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Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition)

Titel: Geboren im KZ: Sieben Mütter, sieben Kinder und das Wunder von Kaufering I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Gruberová , Helmut Zeller
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nicht einmal daran, dass eine Frau in drei Monaten Ehe schwanger werden kann.» Nach mehreren Tagen Fußmarsch steht Béla am Ufer der Donau. Auf der anderen, jetzt wieder tschechoslowakischen Seite sieht er die Kirchtürme Komárnos, aber er kommt nicht weiter. Die Brücke über den Fluss ist bei einem Bombenangriff zerstört worden. Er findet ein kleines Ruderboot, das zwar wenig vertrauenerweckend aussieht, aber einen anderen Weg gibt es nicht. Mit den Händen paddelnd und abwechselnd Wasser schöpfend, lässt er sich an das andere Ufer unterhalb der Stadt treiben. «Bis er an meine Tür klopfte, wusste ich nicht, ob er noch am Leben war.»

    Miriams Sohn László (später Leslie) Rosenthal in Miskolc, 1946
    In ihrer Einsamkeit denkt Eva oft an Miriam. Sie beschließt, ihre Freundin aus dem Lager zu besuchen. «Ich wusste, dass sie in Komárno lebt, und das war ja nicht weit. Jenö fuhr mit mir. Ich verbrachte einen ganzen Tag mit ihr. Es war so schön, sie wiederzusehen, wir erzählten uns von unseren Kindern und Familien, tauschten unsere Erfahrungen aus. Miriam hatte mehr Glück als ich.» Béla war zurückgekehrt. Eva klammert sich an den Gedanken, dass Géza irgendwo aufgehalten wurde. Wer kann das schon wissen. Anfang 1946 erhält sie eine Nachricht von Ida. Ihre Schwester lebt, und sie kommt sie bald besuchen. Vor Freude ist Eva außer sich. Nach dem Kriegsende blieb Ida in Bayern und heiratete einen polnischen Juden, den sie nach der Befreiung kennengelernt hatte. Von Bekannten erfuhr sie, dass Eva nach Dunajská Streda zurückgekehrt war. «Ida war die ganze Zeit überzeugt, dass ich tot sei, dass man mich damals von Augsburg in die Gaskammer brachte. Nicht einmal im Traum dachte sie daran, dass ich vielleicht überlebt haben könnte.» Den Moment, als ihre 19-jährige Schwester aus dem Zug stieg, wird Eva nie vergessen. Ida nahm ihr sofort Marika aus den Armen, schaut lange in das Gesicht des Kindes und weinte. «Vor Rührung konnten wir beide kein Wort sagen.»
    Rezsö kommt aus Budapest zurück, und sein Gesichtsausdruck verheißt nichts Gutes. Alle sollen sich im Wohnzimmer versammeln, sagt er. Rezsö, Jenö, Kubi und Bözsi hatten die Hoffnung, Géza wiederzusehen, insgeheim schon aufgegeben. Diejenigen, die die Lager überlebten, waren im Frühjahr 1946 schon zu Hause. Aus Rücksicht auf Eva, die immer noch jeden Tag zum Bahnhof läuft und auf die Züge wartet, schweigen sie aber. Noch bevor Rezsö zu sprechen beginnt, ahnt Eva, was kommen wird. Géza ist tot. «Rezsö erzählte uns, dass er in Budapest einen Mann getroffen hatte, der Géza kannte. Er war bis zuletzt mit ihm in Auschwitz. Während der Evakuierung ist der Häftlingstransport bombardiert worden. Géza wurde getroffen, fiel zu Boden und blieb regungslos liegen.» Eine gespenstische Stille breitet sich am Tisch aus. Alle Augen sind auf Eva gerichtet. Sie steht auf und geht, ohne ein Wort zu sagen, aus dem Zimmer. «Was habe ich gefühlt? Das lässt sich nicht in Worte fassen.» Géza, ihre Liebe, Vater ihres Kindes, ist tot. Er wird nie nach Hause kommen und seine Tochter sehen. Während der langen Monate in den Lagern hatte ihr sein «Halte durch. Wir werden wieder zusammenkommen» an der Rampe von Auschwitz-Birkenau immer wieder Kraft gegeben. Warum? Sie hat doch ihren Teil des Versprechens gehalten. Wie durch ein Wunder auch noch das gemeinsame Kind nach Hause gebracht. Mit ihren 23 Jahren fühlt Eva sich alt und ausgebrannt. Sie, die aus einem tiefreligiösen Elternhaus stammt, zweifelt, ob es überhaupt einen Gott gibt. «Wo war er, als wir Juden ihn brauchten? Wie konnte er das alles zulassen?» Der Anblick der nichtjüdischen Paare mit Kindern quält sie. So hatte sie sich ihr Leben mit Géza vorgestellt. All diese Menschen kommen ihr ohnehin vor, als ob sie von einer anderen Welt wären. Sie kennen nicht die Erfahrung des Elends in den Lagern, sie werden nicht in der Nacht von den Toten, dem Stöhnen der Sterbenden, dem Blut und dem Gebell der Hunde heimgesucht. Die Stecklers verfolgen mit besorgten Blicken, wie Eva stumm und apathisch in diesen Wochen durch das Haus geht. Sie verliert ihren Lebenswillen. Fast. Unmerklich zuerst, richtet sie sich wieder auf, denn da ist ja noch ein Mensch, der sie braucht, ihre Marika.
    Eva vergisst nicht, wie die christlichen Bürger in Dunajská Streda die jüdischen behandelt haben. Wie könnte sie auch. Die Judenfeindlichkeit ist mit Kriegsende nicht verschwunden. Die Stimmung in der

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