Gebrauchsanweisung für Potsdam und Brandenburg
Brandenburgische ein.
Auch das Wasserstoff-Hybridkraftwerk am Stadtrand von Prenzlau nimmt sich heute noch recht exotisch aus. Es ist das erste Kraftwerk, das Windenergie speichern und in Kraftstoff verwandeln kann. In nicht allzu langer Zeit wird es das Zentrum der Uckermark zur Vorzeigestadt in Sachen erneuerbare Energien machen.
Hochzeitsflieger
Dass die freigeistig erzogenen Kinder selten vor dem kirchlichen Traualtar heiraten, hat die Phantasie der Standesämter erstaunlich beflügelt. Niemand muss mehr in einem Büro mit staubigem Veilchen ja sagen. Wenn Sie also Ihren ersehnten Finsterwalder Jungen oder die angebetete Wittstockerin ehelichen wollen, können Sie das in Schlössern, Burgen und Klöstern, auf Türmen und in Flugzeugen tun, auf der Plattenburg, im Schloss Hardenberg, dem Potsdamer Belvedere, im Kloster Chorin, im Schloss Lübbenau, im Rittersaal im Stadtschloss Vetschau, in der Dennewitzer Mühle, unter einem ausgestopften Riesenwildschwein ebenso wie unter dem preußischen Adler, mit Standesbeamten im Rokokokostüm oder in Flämingtracht. Aus den Staatsbeamten sind weltläufige, des Schauspielerns kundige Geschäftsreisende geworden. Und auf entlegenen, nur in den Sommermonaten von Fahrradtouristen besuchten Herrensitzen und Burgfrieden kommt Leben in die Bude: Schloss- und Burganlagen, Herrensitze und Gutshäuser wurden zum Zweck der Eheschließung landesweit entrümpelt und instand gesetzt. Das betrifft je nach Finanzlage der Kommunen oder der Schlösser GmbH manchmal nur das Hochzeitszimmer selbst. Dann muss das Brautpaar auf dem Weg in die Ehe über herabgefallene Dachziegel klettern. Aber es scheint dieser raue Charme zu sein, der die Moderne-Müden anzieht. Man hofft, dass sich etwas echter Geschichtsstaub im Brautkleid verfängt.
Baufälliger Landadel
Mit dieser Hoffnung haben die Hochzeitswilligen einen Teil der Schlösser und Landsitze vor dem Ruin gerettet. Seit den Neunzigerjahren wurden händeringend Investoren für die verwahrlosten Gemäuer gesucht. Manch ein Käufer wollte sich jedoch nur am Ausschlachten der Reste bereichern, und so standen die Häuser bald wieder leer. Nicht alle der unzähligen erhaltenswerten Barockbauten und klassizistischen Herrensitze sind prächtige Besitztümer. Der brandenburgische Landadel residierte auf den kärglichsten Gütern in ganz Deutschland und gibt in Unterhaltungsromanen aus den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts oft die Symbolfigur für Armut auf.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen auf den Gütern zunächst Flüchtlingsfamilien unter, die die unbeheizbaren Mauern aber schnell wieder verließen. Dann schob man Kinder und alte Leute in die saalartigen Zimmer mit verfallendem Stuck ab. Die so entstandenen Kinderheime, die Alten- oder Pflegeheime blieben oft ohne Heizung. Sie hatten weder Fahrstühle noch behindertengerechte Toiletten. Bauliche Verbesserungen konnte sich die DDR nicht leisten. Das war zum Nachteil der Bewohner, die in eisigen Zimmern hausten, hatte aber den Vorteil, dass die Substanz der Gebäude erhalten blieb. Nur die Zeit trieb den Verfall voran. Erbarmte sich jemand der Löcher im Dach, der Risse im Boden, wurde er sofort als Reaktionär verschrien.
Die größeren und besser erhaltenen Schlösser dienten unter kommunistischer Herrschaft als Tagungsort der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft wie Schloss Bad Freienwalde (heute Kureinrichtung), als Gästehaus des Justizministeriums der DDR wie Schloss Wustrau, ehemals Wohnort des Husarengenerals Hans Joachim von Zieten, oder als Fachschule für Landwirtschaft wie das einstige Rittergut Genshagen. In der Prignitzer Plattenburg sind noch die Überreste des Betriebsferienheims zu sehen, das die Deutsche Reichsbahn hier unterhielt. Aufs edle Parkett von Schloss Neuhardenberg ließen Gewichtheber ihre schweren Scheiben krachen. Dieses vom preußischen Chefarchitekten Karl Friedrich Schinkel gestaltete Schloss diente der DDR als Trainingslager für Olympiakader. Es befand sich vierzig Jahre lang im sozialistischen Musterdorf Marxwalde. Mittlerweile ist es neben Schloss Meseberg, dem Gästehaus der Bundesregierung, ein Muster für Sanierungskunst und gehört zu den Vorzeigeschlössern der Region. Auch das Dorf darf wieder seinen alten Namen tragen. Am Dorfeingang stehen die üblichen Platten, dahinter weitet sich die Straße, wird zur preußischen Prachtallee, auf deren Mittelstreifen weiß die Schinkelkirche strahlt, als Vorbote der im märkischen Braun-Grün
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