Geborgen in den Armen des Scheichs
Normalerweise nehme ich mittags nur einen Salat zu mir.“
„Und ich dachte gerade, dass Sie jeden Mittag an einem Wohltätigkeitsessen teilnehmen“, sagte er spöttisch.
„Nie mehr als einmal die Woche“, versicherte sie. „Manchmal auch zweimal. Ich nasche dann nur ein bisschen von allem.“
„Das könnte Dena schon reichen.“ Er nahm ihren Teller. „Reis?“
„Einen Löffel, gern.“ Das Gleiche sagte sie bei allen Speisen, die er anbot. Obwohl er sich daran hielt, war ihr Teller anschließend ziemlich voll.
„Es dauert ziemlich lange bis zum Abendessen, Rose. Wir essen spät. Und Sie brauchen Energie für das, was wir uns vorgenommen haben“, redete er ihr gut zu.
Sie schaute ihn mit großen Augen an.
„Wir wollten zum Angeln hinausfahren. Schon vergessen?“
„Und das ist so anstrengend? Ich dachte, man sitzt nur rum und wartet, bis ein Fisch anbeißt.“ Sie griff nach der Gabel. „Haben Sie darüber gerade mit Dena gesprochen?“
Er zögerte einen Moment, als hätte er ihr etwas Unangenehmes zu sagen. Ihre Alarmglocken läuteten Sturm.
„Kal?“
„Dena hat eine Nachricht aus Rumaillah bekommen. Wie es aussieht, will die Frau des Emirs Ihnen einen Höflichkeitsbesuch abstatten.“
Die Gabel in Lydias Hand zitterte, Reiskörner fielen herunter.
„Die Frau des Emirs?“
„Ich weiß, dass Sie hier Ruhe und Abgeschiedenheit suchen, Rose. Doch ich verstehe auch, dass Prinzessin Sabirah Ihre Anwesenheit in ihrem Land nicht einfach ignorieren kann.“
Lydia wurde blass.
Roses Vorschlag hatte so einfach geklungen. Sobald sie außer Landes war, sollte nichts mehr ihre Ferien stören. Das hatte sie gereizt, das Faulenzen, Lesen, Schwimmen, eine Weile keine Rücksicht nehmen zu müssen auf andere. Wie Rose hatte auch sie über ihre Zukunft nachdenken wollen.
Zehn Jahre lang war sie schon die Doppelgängerin von Lady Rose und spielte diese Rolle inzwischen nahezu perfekt. Natürlich hätte sie so weitermachen können, doch nun war sie Kalil begegnet und stellte fest, dass sie keine andere mehr sein oder imitieren wollte.
Natürlich machte sie sich nichts vor. Wenn er sie als Lydia getroffen hätte, wäre sie ihm nicht einmal aufgefallen. Der Schmerz rüttelte sie wach.
All ihre Kraft hatte sie in das Leben einer anderen gesteckt. Und niemals würde sie jemanden finden, der sie, Lydia Young, wollte, bevor sie nicht anfing, ihr eigenes Leben zu führen.
„Wann?“, fragte sie mit trockenem Mund.
Vielleicht sollte sie krank spielen. Doch dann fiel ihr ein, welche Aufregung das verursachen würde. Sie war schließlich kein anonymer Hotelgast und konnte sich nicht einfach im Bett verkriechen. Wenn Lady Rose nicht aufstand, würden Ärzte geholt werden, vielleicht brachte man sie sogar mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus. Lucy würde benachrichtigt werden, auch der Duke, Roses Großvater.
Und zum Schluss käme alles heraus.
Nein, sie musste die Frau des Emirs empfangen, und sie konnte es auch.
„Entspannen Sie sich. Sie kommt erst in ein oder zwei Tagen und bleibt nicht lange“, sagte Kal. Er schaute sie nicht an, sondern tat sich auf. Dabei presste er die Kiefer zusammen.
Was war mit ihm los?
Welches Problem hatte er?
„Spricht die Prinzessin Englisch? Worüber will sie mit mir reden?“
„Ihr Englisch ist ausgezeichnet, und ich könnte mir vorstellen, dass sie sich für Ihre Arbeit interessiert.“
„Wirklich?“ Für den Bruchteil einer Sekunde sah Lydia sich und die Prinzessin Kaffee nippend über die Vorzüge von Barcode-Scannern im Kassenbereich von Supermärkten plaudern und unterdrückte ein hysterisches Lachen.
„Wenn Sie es gut machen, bekommen Sie bestimmt eine großzügige Spende für Ihre guten Zwecke.“
Kals sarkastischer Ton brachte sie zur Besinnung. Sie warf ihm einen warnenden Blick zu. An diesem Punkt war die Grenze ihres Humors erreicht. Auf Lady Roses Engagement ließ sie nichts kommen.
„Tut mir leid“, sagte er sofort. „Das war unverzeihlich.“ Er schüttelte den Kopf über sein Verhalten, und sie bemerkte, dass er aus irgendwelchen Gründen ebenso verstört war wie sie selbst. „Wahrscheinlich will sie nur über Lucy und ihre Enkel mit Ihnen reden. Sie hat sie lange nicht gesehen.“
Das war auch nicht viel besser.
Wieso hatte sie geglaubt, in Bab el Sama könnte sie ihre Ferien wie in einem Hotel verbringen? Wäre sie auf Roses Vorschlag eingegangen, wenn sie gewusst hätte, dass sie durchgehend, Minute für Minute, schauspielern
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