Geboren in der Hölle
schleuderte von einer Seite zur anderen, das mir ein Ausweichen erschwerte. Es ergab sich auch keine Gelegenheit für mich, die Formel zu rufen, und ich mußte mich auf das andere Ende des Stahlseils konzentrieren, um nicht erschlagen zu werden.
Mit einem Hechtsprung landete ich am Boden. Der Aufprall war hart, und ich rutschte über die glatte Fläche hinweg, bis mich der hölzerne Bock einer Kreissäge stoppte.
Das Sägeblatt schwebte wie ein tödlicher schimmernder Halbkreis über mir.
Ich stieß mir hart die Schulter und trieb zur rechten Seite hin ab.
Das Kreuz hielt ich wie einen Rettungsanker fest. Cigam fürchtete es. Ich wollte, daß er vernichtet wurde, bevor er weiteres Unheil anrichtete.
Als ich aufstand, hörte ich den Krach.
Es war ein gewaltiges Geräusch, als hätte das Monstrum die breite Tür aufgebrochen. Das stimmte nicht. Cigam hatte sie nur aufgerissen. Als ich über die Kreissäge hinwegschaute, geriet die Gestalt in mein Blickfeld. Ein schwerfällig wirkender Körper. Grau oder blau, beinahe wie aus leicht polierten Spiegelscherben zusammengesetzt, so eilte er aus der Werkstatt. Cigam hatte die Tür nur aufgerissen. So wuchtig, daß sie kraftvoll gegen die Wand geschlagen war. Genau dieses Geräusch hatte mich aufgeschreckt.
Cigam eilte ins Freie. Er ging nicht. Er rannte mit langen Sätzen. Das silbrige Leuchten des Kreuzes hatte das Geschöpf des Teufels in die Flucht geschlagen. Es gab für mich keinen Grund, zu triumphieren. Ich wußte schließlich, wozu Cigam fähig war.
»Hinterher, John!« spornte mich Suko an. »Laß ihn nicht entkommen, verdammt. Hol ihn zurück!«
Mein Freund lag auf dem Boden. Er war dabei, sich das Stahlseil von den Beinen zu wickeln, was ihn große Mühe kostete. Das Ding war sehr hart. Man mußte schon eine ganze Menge Kraft aufwenden, um es überhaupt bewegen zu können. Jemand wie Cigam hatte damit keine Probleme.
Auch ich lief ins Freie. Ich hatte nicht gesehen, daß Cigam irgendwo abgebogen wäre. Er nahm den normalen Weg, der später in die mit Kies bestreute Auffahrt mündete.
Ich konnte ihn noch sehen. Cigam wirkte auf mich wie ein in Bewegung geratener Scherenschnitt, der sich von seinem Hinteroder Vordergrund gelöst hatte. Ihn fliehen zu sehen war schon ungewöhnlich. Normalerweise stellte er sich, doch auch er konnte unter taktischen Zwängen der Hölle leiden.
Ich war mit dem Kreuz noch nicht so nahe an ihn herangekommen. Trotzdem mußte ihn die Kraft irritiert haben. Tatsächlich so immens stark, daß er alles andere vergessen hatte? Sein Verhalten kam mir ungewöhnlich vor.
Er lief weiter. Die Dämmerung kam ihm zugute. Sie umfing ihn als Schutz. Die gestutzten Büsche an den Seiten warfen die pilzförmigen Schatten auf den Weg, und das Knirschen der kleinen Kieselsteine klang bei jedem harten Auftreten der Gestalt wie zerbrechendes Glas. Er hätte auch in den labyrinthähnlichen Wegen des Grundstücks verschwinden können, aber er wollte geradeaus weiterlaufen und das Gelände verlassen, um sich ein anderes Versteck zu suchen.
Und er lief plötzlich hinein in die beiden hellen Schächte, die über dem Boden entstanden waren und die ergraute Welt vor ihm aufrissen. Es war das licht von Scheinwerfern, das über den Boden und Gewächse hinwegstreifte und der Umgebung einen eigenen Glanz verlieh. Der Kreis sah plötzlich hell aus. Er bildete eine breite Bahn, und ich sah, wie der Fahrer des Autos durch die auf ihn zurennende Gestalt irritiert wurde, denn er hielt seinen Wagen nicht mehr in der Spur. Er kurvte auf dem Kiesweg von links nach rechts, schleuderte dabei ein wenig und bremste schließlich ab.
Cigam griff den Wagen nicht an, obwohl es den Anschein hatte. Kurz bevor er ihn erreicht hatte, drehte er ab, setzte mit einem weiten Sprung über einen der Pilze hinweg und tauchte seitlich unter. Auch ich sah ihn nicht mehr. Er war wie ein huschender Schatten innerhalb der Dämmerung und zwischen den Büschen verschwunden.
Das Auto stand.
Die Fahrertür flog auf. Ein Mann schälte sich aus dem flachen Porsche. Es war mein Freund Bill Conolly, der nicht zu mir hinschaute, sondern vor dem Auto stehenblieb und mit seinen Blicken den Flüchtenden verfolgte.
Sehen konnte er ihn nicht mehr. Cigam hatte die Schatten genutzt und war abgetaucht. Ich hörte ihn auch nicht mehr und ging mit langsamen Schritten auf Bill zu.
Der Reporter schaute mich an und schüttelte den Kopf. »Sag, daß es nicht wahr ist, John.«
»Wieso?«
»He, das ist
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