Gebrochene Versprechen
Kontrast dazu wirkte Luther ausgesprochen männlich, was ihren Herzschlag beschleunigte. Sie war es nicht gewohnt, einen Mann in ihrem Bett zu haben.
Erleichtert stellte sie fest, dass die von den Schmerzen herrührenden Falten um seinen Mund herum verschwunden waren. Er hatte nicht sonderlich gut ausgesehen, als sie ihm behilflich gewesen war, sich fertig zu machen, sein Hemd aufzuknöpfen und das T-Shirt über den Kopf zu ziehen. Nun jedoch, nach mehreren Stunden Schlaf und mit einigen hundert Milligramm Tylenol im Blut, schien er schmerzfrei zu sein.
Das Sonnenlicht betonte seine markanten Wangenknochen. Sie stand einfach nur da, verzaubert von diesem schlafenden männlichen Prachtkerl, und merkte, wie ihr Herz vor Gefühlen für ihn schier überquoll. Hätte sie nicht das Tablett in den Händen gehalten, wäre sie versucht gewesen, ihm seine weichen, braunen Haarsträhnen aus dem Gesicht zu streichen.
Luther war in vielerlei Hinsicht einfach unglaublich, fing sich um der Gerechtigkeit willen sogar eine Kugel ein und nahm alles klaglos bis zum Zusammenbruch hin. Dafür respektierte und bewunderte sie ihn.
Aber das war nicht der Grund dafür, warum es ihr nun gefiel, ihn halb nackt auf ihrem Bett liegen zu sehen. Das stand nicht hinter dem dringenden Wunsch, ihn noch ein Weilchen dort behalten zu wollen.
Sie musste den Tatsachen ins Gesicht sehen: Sie fühlte sich emotional und körperlich zu Luther hingezogen, ob es ihr nun recht war oder nicht. Sie hatte nicht vorgehabt, sich in einen Mann zu verlieben, solange ihre Karriere noch nicht in trockenen Tüchern war und sie sich ihre Einsatzgebiete nicht aussuchen konnte. Und Fernbeziehungen waren zum Scheitern verurteilt. Aber so zu tun, als hätte sie keine Gefühle für ihn, wäre feige. Sie würde sich mit ihnen auseinandersetzen müssen, so, wie sie sich auch allem anderen stets stellte. Es musste eine Möglichkeit geben, mit der Situation klarzukommen.
Aber stand Luther überhaupt ebenso sehr auf sie wie sie auf ihn? Sie wusste es nicht. Gerade erst hatte er seiner letzten Freundin – Verlobten – den Laufpass gegeben. Wie sollte er sich seiner Gefühle da sicher sein?
Als sie sich umdrehte, um das Tablett auf der Kommode abzustellen, fiel ihr Blick auf ihr im Schatten liegendes Spiegelbild. Sie war keine Schönheit – jedenfalls nicht so wie diese üppige Brünette, Veronica. Sie hatte feuerrotes Haar, Sommersprossen, war relativ groß und kräftig. Doch zumindest trug sie nun wieder ihre eigene Kleidung.
Sie zog das eng anliegende korallenrote Oberteil über den Bund ihrer Hüftjeans. Da Hannah seit jeher stolz darauf war, einen guten Geschmack zu besitzen, kam es nun einer Erleichterung gleich, endlich wieder modisch auszusehen.
»Wow, hast du dich verändert.«
Die Feststellung des immer noch schläfrigen Luthers ließ sie herumfahren, sodass sie fast ein Glas mit kaltem Wasser am Rand des Tabletts umstieß. »Oh, du bist wach.«
Und wie wach er war. Er musterte sie, und seine Augen, mit denen er sie aufmerksam ansah, wirkten durch das in violett gehaltene Ambiente eher indigo als blau. »Ist das dein wahres Ich?«, erkundigte er sich mit einem schiefen Lächeln.
Hannahs Magen krampfte sich zusammen. »Und, was sagst du?«, fragte sie und streckte die Arme aus.
»Du siehst jung aus«, bekannte er, was ihr sprichwörtlich das Herz in die Hose sinken ließ. »Und sexy«, fügte er hinzu, woraufhin es vor Freude einen Sprung zu machen schien.
»Ich, äh, hab dir was zu essen gebracht«, sagte sie und wandte sich dem Tablett zu. »Es gibt Dosenravioli mit etwas Gemüse. Ich hoffe, es schmeckt. Ich bin keine große Köchin und darüber hinaus ist alles in meinem Kühlschrank schlecht geworden. Möchtest du jetzt essen? Was macht dein Rücken?«
Plötzlich bemerkte Hannah, dass sie schneller redete, als er antworten konnte, und hielt den Mund.
»Ich esse jetzt etwas«, antwortete er und setzte sich mühsam auf. »Und meinem Rücken geht’s besser.«
Sie hätte ihm gern geholfen, wäre dann jedoch dazu gezwungen gewesen, ihn zu berühren, was sie sich in der derzeitigen Situation nicht traute. Es fiel ihr ohnehin schon schwer genug, ihn nicht unverwandt anzustarren. Quasi von selbst glitt ihr Blick zum Bund seiner Boxershorts und sie erinnerte sich daran, wie beindruckend er sich in ihrer Hand angefühlt hatte.
Sie reichte ihm das Tablett an. Das im Glas klirrende Eis verriet ihre Nervosität.
Luther nahm das Essen entgegen und streifte dabei
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