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Gebissen

Gebissen

Titel: Gebissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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nach Kaffee und Galle.
    »Es gab in letzter Zeit eine Handvoll Verbrechen, bei denen außergewöhnlich viel Blut vergossen wurde, bei denen das Opfer richtig ausgeblutet wurde, doch sie fanden in unterschiedlichen Vierteln statt. Er trinkt einfach überall«, fuhr Danielle fort, während Alex feststellte, dass sich sein Herzschlag stark beschleunigte und Koma angerufen hatte.
    Ruf mich zurück. Es ist dringend.
    Vielleicht ging es um die tote Ratte, vielleicht hatte Koma ja noch irgendwas bemerkt, das ihnen jetzt weiterhelfen konnte. Also rief er zurück. Doch Koma war angetrunken und erzählte etwas von einer Razzia im Last Cathedral, bei der Polizisten nach Satanisten gefahndet hatten.
    »Wo bist du? Lass dir helfen!«, forderte Koma noch, aber Alex wiegelte ab, sagte, es habe sich alles geklärt, niemand sei mehr in Gefahr. Koma war ein Mensch, ihm würde ein Vampir ohne Anstrengung das Genick brechen können. Das würde Alex nicht zulassen, er würde keinen Freund hineinziehen, der sich nicht wehren konnte.
    Als er aufgelegt hatte, wurde ihm bewusst, dass er zum ersten Mal nicht mehr von sich als Mensch gedacht hatte.
    Drei Millionen mögliche Tote, ihm war kotzübel von dem Kaffeepulver, und für Lisa war wohl alles zu spät, wahrscheinlich war sie bereits ein Vampir, eine blutsaufende Dienerin des Berliner Blutvaters, eine Ameise aus einem anderen Staat. Arbeiterin oder Kriegerin des wie eine Königin in der Erde thronenden Blutvaters. Bei ihrem nächsten Aufeinandertreffen würde sie ihn töten wollen. Sein Herz schlug wie wild, und er schmetterte die Tasse gegen die Wand, so dass sie in tausend Splitter zerbarst. Das tat gut.
    »Hey!« Danielle zuckte überrascht zusammen.
    »Was ist?« Alex spie die Worte aus, er wollte irgendwen zur Sau machen.
    »Nichts«, sagte Danielle mit leiser Stimme und hob beschwichtigend die Hände. »Ich hör mal drüben Radio, ob sich irgendwas tut, und wühl mich noch mal durch die Websiten der Berliner Zeitungen.«
    »Ja, mach das!«, motzte er ihr hinterher.
    Drei Millionen.
    Diese verfluchte Zahl lähmte ihn. Lisa zu retten, war eine klare Sache gewesen, etwas, dem er sich gewachsen fühlte, und selbst da hatte er wohl schon versagt, aber drei Millionen?
    Drei Millionen waren unvorstellbar.
    Drei Millionen, das wären die Opfer, wenn sie den Blutvater stoppen konnten, nachdem er erwacht war. Und was, wenn sie ihn gar nicht stoppen konnten? Wie viele würden dann sterben?
    Er sprang zur Spüle und übergab sich. Bitterer Speichel und galliges Kaffeepulver schwappten ins Becken, vermengt mit halbverdauten Essensresten. Irgendwen musste er jetzt zur Sau machen, es half nichts. Er rief Salle an.
    »Ja?«, meldete der sich. Er klang verschlafen, wahrscheinlich hatte Alex ihn aus dem Bett geholt. Gut! »Weißt du, wie spät es ist?«
    »Ja, weiß ich! Weißt du, was im Last Cathedral geschehen ist?«
    »Was für ein Kassidrel?«
    »Last Cathedral! Die Bar in Mitte. Eine Razzia!«
    »Was?« Salle räusperte sich, er klang noch immer nicht wacher, nur verwirrter.
    »Bullen haben den Laden geschlossen, weil sie nach Satanisten gesucht haben! Eine harmlose kleine Bar! Und wer hat mir gepredigt, den Artikel mit den Gothics und den Satanisten nimmt doch keiner ernst? Alles unwichtig, es gehe doch nur um halbnackte Mädels, Verkaufszahlen, ein bisschen scheinheilige Empörung bei irgendwelchen Omas, und darum, die eigenen Kinder zu ernähren! Warum druckst du Artikel, wenn du meinst, dass die keiner ernst nimmt! Was haben solche Artikel denn für einen Sinn?«
    »Mach langsam, bitte«, quengelte Salle. »Ich versteh gar nichts. Was ist los? Die haben wirklich eine Gothic-Kneipe gestürmt?«
    »Meinst du, ich ruf zum Spaß an?« Es tat so gut zu schreien. Mit hämmerndem Herzen ging er in der Küche auf und ab. Das Blut raste durch seine Adern, der linke Wadenmuskel zitterte wie nach sportlicher Überanstrengung.
    »Aber eine Satanisten-Razzia in einer geöffneten Kneipe ist doch Schwachsinn.« Noch immer klang Salle verwirrt. »Wer tut so was?«
    »Vielleicht will sich irgendein Staatsanwalt nach der ganzen Medienhetze profilieren. Den Namen in der Zeitung sehen.«
    »Hetze ist ein bisschen viel ...«
    »Ach ja?«
    Stille am anderen Ende. Salle atmete tief durch, dann sagte er: »Okay. Ich setz mich morgen dran und schau mal, was ich schreiben kann. Irgendeinen Kommentar online, und dann einen Artikel für die Printausgabe. Ich rück das wieder gerade. Gleich neben dem Artikel zu dieser

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