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Gebrauchsanweisung für die Welt

Gebrauchsanweisung für die Welt

Titel: Gebrauchsanweisung für die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Altmann
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ich hielt den Atem an, so beneidenswert waren sie. Wie schwarze Glut sprühten sie in die Nacht.
    Féline war die Schöne von den beiden Französinnen. Zudem ein warmer, gesprächiger Mensch. Unsere Nähe wurde durch die Tatsache beschleunigt, dass Corinne, ihre Freundin, krank wurde. Noch in der ersten Stunde. Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall und Erbrechen. Wir richteten die Bank als Liege her und kauerten uns auf den Boden. Féline war stark, keine Silbe Missmut entkam ihr. Wir versorgten die Fiebrige mit kalten Umschlägen, Antibiotika und kühler Luft. Die Algerier blieben gelassen, auch wenn wir jede halbe Stunde um einen Stopp baten. Damit sich die Kranke erlösen konnte.
    Nach zwei Nächten erreichten wir In Ecker, 120 Kilometer vor unserem Ziel. Neben einem Palmenhain stellten wir das kleine Zelt auf, den Unterschlupf für Corinne. Als sie eingeschlafen war, setzten Féline und ich uns vor den Eingang und redeten leise, vertraulich. Irgendwann breitete sie ihr Schlafsack-Inlet aus und schlüpfte hinein. Um mir anschließend die Sachen zu reichen, die sie ausgezogen hatte. Fünfzehn Schritt weiter brannte ein Lagerfeuer, um das die Männer saßen, die mit uns unterwegs waren. Vorsicht war geboten. Dann machte sie ein Zeichen, ihr zu folgen. Und ich schlüpfte dazu. Die ersten Minuten wurde es besonders eng, denn wir beide zogen mich aus. Für Hemd und Hose war die Nacht noch immer zu warm.
    An einem Ort, an dem das französische Militär noch vor zwanzig Jahren seine unterirdischen Atombombenversuche gezündet hatte, waren wir beide entschlossen, entschieden menschenfreundlichere Dinge zu unternehmen. Wir hörten das Feuer knistern, wir sahen die Saharasterne glitzern, wir flüsterten wie zwei, die genau wussten, dass das »Augenblicksglück« gerade über sie kam. Und wir waren klug genug, es anzunehmen und keine Minute davon zu versäumen. Als ahnten wir, dass so viel Zufall, Funkeln, Wüstennacht, Schönheit und Auserwähltsein nicht dauern würden. Dass sie nur jenen gehörten, die von der Gunst der Stunde wussten. Und ihrer Vergänglichkeit.
    Und so geschah es. Am nächsten Morgen schon kam die andere Wirklichkeit zurück: Corinne zog, obwohl noch immer gebeutelt von Krämpfen und Fieber, gegen mich in den Krieg. Den Krieg der Eifersüchtigen. Sie wollte ihre Freundin zurück. Ganz für sich zurück. Und somit galt ich von jetzt als der Feind. Das war umso überraschender, als dass ich mich beharrlich bemüht hatte, ihren desolaten Zustand zu lindern. Ohne Hintergedanken. Einfach, weil es mir selbstverständlich schien.
    Aber gegen Blindwütigkeit helfen keine Tatsachen. Auch Félines Vermittlungsversuche scheiterten. Eifersucht, sprich, Macht über einen anderen auszuüben, ist ein hartnäckiges Übel. Albert Camus kam mir in den Sinn, der behauptete, dass es kein Glück gäbe, das kein Unglück über einen anderen brächte. Ich war mir nicht sicher, ob der Satz grundsätzlich stimmte. Aber jetzt stimmte er. Unser Glück, so arglos es auch gewesen sein mochte, war einer Dritten nicht geheuer. Dabei verband die beiden Frauen nichts körperlich Intimes, sie waren bloß enge Freundinnen.
    Unsere Liebelei schaffte es noch nach Tamanrasset. Anschließend aber erwies sich Corinne als Kriegerin effizienter als ich als Liebhaber von Féline. Die betrübt war – und mich im Stich ließ. Immerhin konnten wir noch drei heimliche Stunden in einem Hotelzimmer organisieren. Dann wurde sie schwach und flog mit der Herrischen davon.
    Kein Drama folgte, kein Blitz fuhr durch mein Herz. Im Gegenteil, diese Reise – eine meiner ersten monatelangen – war ungemein lehrreich. Ich lernte gleich ein paar Regeln auf einmal. Die erste hatte ich nun verstanden. Sie gilt für jeden, doch für den Reisenden soll sie doppelt zählen: Nimm nur, was man dir schenkt! Ich nahm, was Féline mir »beschert« hatte. Nie forderte ich. Und ließ los, als sie mit dem Geben aufhörte. Klar, sie fehlte, nachdem ich von ihr wusste. Aber ich wollte sie nicht festhalten, nicht raufen um ihre Gunst. Ich glaube nicht an den Besitz von Frauen (Männern). Vielleicht sind andere gerissener, aber ich will keinen »haben« und will niemandem gehören. Wer diese Anweisung – keine Forderungen verlautbaren, nur Geschenke annehmen! – verinnerlicht hat, hat etwas vom Tao des Reisens (und Lebens) verstanden. Wer nicht, der wird seine eigene Anleitung zum Unglücklichsein schreiben. Unter Höllenqualen.
    Es gab noch ein Nachspiel. Ein Jahr

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