Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gebissen

Gebissen

Titel: Gebissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
Vom Netzwerk:
und natürlich war ihm Silberschmuck lieber als Gold. Sie hat einen miesen Geschmack, dachte er, aber er wollte um alles in der Welt mit ihr ins Bett.
    Bilder zuckten durch sein Hirn, die ihm zeigten, wie er sie jetzt gleich hier auf dem Tresen nahm. Die schwere Musik mit den harten Gitarrenriffs wurde zu einem dumpfen Pochen in seinen Ohren, treibend wie sein Herzschlag. Er wollte sie flachlegen, sie vor sich knien sehen und zugleich in diese Augen schauen. Begehren und instinktive Abneigung mischten sich, tief in sich wollte er dieser hochnäsigen, arroganten Schlampe den miesen Geschmack aus dem Leib vögeln, er wollte sie flachlegen, um sie zu zähmen. Das war es, sie zähmen. Sie zureiten, dachte er kurz, und an jedem anderen Abend hätte er schallend über diese Formulierung gelacht, doch nicht heute. Er wollte es ihr zeigen, bis sie schrie, und dann tauchten diese Gedanken wieder ab in dem Chaos in seinem Innern, dem Strudel aus Begierde und Hass. Ihre Schönheit trieb ihn in den Wahnsinn, aber er nahm einfach nur ihre Hand und drückte sie höflich, wie es ihm entsprach, und hoffte, dass seine nicht zu schweißig war und nicht zu sehr zitterte. Dass sie sein Verlangen nicht allzu deutlich spüren konnte.
    Ihr Händedruck war fest, die Berührung ließ seinen ganzen Arm kribbeln.
    »Freut mich. Freut mich sehr.« Er drängte die Bilder zurück, die ihn wieder überschwemmten, schluckte und lächelte einfach weiter. »Bist du öfter hier?«
    »Ab und zu. Aber das ist ohnehin nicht meine Art.«
    »Was?«
    »Irgendwo öfter zu sein. Ich liebe die Abwechslung, bin mal hier und mal da, wohin es mich gerade verschlägt.« Jetzt fiel ihm auf, dass sie einen leichten Akzent hatte, den er nicht einordnen konnte. Französisch wie ihr Name war er jedoch nicht.
    »Klingt spannend. Aber gibt es so viele gute Clubs in Berlin? Die Stadt ist groß, aber ...«
    »Noch gibt es für mich welche zu entdecken, ich wohne noch nicht lange hier.«
    »Woher kommst du dann?«, rutschte es ihm heraus, und sofort verfluchte er sich. Das war die Standardanmache, die Standardfrage für den Beginn eines dieser typischen langweiligen Kennenlerngespräche, die auf Sex erst nach dem dritten bis siebten Treffen hinausliefen, und da auch nur vielleicht. Eine dieser Wir-lassen-es-langsam-angehen- Fragen , Interesse an der Vergangenheit des anderen heucheln, statt das Interesse am Hier und Jetzt und der heutigen Nacht zu bekunden. Sie würde von ihrem Dorf erzählen und nach seinem fragen, keiner das des anderen kennen, und dann, was er so mache, beruflich. Blablabla. Weder mit seiner Herkunft noch mit seinen vielen kleinen Jobs würde er groß punkten können. Nicht bei ihr.
    Der Barkeeper stellte ihm seinen Caipirinha vor die Nase, und Alex bemerkte in dem Moment, dass Danielles Glas zu zwei Dritteln leer war. »Willst du auch noch einen?«
    »Danke, aber ist ja noch halb voll.«
    »Halb leer.«
    »Ach so einer bist du.«
    »Was für einer?«
    »Ein Pessimist.«
    »Realist.«
    »Das antworten sie immer.«
    »Mag sein. Aber wie könnte ich Pessimist sein, wo ich eben mit der schönsten Frau im ganzen Laden rede? Ich will einfach nicht glauben, dass sie den Drink ausschlägt, den ich ihr spendieren will.«
    »Na, dann.« Sie sog wieder an ihrem Strohhalm und sah ihm dabei herausfordernd in die Augen. Das machte sie mit Absicht. »Dann muss ich wohl annehmen.«
    Alex bestellte ihr einen Swimmingpool, und dann sprachen sie weiter über Cocktails, Musik, Berlin und die Welt, die Wo-kommst-du-her ?-Frage war vergessen.
    Einmal kam Koma vorbei, holte drei Bier und zog mit vor Staunen offenem Mund, aber grinsend wieder ab, ohne ein Wort zu sagen, breitbeinig wie John Wayne.
    Nicht mehr ganz so viele Blicke wie zuvor wanderten zu Danielle, oder hatte sich Alex das vorher nur eingebildet? Die Männer hielten ihre Frauen im Arm, keiner schielte zum Tresen, nur die einsamen Jungs, die nicht die Tanzenden beobachteten.
    Inzwischen war die Musik elektronischer geworden, und mit jedem Song beugte sich Alex näher an Danielles Ohr, um nicht schreien zu müssen, wie er sagte, aber in Wahrheit, um ihr einfach näher zu sein. Mit der Nase berührte er ihre vollen blonden Haare, die trotz der stickigen Luft frisch rochen, nach Gewitter im Frühling. Ihr Parfüm dagegen war süß und schwer und roch einfach nach Sex. Zumindest für ihn, ein anderer hätte bestimmt eine exotische Blume genannt, aber Alex kannte keine Blumen, dafür interessierte er sich nicht.
    Er

Weitere Kostenlose Bücher