Gebrochen
hatte ich keinerlei schlechtes Gefühl oder Sorgen wegen Leon. Es war soweit alles in Ordnung, wenn man bei ihm überhaupt davon sprechen konnte, dass irgendetwas in Ordnung war. Die Arbeit lenkte mich auch erfolgreich davon ab, dass ich am Wochenende wieder Details erfahren hatte, die ich eigentlich nicht wissen wollte.
Der Programmierer rief an und fragte, ob alles lief wie es sollte. Noch während ich ihm die Antwort gab, fiel mir schlagartig eine Lösung ein. Ich wollte ihn schon ausquetschen um Antworten zu bekommen, doch ich bremste mich selbst. Zuvor sollte ich mit Leon reden. Nicht, dass ich ihn noch falsch einschätzte. Nun war ich doch ein wenig ungeduldig, bis ich nach Hause konnte. Diese Idee war so genial wie einfach!
Gut gelaunt schloss ich also meine Wohnungstür auf. Sofort stellte ich fest, dass etwas anders war. Es roch nach Putzmittel!
Wie … Was …
Sogar meine Gedanken stotterten, als ich ins Wohnzimmer lief. Leon blickte kurz vom Computer auf, war vollkommen entspannt.
„Hast du aufgewaschen?“, fragte ich skeptisch. Leon nickte und stand auf. Wortlos ging er an mir vorbei in die Küche. Erst jetzt bemerkte ich auch den leichten Essensduft. Neugierig folgte ich ihm. Er stand am Backofen, blickte hinein.
„Und gekocht?“, fragte ich. Liebevoll blickte ich ihn an. Er schien sich tatsächlich langsam einzugewöhnen. Das war Balsam für meine Seele. Es tat so gut, zu sehen, dass es ihm langsam besser ging. Er schenkte mir einen seiner kurzen Blicke und meinte dann: „Ich bin ja zu sonst nichts nutze.“
„Sowas will ich gar nicht hören“, sagte ich streng, „Es stimmt nämlich nicht.“
Das gute Gefühl von eben war schlagartig verpufft. Ich holte Teller heraus und das Besteck, als ich fortfuhr: „Du musst dich einfach nur erholen.“
Er nickte nur. Ob er der gleichen Meinung war oder nicht, wusste ich nicht. Es machte mich ein wenig wütend, dass er so von sich dachte. Doch ich biss die Zähne zusammen. Er brauchte Zeit, ermahnte ich mich. Viel Zeit.
Schweigend deckte ich den Tisch, während er eine Auflaufform aus dem Ofen holte. Er stellte sie auf den Herd und blickte darauf. Auch ich warf einen Blick hin.
„Sieht doch gut aus“, meinte ich.
„Na ich weiß nicht“, murmelte er und stellte es auf den Tisch. Es war gut. Auch wenn es, wie ich aus seinem Verhalten schloss, sein erster Kochversuch war. Ich konnte mich kaum mehr beherrschen, mit meiner Idee heraus zu platzen. Doch Zweifel überfielen mich. Er war noch lange nicht so weit, einem Job nachzugehen. Andererseits wenn ich an seine vorherige Aussage dachte, wäre es besser, wenn er sich schon darauf vorbereiten könnte. Ich beschloss es einfach zu versuchen.
„Sag mal dieses Programmieren, das macht dir Spaß, oder?“, begann ich zögernd. Er nickte nur.
„Kannst du dir vorstellen, dass beruflich zu machen?“, wollte ich weiter wissen.
„Ohne Ausbildung?“, fragte er zweifelnd. Ich musste grinsen, was er sah, weil er mir einen kurzen Blick zuwarf. Damit er es nicht falsch auffassen konnte, sagte ich schnell: „Es gibt Internetlehrgänge, das kannst du von zu Hause aus machen.“
Er verspannte sich vollkommen, was ich wieder überhaupt nicht verstand.
„Also doch“, murmelte er. Als wäre ihm der Appetit vergangen, legte er die Gabel weg.
„Also doch, was?“, fragte ich verständnislos.
„Du schickst mich wieder weg“, flüsterte er.
„Wie kommst du den auf die Idee?“, fragte ich verblüfft.
„Zu Hause“, sagte er nur. Was sollte ich von dieser Aussage bitte halten? Verwirrt starrte ich ihn an, doch er regte sich nicht, hielt den Kopf gesenkt. Gerade wollte ich zu einer Frage ansetzen, da sprang er auf und ging aus der Küche. Perplex blieb ich einen Moment sitzen, bevor ich ihm schnell folgte. Im Wohnzimmer war er nicht, daher lief ich ins Schlafzimmer. Leon hatte seine Tasche aufs Bett gestellt und warf seine Sachen hinein.
„Was wird das denn?“, fragte ich. Ich war so verwirrt, dass ich zu keinem klaren Gedanken fähig war.
„Ich packe“, erklärte er, obwohl das offensichtlich war.
„Warum?“, wollte ich wissen.
„Weil ich ja weg soll“, kam die Antwort, leise und erstickt.
„Kannst du mir bitte erklären was das soll?“, fragte ich flehend. Ich würde ihn sicher nicht einfach so weglassen. Ich war versucht, seinen Arm festzuhalten, um ihn daran zu hindern, weiter seine Sachen zu packen. Aber mir war nur zu bewusst, wie er auf Berührungen jeglicher Art reagierte. Daher
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