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Gebissen

Gebissen

Titel: Gebissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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nicht kurzen Röcken hinterher wie sonst, sondern freien Hälsen. Speichel lief ihm im Mund zusammen, doch der Drang zuzubeißen war schwächer ausgeprägt als vorhin bei Lisa. Dennoch war er vorhanden.
    An der roten Ampel stand er hinter drei jungen Frauen, schloss so weit auf, wie er konnte, ohne sie zu berühren. Die in der Mitte hatte kurze blondierte Haare und einen freien Nacken. Erregt sog er ihr Sandelholz- und-Rosen-Parfüm ein, sie hatte geschwitzt, war gerannt oder hatte getanzt. Mit ihren Freundinnen sprach sie über irgendeine Fernsehserie, kichernd und mit Begeisterung. Als die Ampel auf Grün schaltete, wartete Alex einen Moment, hielt zwei, drei Schritte Abstand. Doch es half nichts, sie liefen in die Danziger Straße hinein, weiter vor ihm her, schon vier oder fünf Schritte voraus, und er starrte ihnen weiter auf die freien Nacken, allen dreien. Kurzentschlossen beschleunigte er und überholte, aus den Augenwinkeln sah er, dass sie hübsch waren. Die linke mit den schwarzen Locken trug eine Sonnenbrille.
    Er lief weiter, doch natürlich wimmelte es auf der Danziger nur so von schönen Hälsen. Eigentlich musste er der Straße folgen, aber das würde er nicht schaffen, nicht ohne doch noch jemanden anzufallen oder über den Gedanken daran auszurasten. Er bog rechts in die Knaack-Straße ein, weg, nur weg von den Partyhorden. Er fiel in einen Laufschritt und bog bei nächster Gelegenheit links ab, in eine dieser schmalen Straßen, die parallel zur Danziger verliefen, nur wenige Kneipen oder Cafés aufwiesen und entsprechend kaum Passanten.
    Schwer atmend blieb er stehen und spuckte aus. Wie wurde er diese verdammten Gedanken wieder los? Sie saßen wie Fremdkörper in ihm fest und lechzten danach, die Kontrolle zu übernehmen. Wütend schlug er mit der Faust gegen eine Hauswand, so fest, dass er zu Boden rieselnden Putz zu hören vermeinte.
    »Autsch«, knirschte er. Schmerz stach ihm in die Fingerknöchel, er hätte nicht so fest zuschlagen sollen. Instinktiv hob er die Hand an den Mund, er schmeckte Blut, warmes, bitteres Blut. Sofort riss er sie wieder fort.
    Vielleicht hatte ihm jemand was ins Bier getan, irgendeine Pille, etwas, das die Sinne verstärkte, schließlich hatte er ja auch geglaubt, Lisas Erregung zu riechen. Er fühlte sich zwar einigermaßen klar im Kopf, nicht so breiig wie nach zu viel Alkohol, nicht breit wie nach einer Tüte, aber gerade synthetische Drogen hatte er nicht genug probiert, um seine wirren Wünsche irgendwo zuordnen zu können. Natürlich, das war eine Möglichkeit - vielleicht rührte seine plötzliche Begeisterung für aufgerissene Hälse und Blut von irgendeinem Stoff her. Er würde einfach bis morgen abwarten, erst mal schlafen, dann würde er ja sehen, ob er noch immer so kranke Ideen im Kopf hatte oder nur einen fetten Kater und Brummschädel.

9
     
    Pressemeldung der Berliner Polizei
     
    Eingabe: 10.05.2009 - 13:40 Uhr
    Mann mit Messer verletzt – Festnahmen Neukölln
    # 1217
    Ein 21-jähriger Mann ist gestern Abend bei einer  Auseinandersetzung in Neukölln mit einem Messer verletzt worden.
    Ersten Erkenntnissen und den Aussagen mehrerer Zeugen zufolge wurde das Opfer gegen 21:30 Uhr in der Werbellin-Straße von einem 23-Jährigen und dessen 29-jähriger Lebensgefährtin nach einer intensiven verbalen Auseinandersetzung mit Messern angegriffen. Bei dem Angriff erlitt der 21-Jährige Stichverletzungen und Schnittwunden am Hals, an der Schulter und beiden Unterarmen und verlor in Folge der Verletzungen viel Blut. Alarmierte Polizeibeamte nahmen das Paar noch am Tatort fest. Der 23-Jährige schnitt sich offenbar bei der Tat selbst so stark in das Handgelenk, dass er in ein Krankenhaus gebracht wurde, wo er ambulant behandelt werden musste. Der 21-Jährige  wurde operiert und befindet sich noch immer in stationärer Behandlung.
    Die Ermittlungen zu den Hintergründen der Tat dauern an. Die Kriminalpolizei der Direktion 5 hat die Ermittlungen übernommen.

10
    Die riesige graue Halle hat die Form eines Sargs und weder Fenster noch Lampen an der Decke, dennoch herrscht dämmriges Licht. Wie in einem Gewächshaus durchmessen streng parallel angelegte Reihen mit Pflanzwannen aus grauem Alu die Halle der Länge nach, eine neben der anderen. Doch wachsen keine Blumen, Kräuter oder Kakteen aus der schwarzen Erde, vielmehr dient diese als Liegestatt für nackte, gefesselte Menschen. Reglos liegen sie da, die Augen voller Angst aufgerissen, auch die Münder, doch

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