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Gebrochen

Gebrochen

Titel: Gebrochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeany Lena
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wenig hilflos, als er fragte: „Was trinkst du?“
    „Ein Bier“, gab ich Auskunft. Leon nickte und senkte den Blick wieder auf die Karte. Ich betrachtete ihn wieder versonnen, während er scheinbar die Weine studierte. Nach einer Weile murmelte er: „Ich würde gern einen Wein kosten. Aber welchen?“
    „Den wählt man nach dem Gericht. Allerdings hab ich bei Wein keine Ahnung“, gestand ich. Leon nickte und blätterte wieder nach vorne. Der Kellner kam und ich bestellte ein Bier für mich und ein Mineral für Leon. Dieser blickte nämlich nicht auf, tat, als wenn er noch auf die Karte konzentriert wäre. Allerdings nahm ich ihm das nicht ab, weil er wieder total angespannt war. Kaum war der Kellner weg, entspannte er sich wieder und seine Augen bewegten sich über die Zeilen. Als er alles durchhatte, erklärte er: „Ich werde ein Schnitzel essen. Mit Pommes Frites.“
    Es klang ein wenig trotzig, weshalb ich mir ein Kichern verkneifen musste. Er hatte bestimmt einen Grund, warum er mit diesem Trotz reagierte und der war sicher nicht angenehm.
    Als der Kellner kam um die Getränke zu bringen, fragte er nach dem Essen. Ich bestellte nur für mich und blickte dann auffordernd zu Leon, der wieder den Blick nicht gehoben hatte. Bevor ich etwas sagen konnte, fragte der Kellner: „Was darf ich Ihnen bringen?“
    „Das gleiche“, murmelte Leon und ich war stolz auf ihn. Bevor der Kellner verschwinden konnte, fragte ich ihn nach einem passenden Wein. Er überlegte einen Moment und nannte dann einen Namen, mit dem ich nichts anfangen konnte.
    „Ein Achtel davon“, nickte ich trotzdem.
    „Gerne“, erwiderte der Kellner und rauschte mit den Speisekarten ab. Ohne diese Ablenkung, blieb Leon angespannt, wie eine Stahlfeder. Sein Kopf blieb gesenkt, doch ich bildete mir ein, dass er sich trotzdem umsah. Soweit das eben mit so einer Kopfhaltung ging.
    „Entspann dich“, flüsterte ich und lehnte mich selbst zurück. Er warf mir einen kurzen Blick zu und nickte. Seine Muskeln lockerten sich, sonst änderte sich seine Haltung nicht. Um ihn nicht mit meinen Blicken zu verunsichern, ließ ich sie im Gastraum schweifen. Es waren nicht viele hier. Ich war extra früher gekommen, damit ich Leon nicht gleich mit einem ganzen Raum voller Leute überforderte. An einem Tisch saßen sechs Männer, die mit Kartenspielen beschäftigt waren. Immer vier spielten, während zwei zusahen. An einem weiteren saß eine Familie mit zwei Kindern. Ein Pärchen, das sich die ganze Zeit verliebt anblickte und noch ein anderes, das in eine angeregte Unterhaltung vertieft war. An einem kleinen Tisch saß auch noch eine ältere Frau. Also doch nicht so viel, dass es gleich niederschmetternd war.
    Ich blickte wieder zu Leon, der den Kopf ein wenig gehoben hatte und sich nun offener umsah. Dabei schien er nicht nur die Leute, sondern den kompletten Raum zu mustern. Das war ein enormer Fortschritt, musste ich lächelnd zugeben. Da schoss sein Blick zu mir, als hätte er meinen gespürt. Ich versuchte, das Lächeln abzustellen, doch es gelang mir nicht. Außerdem wandte er den Blick schon wieder ab, so dass es ohnehin egal war.
    Es dauerte nicht lange, bis wir unser Essen hatten. Gleichzeitig bekam Leon den Wein. Es war ein ziemlich zaghafter Schluck, den er machte, was vermutlich auch besser war, wenn es das erste Mal war, dass er welchen trank. Er machte eine Pause, als müsste er den Geschmack testen und machte dann noch einen Schluck.
    „Und?“, wollte ich natürlich wissen. Mir persönlich schmeckte Wein so überhaupt nicht.
    „Scheußlich“, stellte er leise fest. Diesmal konnte ich mir ein Kichern nicht verkneifen.
    „Find ich auch“, erklärte ich meinen Heiterkeitsausbruch, nachdem er mir einen ultrakurzen Blick zugeworfen hatte.
    „Wieso sagst du das nicht gleich?“, fragte er.
    „Nur weil er mir nicht schmeckt? Geschmäcker sind bekanntlich verschieden“, verteidigte ich mich. Er nickte nur und begann zu essen. Ich tat es ihm nach. Wie immer schwiegen wir, wenn wir aßen. Hauptsächlich deshalb, weil Leon nicht viel redete. Immer noch nicht. Den Wein ließ er stehen und trank stattdessen sein Mineral. Das nächste Mal sollte er vielleicht lieber Bier probieren. Oder …
    „Hast du schon mal Bier getrunken?“, fragte ich ihn. Er schüttelte nur den Kopf.
    „Wenn du willst, kannst du von meinem kosten“, bot ich ihm an und schob es näher zu ihm. Er blickte eine ganze Weile auf das Glas, bevor er danach griff. Noch

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