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Gebissen

Gebissen

Titel: Gebissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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Augen musterte er die Umgebung.
    Als er bemerkte, dass auch er beobachtet wurde, wandte er sich Alex zu und starrte ihn an. Drei, vier, fünf Sekunden lang, Augen wie ein Hai. Ein hungriger Hai. Dann flackerte der Blick des Mannes überrascht. Kaum merklich nickte er Alex zu. Es war kein freundliches Nicken, und es wurde von einem Zucken im Mundwinkel begleitet.
    Kannte der Typ ihn? Alex konnte sich nicht erinnern, ihn je getroffen zu haben. Aber als DJ sprach er mit mehr Leuten, als er sich merken konnte.
    »Ich komme«, sagte Lisa in diesem Augenblick und legte ihr Handy ab. Zerknirscht sah sie Alex an: »Es tut mir schrecklich leid, aber ich muss gehen.«
    Langsam wandte er den Blick von dem Mann ab, es dauerte einen Moment, bis er begriff, was sie gesagt hatte. Dann stotterte er: »Was? Sorry. Schade, ja, tut mir auch leid ... Ist was passiert?«
    »Sandy. Meine Mitbewohnerin, die Freundin von letzter Woche, du erinnerst dich? Sie hat Ärger mit ihrem Ex.«
    »Schlimm?«
    »Ja. Ich muss wirklich ... Können wir uns in den nächsten Tagen noch mal treffen?« Sie klang tatsächlich enttäuscht. Entweder war sie eine gute Schauspielerin, oder der Anruf war ein echter Hilfeschrei gewesen, kein unter Freundinnen abgesprochenes Telefonat, das als rettende Ausrede zur Befreiung aus einem langweiligen Date diente.
    Alex nickte und winkte den Kellner herbei, Lisa ging noch einmal auf die Toilette. Neugierig sah er zu der Laterne hinüber, doch der Typ war verschwunden. Was für ein schräger Vogel, sogar ein wenig unheimlich.
    »Gute Wahl«, sagte plötzlich eine tiefe Stimme, und der Mann, der eben noch an der Laterne gelehnt hatte, stand neben seinem Tisch.
    »Was?«
    »Gute Wahl.«
    Alex starrte ihn an, dann sein leeres Bierglas. Instinktiv erhob er sich, auch wenn es nicht ganz reichte, um auf gleiche Augenhöhe zu kommen.
    »Hier in Berlin teilen wir halbe-halbe, denk daran. Du bist Gast.« In den kalten Hai-Augen regte sich nichts. Waren die Augen wirklich der Spiegel zur Seele, dann besaß dieser Fremde keine.
    »Halbe-halbe?«, wiederholte Alex irritiert. Was und mit wem sollte er überhaupt teilen? Und wessen Gast sollte er angeblich sein?
    Plötzlich packte ihn das Gefühl, etwas verteidigen zu müssen - sein Revier, seine Frau, seinen Stolz, was auch immer. Abgrundtiefe Abneigung gegen diesen Spinner wallte in ihm auf, ja fast schon Hass. Er fühlte sich von ihm stärker bedroht als von allen anderen Spinnern, denen er je begegnet war, und ihn packte der starke Impuls, ihn wegzustoßen. Etwas in Alex wollte ihn mit aller Gewalt zusammentreten, bis er blutend im Rinnstein lag, aber er riss sich zusammen. Natürlich riss er sich zusammen. Er war noch nie der Typ gewesen, der sich ständig prügelte, doch dieser Kerl reizte ihn einfach durch seine Anwesenheit, seine arrogante Haltung, die kalten Augen und das dumme Geschwätz. Sein Aftershave roch nach frisch aufgeworfener Erde, nach Kompost, und irgendwas schwang darin mit, das Alex beinahe ausrasten ließ.
    Was war nur los mit ihm?
    Erst bei Danielle und jetzt das hier. Zähneknirschend riss er sich zusammen.
    »Halbe-halbe«, wiederholte der Hagere und nickte, ihre Gesichter waren nur zwei Handbreit voneinander entfernt. Plötzlich zitterten seine Nasenflügel, seine Stimme klang aufgeregt: »Nephilim ... Du riechst nach Nephilim. Ist sie eine? Das kann doch nicht sein, oder?«
    »Nein«, knurrte Alex, ohne nachzudenken. Dabei starrte er unverwandt in die Haiaugen und erwartete, dass der Typ ein Messer ziehen würde, eine Pistole, vielleicht auch einen Morgenstern oder eine Giftspritze. Er war eindeutig verrückt.
    »Du verdammter Glückspilz!« Wieder flackerte der Blick des Hageren. »Ein Nephilim. Wir brauchen einen, weil... Egal, wir brauchen einfach einen, hier in Berlin. Was ist mit deinem?«
    »Hey, Mann, ich weiß nicht, was du von mir willst.« Alex atmete schwer, er ballte die Hände zu Fäusten und öffnete sie wieder. Adrenalin pumpte durch seinen Körper.
    »Deinen Nephilim. Hast du ihn ...?«
    Wenn Alex schnell zuschlug, könnte er ihm die Nase brechen, so dass das Blut über den ganzen Fußweg spritzte ...
    Er kannte niemanden, der sich nach den biblischen Nephilim nannte. Der Typ war einfach neben der Spur. Eine Fahne konnte Alex nicht riechen, aber was hatte das schon zu bedeuten. Er musste ihn loswerden, sofort, sonst gab es eine Schlägerei. Also sagte er: »Ich weiß nicht, wo er ist.«
    »Du hast ihn also entkommen lassen?« Die

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