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Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Titel: Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Gruberová , Helmut Zeller
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erfuhr.» Neun Monate musste sie um ihr Leben bangen, jetzt war sie plötzlich da. Ein bis dahin völlig unbekanntes Gefühl erfüllt Eva. Sie vergisst die Menschen um sie herum, die Baracke und sogar das Lager. An diesem Tag, dem 8. Januar 1945, ist die 20-jährige Eva Schwartz aus Brody am Irschau der glücklichste Mensch hinter dem Stacheldraht des Konzentrationslagers Kaufering I. «Ihre Geburt gab mir unglaublich viel Kraft. Ich wusste, dass ich von jetzt an nicht nur auf mich, sondern auch auf mein Kind aufpassen muss. Ich war fest entschlossen, sie vor je der Gefahr zu schützen.» Eva gibt ihrer Tochter den Namen Maria, nennt sie zärtlich Marika.
    Am 13. Januar bringt Magda Schwartz ein Mädchen, Judit, zur Welt. Aber ihre Angst ist größer als ihre Freude. Zu schmerzhaft ist für sie die Erinnerung an ihr erstes Kind, das in Auschwitz verschwunden war. Sie ist von Angst überwältigt, fürchtet, dass die SS ihr nach dem Sohn Gyula jetzt auch Judit wegnehmen könnte. 1985 wird Magda in ihrem Erinnerungsbericht den Tag, an dem Judit geboren wurde, so beschreiben: «Draußen tobte der Krieg, man hörte Flugzeuge und Kanonenschüsse. Es donnerten Schüsse der Artillerie. Wir hatten keinen Strom, nur eine Kerze. So ist meine Tochter auf die Welt gekommen. Was habe ich gefühlt, was habe ich gedacht? Jetzt leben wir, aber wie lange noch?» Am nächsten Tag, dem 14. Januar 1945, wird Doktor Vadász schon wieder in die Baracke der Frauen geholt. Ibolya Kovács’ Niederkunft naht. Die Geburt ist diesmal sehr schwer, das Baby hat sich im Bauch der Mutter gedreht und kommt mit den Füßen zuerst heraus. Sein Gesicht ist blau angelaufen, die Nabelschnur straff um seinen Hals gewickelt. Das Mädchen weint nicht und ist sehr schwach, wiegt nur eineinhalb Kilo, wie Küchenkapo David später besorgt mitteilt. Der Blick von Vadász ist ernst und prophezeit nichts Gutes. Er weist die Frauen an, das Kind abwechselnd in kaltes und warmes Wasser zu tauchen. Endlich fängt die kleine Agnes zu weinen an. Sie will gar nicht aufhören. Vergeblich versucht Ibolya, sie zu stillen, und schaut dabei verzweifelt zum Häftlingsarzt auf. Was soll ich machen? Ernö Vadász denkt angestrengt nach. «Deine Tochter muss essen. Nur wenn sie Kraft zum Saugen hat, wird sie überleben», sagt er zu Ibolya. Die Frauen sind erschrocken, Ibolya tut ihnen leid. In den wenigen Wochen, seitdem sie hier sind, schweißte sie die Angst um ihre Kinder eng zusammen. Miriam hat manchmal das Gefühl, sie sind eine richtige Familie geworden. «Wir waren wie Schwestern.» Vorsichtig hüllen sie das weinende Baby in alles, was sie finden, Decken und Männerhemden, die ihnen der Häftlingsarzt und Luba aus der Lagerwäscherei brachten. Dann geben sie es wieder seiner Mutter. Alles lief bis jetzt so gut, warum nun das? Die Zeit läuft, und das Baby trinkt immer noch nicht. Sein Weinen wird leiser. In ihrer Verzweiflung redet Ibolya immer wieder auf ihr Kind ein, versucht es zu beruhigen. Die anderen beten für sie. Auf einmal verstummt die kleine Agnes. Sie trinkt. Ibolyas vor Schmerz und Kummer verzerrtes Gesicht leuchtet in stiller Freude. Das sechste Kind ist da, und es wird leben.
    Während die Frauen tagsüber in der Wäscherei arbeiten, bleibt eine ältere litauische Jüdin bei den Kindern. Seit Anfang des Jahres herrschen Fleckfieber und Typhus im Lager. Täglich sterben Dutzende Menschen, jeden Morgen werden aus den Erdhütten im Männerlager Leichen hinausgetragen. An einigen Tagen muss das «Schwangerenkommando» die Toten im Lager auf Lastkarren zu einer großen Grube bringen. Eva und Miriam versuchen, auf keinen Fall in die Gesichter der Toten zu schauen. Sie ziehen den Karren zum Rand der Grube und werfen die Körper, auf die Kalk geschaufelt wird, hinein. Lautlos spricht Eva ein Gebet. Werden wir vielleicht auch so enden? Was hat die SS mit uns und unseren Babys vor? Eines Tages kommen mehrere SS-Männer in die Baracke herein. Sie wollen sehen, wie viele Kinder schon geboren wurden. «Na, ihr Juden, denkt ihr etwa, ihr seid hier in einem Sanatorium? Ihr könnt froh sein, dass wir euch die Kinder gelassen haben.» Miriam hat das Gefühl, dass ihr Herz stillsteht. «Wir dachten immer, wann werden wir abtransportiert, wann kommt etwas Schlimmes? Nach der letzten Geburt werden sie uns wegbringen, das dachten wir damals», beschrieb Magda Schwartz 1985 die Verzweiflung und Angst, in der sie und die anderen damals lebten.
    Anfang Februar, nachdem

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