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Gebrochen

Gebrochen

Titel: Gebrochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeany Lena
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sprechen.
    „Wie soll es jetzt weiter gehen. Ich brauch einen Job, aber…“, er brach ab, warf mir einen hilflosen Blick zu. Ich hob den Kopf und erwiderte den Blick. Herrliche fünf Sekunden durfte ich in seine Augen sehen, bevor er den Kopf abwandte.
    „Lass dir einfach Zeit. Der Rest wird sich regeln“, erklärte ich sanft. Bevor er einem Job nachgehen konnte, musste er sich selbst in den Griff bekommen.
    „Du hast schon so viel Geld für mich ausgegeben. Nicht nur jetzt“, sagte er kläglich. Er klang, als wollte er jeden Moment erneut in Tränen ausbrechen. Als könnte er es nur mit Mühe unterdrücken.
    „Das ist ok. Ich kann´s mir leisten. Mach dir keine Sorgen“, beschwichtigte ich ihn. Er schüttelte den Kopf, als wollte er sagen, dass nichts ok war. Dass es nicht richtig war, dass er sich nicht sorgen sollte.
    „Zuerst muss es dir gut gehen, dann können wir über alles Weitere nachdenken“, wiederholte ich. Wieder blickte er mich an. Absolute Verzweiflung und Hilflosigkeit lag wieder in seinem Blick. Nicht so schlimm, wie es schon gewesen war, doch wesentlich mehr, als ein Mensch fühlen sollte. Er wandte den Blick schnell wieder ab.
    „Lass dir Zeit“, forderte ich ihn noch einmal sanft auf. Diesmal nickte er nach einer Weile zaghaft. Erleichtert widmete ich mich wieder meinem Buch. Wirklich lesen konnte ich aber erst, als er aufstand und wieder zum Computer ging. Das lenkte ihn hoffentlich von seinen Sorgen ab.

    ***

    Der Samstag verlief ruhig und ohne Zusammenbrüche von Leon. Die meiste Zeit verbrachte er vor dem Computer. Es schien, als wäre er es gewohnt, als wäre es eine Rettungsleine, mit deren Hilfe er seine Sorgen in den Griff bekam. Ich vermutete, dass es sein einziger Trost gewesen war. Wenn er nie rausgekommen war, hatte er bestimmt Stunden davor verbracht. Jetzt wunderte es mich nicht mehr so sehr, dass er sich das Programmieren selbst beigebracht hatte.

    In der Nacht auf Sonntag fuhr Leon zweimal aus dem Schlaf. Jedesmal wachte ich erschrocken auf. Ich verzichtete darauf, Licht anzumachen. Ich sagte auch nichts mehr, denn ich konnte ihm ja doch nicht helfen. Ich fasste ihn auch nicht an, so wie ich es am Freitag gemacht hatte. Obwohl ich ihn am liebsten tröstend in meinen Arm gezogen hätte. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass das in der Nacht, wenn er Alpträume hatte, der falsche Weg gewesen wäre. Auch wenn ich mit diesem Gefühl daneben lag, wollte ich es lieber nicht ausprobieren.
    Es wunderte mich daher nicht, dass ich am Sonntag länger schlief als gewöhnlich. Als ich die Augen aufschlug, war Leon schon aus dem Bett. Ich rieb mir den Schlaf aus den Augen und gähnte herzhaft, während ich zum Bad schlurfte. Als ich die Tür aufmachte, war ich schlagartig hellwach. Leon stand am Waschbecken, sein Gesicht sprach eindeutig von Schmerz.
    „Was ist los?“, fragte ich sofort besorgt. Er zuckte zusammen, wandte den Kopf in meine Richtung, doch er blickte mich nicht direkt an. Es schien ihm keine Sekunde unangenehm, dass er nackt vor mir stand, was mich erleichterte. Nachdem er immer zusammenzuckte, hatte ich schon ein schlechtes Gewissen, dass ich ständig ins Bad platze, wenn er drinnen war. Ich war morgens nie wach genug, um daran zu denken. Andererseits hätte er sicher abgeschlossen, wenn er ein Problem damit gehabt hätte.
    „Schmerzen. Geht schon“, erklärte Leon leise. Ich schnaubte nur, so hatte er gerade nicht ausgesehen.
    „Wo?“, wollte ich wissen. Meine Stimme war unangebracht forsch, doch die Sorge trieb mich dazu. Wieder zuckte er leicht zusammen, doch er antwortete: „Hoden.“
    Das beunruhigte mich sehr. Was, wenn er sich irgendeine Krankheit eingefangen hatte? Immerhin hatte ich keine Ahnung, was sie mit ihm alles angestellt hatten. Wenn ich da an den schmierigen Typen aus der Bar dachte, konnte er alles haben. Ich schob meine Sorge erst Mal zur Seite. Heute war Sonntag, da konnte man ohnehin nichts machen. Frühestens morgen konnten wir zu einem Arzt.
    Ich ging an ihm vorbei, wobei er sich wieder komplett anspannte. Ich ignorierte es und stieg in die Dusche. Erschrocken sprang ich zur Seite, als mich eiskaltes Wasser traf. Damit hatte ich als letztes gerechnet, immerhin hatte Leon gerade geduscht. Ich stellte das Wasser wärmer, da drängte sich mir ein Gedanke auf. Ich verwarf ihn wieder. Allerdings gelang es mir nicht. Auch wenn ich mir wieder einmal nicht vorstellen konnte, dass ich richtig lag, überlegte ich, ob es nicht sein könnte.

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