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Gebrochene Schwingen

Gebrochene Schwingen

Titel: Gebrochene Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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unglücklicherweise«, sagte er und senkte die Stimme, als wollte er dem Gericht ein Geheimnis anvertrauen, »haben wir mit diesen Familien und ihren Kindern meistens Probleme mit der Disziplin. Sie kommen zur Schule, unterernährt, ärmlich gekleidet und sind nicht sehr motiviert, wenn es ans Lernen geht.«
    »Kommen Sie bitte zum Thema, Mr. Lakewood«, sagte der Richter.
    »Ja, Euer Ehren. Mr. Meeks, wie würden Sie Fanny Casteel charakterisieren in bezug auf diese Art Schüler und Schülerinnen, die Sie gerade beschrieben haben?«
    »Oh, als typisch. Ein ständiges Disziplinproblem und schlechte Noten.«
    »Was meinen Sie mit ›typisch‹, waren die Probleme mit ihr wirklich so typisch?« fragte Lakewood schnell.
    »Nun, eigentlich nicht. Sie war, was man eine sehr freie junge Dame nennt.«
    »Fahren Sie bitte fort.«
    »Sie bekam… oft Verweise, weil sie sich unziemlich verhielt; wenn man bedenkt, daß sie erst zwölf oder dreizehn Jahre alt war…«
    »Mr. Meeks, würden Sie dem Gericht ein Beispiel geben!«
    »Euer Ehren«, sagte Wendell Burton und erhob sich. »Ein Einspruch zu dieser Art der Fragestellung. Wie Mrs. Wilcox als junges Mädchen war, hat keinen Einfluß auf diese Anhörung. Fast alle der hier im Gerichtssaal Anwesenden haben einmal über die Stränge geschlagen, als sie noch jünger waren. Aber wir werden einmal erwachsen. Wir ändern uns und werden reifer. Heute wollen wir uns ein Urteil über die reife Mrs. Wilcox und die reife Mrs. Stonewall bilden.«
    »Mr. Lakewood?«
    »Euer Ehren, unserer Ansicht nach ist Fanny Wilcox nicht erwachsen geworden, sie weist tatsächlich eine ungebrochen durchgehende Geschichte von Promiskuität auf.«
    »Ich werde den Zeugen fortfahren lassen«, sagte der Richter,
    »aber ich mache Sie darauf aufmerksam, Mr. Lakewood, daß ich dafür sorgen werde, daß hier eine wirkliche Geschichte entwickelt und nicht mit Unterstellungen gearbeitet wird.«
    »Ich verstehe, Euer Ehren. Mr. Meeks, ein Beispiel?«
    »Nun…« Er öffnete seinen Ordner. »An einem Tag im März, während ihres zweiten Jahres auf der Oberschule, wurde Fanny Casteel im Umkleideraum der Knaben mit zwei jungen Männern entdeckt. Sie war nur halb bekleidet. Sie bekam einen Verweis und wurde früher nach Hause geschickt. Bei einer anderen Gelegenheit, am Ende desselben Monats, wurde sie mit einem älteren männlichen Studenten in dem Raum unter der Bühne gefunden. Der Lehrer, der sie ertappt hatte, schrieb in seinen Bericht, daß sie sich auf unanständige Weise umarmten. Wieder wurde sie heimgeschickt.«
    »Wie alt war sie zu der Zeit?«
    »Dreizehn.«
    »Ich verstehe. Haben Sie noch andere Beispiele?«
    »Mindestens ein halbes Dutzend.«
    »Euer Ehren, ich möchte nicht weitschweifig werden und die Zeit des Gerichts damit verschwenden, weitere Beispiele anzuhören. Aber ich möchte, daß Fanny Casteels Schulbericht als Beweismaterial eingeht, das bei der Entscheidung berücksichtigt wird.«
    »Es ist eingegangen.«
    »Ich habe keine weiteren Fragen an Mr. Meeks.«
    »Mr. Burton?« sagte der Richter. Wendell Burton lächelte. Er hatte ein schleimiges Gesicht mit großen blauen Augen und lebhaften Lippen. Direkt über seiner rechten Augenbraue hatte er ein Muttermal. Sein Haar war auf der Seite gescheitelt und zurückgekämmt. Er war ungefähr einsachtundsiebzig groß und hatte etwas gebeugte Schultern. Ich bemerkte, daß er die Angewohnheit hatte, sich die Hände zu reiben, bevor er sprach.
    »Mr. Meeks«, sagte er, ohne seinen Tisch zu verlassen, »ich nehme an, daß Sie auch Heaven Casteels Unterlagen heute mitgebracht haben?«
    »Nein.«
    »Oh, und warum nicht?«
    »Ich wurde nur darum gebeten, Fanny Casteels Unterlagen mitzubringen.«
    »Ah, ich verstehe. Aber nachdem Sie wußten, um was es geht, nehm’ ich mal an, daß Sie sich auch Heaven Casteels Unterlagen angesehen haben.«
    Mr. Meeks wurde unruhig, sah mich an und wandte sich dann wieder Wendell Burton zu.
    »Ich habe einen kurzen Blick hineingeworfen für den Fall, daß ich etwas, diese Unterlagen betreffend, gefragt würde.«
    »Gut, gut«, sagte Burton und ging auf ihn zu. »Dann sagen Sie bitte dem Gericht, was Sie in den Unterlagen über Heaven Casteels Anwesenheit entdeckt haben.«
    »Ich verstehe nicht«, sagte Mr. Meeks und schaute zum Richter.
    »Vor allem in ihrem letzten Jahr in Winnerow. Wie war das da zum Beispiel mit ihrer Anwesenheit?«
    »Nun?«
    »Hat sie nicht sehr häufig gefehlt?«
    »Gefehlt?«
    »Mr. Meeks«, sagte

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