Geborgen in den Armen des Scheichs
Haar. Auf einzelnen Strähnen tanzte das Licht.
Mein Gott, war sie schön!
Wie eine kühne geheimnisvolle Prinzessin kam sie ihm vor, die einer Gefahr entronnen war und nun auf Sindbad den Seefahrer wartete, damit er sie abholte, um sie zu ihrem Prinzen zu bringen.
„Genug!“, flüsterte er. „Dreh dich um, und komm zurück zu mir.“
Sie schaute sich tatsächlich um, auch hoch in seine Richtung, als ob sie ihn gehört hätte. Doch sie sah nur einem flatternden Vogel nach.
Dann erregte etwas im Sand ihre Aufmerksamkeit. Sie hob ein Stück Glas auf und betrachtete es gegen das Sonnenlicht. Genau in diesem Moment blitzte es wie ein Echo aus der Bucht zurück.
Was war das gewesen?
Er hob wieder das Fernglas und suchte. Diesmal fand er einen verräterischen Hinweis, eine Reflektion auf der Wasseroberfläche und entdeckte ein mit Persenning abgedecktes Objektiv auf einer unauffälligen Barkasse. Sie lag zwischen mehreren anderen Booten jenseits der Mitte der Bucht, ihr Name war unkenntlich gemacht worden. Am liebsten wäre er nach unten zum Strand gestürzt und hätte Rose von dort fortgezerrt.
Doch dann hätte man sie mit ihm fotografiert, und das war das Schlimmste, was passieren konnte. Nicht nur für Rose, sondern auch für ihn.
Binnen Minuten hätte man ihn identifiziert. Die Medien würden seine Familiengeschichte aufwärmen und darüber spekulieren, was der Enkel und Sohn arabischer Playboys mit der unschuldigen Lady Rose in Bab el Sama trieb.
Niemand würde glauben, dass der Chef einer erfolgreichen Frachtfluggesellschaft sie nur als Bodyguard begleitete. Sein guter Ruf als Geschäftsmann wäre dahin. Der Duke würde Lucy für den Skandal verantwortlich machen. Und der Emir würde mir und Großvater ewig zürnen, dachte Kal entsetzt.
Nein, sein Auftrag ging nicht so weit, Rose vor Fotoaufnahmen zu beschützen, schon gar nicht vor solchen, die sie offenbar billigend in Kauf nahm.
Oder sogar herausforderte?
Wie sie am Wasser entlangschlenderte, sich hin und wieder nach einem Stein bückte und das Haar aus dem Gesicht strich, reifte in ihm der Verdacht, dass sie sehr wohl wusste, dass sie dabei beobachtet wurde. Ja, sie posierte für versteckte Fotografen. Ihr Verhalten, jede Bewegung sollte eine Botschaft transportieren: Die jungfräuliche Lady Rose verbrachte ihre Ferien alleine.
Kal schüttelte den Kopf.
Wer oder was hatte Rose per SMS veranlasst, sich dergestalt der Weltpresse zu präsentieren?
Sein Blick wanderte hinunter zur Treppe, wo sie das Handy auf dem Buch abgelegt hatte.
Lydia stand am Wasser und hob das Gesicht der Sonne entgegen. Was für ein herrliches Gefühl, wenn der nasse Sand zwischen die Zehen quoll! Für einen Moment fühlte sie sich in ihre Kindheit zurückversetzt, als ihr Vater noch gelebt und ihre Mutter sich lachend in die Wellen gestürzt hatte.
In einem Urlaub hatte Lydia einen ganzen Korb Muscheln gesammelt. Gegen Ende der Ferienzeit hatte er so gestunken, dass ihr Vater sich weigerte, ihn mit ins Auto zu laden. Ihre Tränen trockneten erst wieder, als ihre Mutter die schönsten Stücke ausgewaschen und sie in einer herzförmigen Schachtel verstaut hatte.
Diese Erinnerungsschatulle besaß sie noch immer. Sie enthielt ein Foto ihres Vaters, der lachte, weil sie ihn mit dem Gartenschlauch nass spritzte. Eines, auf dem ihre Mutter mit ihrem früheren Chef, einem bekannten Couturier, abgebildet war. Auch das erste Zeitungsfoto, das sie in einem Lady-Rose-Kostüm zeigte, bewahrte sie darin auf.
Die Schachtel hatte sich rasch mit Andenken an die Jungen gefüllt, in die sie als Teenager verknallt gewesen war, die schnell vergessenen und die bitterlich beweinten. Fast alle waren längst fortgeworfen. Stattdessen hatten sich Zeitungsfotos von ihren Auftritten als Lady Rose angesammelt, aber nichts aus ihrem eigenen Leben.
Lydia schaute sich suchend um, entdeckte gleich zu ihren Füßen eine saubergewaschene Muschelschale und bückte sich danach. Das Perlmutt schimmerte blau und rosa. Sie schloss die Hand um die hübsche Muschel, um sie als Andenken mitzunehmen, als Erinnerung an diesen Strand, an Kalil al-Zaki, an arabische Zahlen und seine Küsse auf ihre Fingerspitzen. An ihren Vorsatz, ein eigenes Leben zu beginnen und nie wieder vorzutäuschen, eine andere zu sein. Mithilfe der Muschel würde sie sich den heutigen Tag noch als alte Frau vergegenwärtigen können.
Einen Moment lang stand sie so da und wusste nicht, welchen Weg sie einschlagen sollte. Dann entschied
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