre, sein Gesicht gestreichelt hätte, mit dem Daumen seine volle Unterlippe nachgezeichnet?
Harold. Vielleicht könnte sie, indem sie sich im Stillen seinen Namen vorsagte, ein wenig Vernunft und Schicklichkeit in ihr Leben zurückholen. Aber es war einfach zu leicht, ihn zu ignorieren. Sie wünschte, es wäre Tag, und sie könnte in James’ schönen Augen lesen.
Aber wenn Tag wäre, würde sie doch nicht so hier stehen, oder? Sie würde Zurückhaltung und Wohlanständigkeit üben und all die anderen Eigenschaften, deren sich zu befleißigen ihr in seiner Gegenwart so schwerfiel.
Kapitel 12
G erade, als ihn seine Gefühle zu übermannen drohten, hörte er Blätter rascheln, und im nächsten Augenblick knallte ein Schuss. James stieß Riona in den Schutz der Bäume, wo sie zu Boden stürzte und er auf die Knie.
»Was war das?«, fragte sie erschrocken.
»Jemand hat auf uns geschossen.«
»Auf uns geschossen?«, wiederholte sie ungläubig.
Er war zwar überrascht, aber für ihn gab es keinen Zweifel, denn ihm war ein derartiger Anschlag schon einmal widerfahren. Und wieder hatte der Schütze schlecht gezielt.
»Ihr bleibt hier«, befahl er, stand auf und verließ den Schutz des Waldes. Er würde sich den Kerl vornehmen. Nicht nur war er es leid, dessen Ziel zu sein, entscheidend war, dass die Kugel Riona hätte treffen können.
»Was werdet Ihr tun?« Sie stand neben ihm und wollte sich ihm offenbar anschließen.
»Ich habe doch gesagt, Ihr sollt hierbleiben. Die Dunkelheit schützt Euch.« Er legte die Hand an ihre Wange. »Versprecht mir, dass Ihr gehorcht.« Sie nickte.
Er folgte dem Pfad auf dem Hügelkamm, blieb stehen, weil er jemanden rennen hörte. Dann sah er einen Schatten aus einer Baumgruppe hervorbrechen und folgte ihm den Weg zum Kornspeicher hinunter. Bevor er ihm entwischen konnte, stürzte James sich auf ihn, und sie fielen beide zu Boden.
James holte aus und versetzte dem anderen einen so heftigen Kinnhaken, dass ihn seine Fingerknöchel
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