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Gebrochen

Gebrochen

Titel: Gebrochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeany Lena
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Immerhin hatte ich auch nicht gedacht, dass er Angst vor den Passanten gehabt hatte. Aber genau das war der Fall gewesen.
    „Leon?“, fragte ich über das Rauschen der Dusche hinweg.
    „Ja?“, kam es von ihm. Ich stellte das Wasser ab und lugte hinter dem Vorhang hervor. Er stand noch immer vor dem Waschbecken, atmete tief ein und aus.
    „Geht mich ja echt nichts an, aber hattest du eine Morgenlatte?“, es war mir mehr als peinlich, ihm diese Frage zu stellen. Er jedoch nickte ungerührt.
    „Und sie mit kaltem Wasser bekämpft?“, fragte ich ein wenig fassungslos. Wieder nickte er.
    „Seit drei Tagen?“, vermutete ich. Erneutes Nicken. Jetzt war ich wirklich fassungslos. Ich wäre niemals auf den Gedanken gekommen, wenn es viel angenehmer ging. Doch das schob ich mal beiseite. Ich hatte mal gelesen, dass man Schmerzen haben konnte, wenn man das zu oft machte, oder so. So genau wusste ich es nicht mehr. Aber es war immerhin eine Möglichkeit seine Schmerzen zu erklären.
    Sollte ich ihm jetzt echt erklären, dass er sich einen runterholen sollte? Wie kam ich dazu? Das war doch wohl seine Angelegenheit! Trotzdem sprach ich es aus, immerhin schien er es nicht zu wissen. Womit ich bestimmt nicht gerechnet hatte war, dass er – wieder einmal – komplett erstarrte.
    „Was?“, flüsterte er und warf mir einen panischen Blick zu. Einen sehr kurzen Blick, worüber ich im Moment wirklich froh war.
    „Es kann ein Samenstau oder wie immer man das nennt sein. Hoffe ich“, erklärte ich, den letzten Teil ganz leise.
    „Hoffst du?“, echote er entsetzt. Ich nickte, als mir bewusst wurde, dass er es ja nicht sah.
    „Ja, wenn nicht würde es mir ernsthaft Sorgen machen“, erklärte ich mich.
    „Du meinst… Ich soll…“, stammelte er, noch immer mit gesenktem Kopf.
    „Sag bloß du hast es noch nie gemacht“, meinte ich. Es sollte ein aufmunternder Scherz gewesen sein. Doch er wandte den Kopf und sah mich entsetzt an, während er den Kopf schüttelte. Ich zog mich schnell hinter den Vorhang zurück und sagte tonlos: „Solltest du.“
    Dann stellte ich das Wasser an. Ich war entsetzt – wieder einmal – und das sollte er nicht sehen. Ich hatte mir das erste Mal selbst Befriedung verschafft, da war ich gerade mal dreizehn oder vierzehn gewesen. Dass er nie selbst Hand angelegt hatte, konnte doch nur bedeuten, dass er das alles schon wesentlich länger ertragen musste, als ich bisher vermutet hatte. Wer tat einem Dreizehnjährigen sowas an? Welcher Vater?
    Das waren idiotische Fragen. Immerhin hörte man oft genug davon in den Nachrichten. Allerdings war es etwas ganz anderes, wenn man das Opfer kannte, musste ich feststellen. Ich atmete tief durch und wusch mich schnell. Dann zog ich den Vorhang zurück. Leon stand noch immer wie erstarrt vor dem Waschbecken. Ich schnappte mir ein Handtuch und wickelte mich darin ein. Dann ließ ich ihn alleine. Dabei konnte ich ihm – wieder einmal – nicht helfen. Also theoretisch schon, aber so dämlich das vorzuschlagen war ich natürlich nicht. Ich ging ins Schlafzimmer, um mich anzuziehen und dann in die Küche. Gerade als ich das Frühstück fertig hatte, rannte Leon auf die Toilette. Nach den Würggeräuschen, die er von sich gab, übergab er sich wohl gerade.
    Weil er sich einen runtergeholt hatte?
    Ich schloss gequält die Augen und atmete tief durch. Am liebsten würde ich echt seinen Vater grün und blau schlagen dafür, was er ihm angetan hatte. Doch das würde nichts besser machen. Es würde nichts ungeschehen machen. Ich holte noch einmal tief Luft und öffnete die Augen wieder. Dann setzte ich mich an den Tisch und wartete auf Leon. Ich war ein wenig erleichtert, als ich ihn mit den neuen Sachen in die Küche kommen sah.
    „Besser?“, fragte ich vorsichtig. Er nickte, ohne mich anzusehen. Eigentlich, um ihn abzulenken, erklärte ich: „Stehn dir gut die Sachen.“
    Es klappte nicht, er behielt den Kopf gesenkt und nickte nur. Ich hielt meinen Mund und frühstückte. Auch Leon sagte nichts, während er seinen Kaffee trank. Erst als er aufstand, sagte er leise: „Danke.“
    Ich wusste nicht so genau was er meinte, doch ich erwiderte: „Keine Ursache.“
    Es war egal, wofür er sich wirklich bedankt hatte. Die Antwort wäre für alles die gleiche gewesen.

    Der restliche Tag verlief wie der gestrige in angenehmer Entspannung. Wieder verbrachte Leon die meiste Zeit vor dem Computer, während ich las oder fernsah.

    ***

    Als ich am Montag in der Arbeit war,

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