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Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Titel: Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Gruberová , Helmut Zeller
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nach Płaszów deportiert, das seit 1942 als Zwangsarbeitslager für Juden aus dem aufgelösten Krakauer Getto in zweieinhalb Kilometer Entfernung eingerichtet wurde. Seit Januar 1944 war Płaszów ein eigenständiges Konzentrationslager. In der gesamten Zeit seiner Existenz waren in separaten Lagerteilen ungefähr 20.000 jüdische und polnische Häftlinge eingesperrt. Die Gefangenen leisteten Sklavenarbeit in Lagerwerkstätten, im Steinbruch und zunächst auch außerhalb des Lagers in verschiedenen Betrieben, darunter auch in der Emailgeschirrfabrik des Sudetendeutschen Oskar Schindler. Das Lager wurde ständig ausgebaut. Bis zu seiner Räumung im Sommer 1944 erstreckte es sich auf einer Fläche von 80 Hektar Größe zwischen der Wielicka- und der Swoszowicka-Straße im Krakauer Stadtteil Płaszów. Zwei jüdische Friedhöfe der vor dem Krieg noch 64.000 Mitglieder zählenden jüdischen Gemeinde in Krakau und Podgorze wurden während des Lageraufbaus zerstört. Noch im Sommer 1944 müssen Häftlinge verbliebene Grabsteine zerschlagen und damit Straßen und Wege zu den Häusern der Wachmannschaften sowie der Telefonzentrale und dem Kasino pflastern. Bagger schaufeln Särge, Leichen und Knochen aus dem Boden. In ihren religiösen Gefühlen gedemütigt, müssen jüdische Frauen und Männer hilflos zusehen, ja selbst Hand anlegen bei der Schändung des Friedhofes. Mit Spaten ebnen sie das Gelände ein und gehen zwischen Leichen hindurch, die wie Stücke ausgetrockneten Holzes umherliegen. Eines Tages beobachtet Alžbeta Politzer, die mit Eva in einer Baracke ist, wie ein junger Mann vor einem verwesten Leichnam kniet und betet. «Am Abend erzählte uns Alžbeta, dass sie zu ihm hingegangen war und ihn fragte, was mit ihm los sei. Er erzählte ihr weinend, dass es seine Mutter war. Sie starb erst vor einem halben Jahr.»

    Jüdische Frauen bei der Zwangsarbeit im KZ Płaszów, 1943/44
    In den ersten Tagen versucht Eva, nicht sehr viel über ihre Schwangerschaft nachzudenken. Nur nicht auffallen. «Ich arbeitete wie jede andere.» Wie die meisten Frauen muss sie im Steinbruch Steine schleppen. Die 20-Jährige ist zwar an körperliche Arbeit von zu Hause gewöhnt, doch ihr kommen die schuftenden, ausgemergelten Frauen am Berg wie die jüdischen Sklaven des ägyptischen Pharaonenreiches vor. Es bleibt aber kein Ausweg. Wer einen kleineren Felsbrocken trägt, wird von den Kapos mit den schwarzen Winkeln, den sogenannten Asozialen, sofort herausgezogen und gepeitscht. Jeden Tag, zwölf Stunden lang, transportieren die Frauen die schweren Steine in jeweils drei kleinen aneinandergebundenen Wagen, ziehen sie mit Seilen oder tragen die Steine mit bloßen Händen. «Die Arbeit erschien uns völlig unsinnig. Wir hatten das Gefühl, dass man uns bloß quälen wollte. Das machte alles noch viel schlimmer.» Es ist Sommer und um die 30 Grad. Im Lager ist Trinkwasser knapp, für die jüdischen Häftlinge ist oft kein Schluck übrig. Immer wieder fallen Frauen aus Wassermangel in Ohnmacht. Der Durst ist unerträglich. Zum Glück regnet es fast jede Nacht. Wie die meisten aus ihrer Baracke schleicht sich Eva dann hinaus und trinkt gierig Wasser aus der Dachrinne. Es ist zwar schmutzig, aber darauf achtet jetzt niemand. Hauptsache, der qualvolle Durst ist endlich gestillt. Nach etwa zwei Wochen klagen die Ersten aus Evas Baracke, Rözsi Weiss und ihre Cousine Jolana aus Dunajská Streda, über starke Bauchschmerzen und müssen ins Krankenrevier gebracht werden. 2500 Kalorien sind pro Häftling und Tag vorgesehen. Aber die meisten Lebensmittel werden von den SS-Männern für den Schwarzmarkt in Krakau gestohlen. Allen anderen voran besorgt sich Lagerkommandant Amon Göth gute Weine und Delikatessen. Den Gästen der häuf gen Feste in seiner Villa auf dem KZ-Gelände soll es an nichts fehlen. Für die Häftlinge dagegen besteht die Tagesration nur aus einem Ersatzkaffee, Brennnesselsuppe mit großen grauen Bohnen und Graupen sowie etwas Brot. Wie andere vom Hunger Getriebene schleicht Eva, wann immer es geht, um die Lagerküche herum. Manchmal findet sie Pferdeknochen, die sie rasch aufhebt. Sie zerkaut sie und saugt das Mark heraus.
    Die Tage scheinen nicht zu vergehen, jeder gleicht dem anderen. Um 4.30 Uhr werden die Gefangenen geweckt, trotz der Hitze tagsüber ist es am frühen Morgen noch bitterkalt. Eines Tages frieren die Frauen so stark, dass es kaum auszuhalten ist. Ein kleines, dünnes Mädchen bittet die 24-jährige

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