Gebrochene Versprechen
Rückspiegel beobachtete, er möge losfahren. Der Chief startete den Wagen und bog kopfschüttelnd in die schmale Straße ein. Sein kobaltblauer Sportwagen reflektierte funkelnd die Nachmittagssonne.
Luther konnte ja verstehen, dass Hannah sauer auf ihn war. Sie hätten wirklich miteinander reden sollen, ehe sie taten, was sie getan hatten, selbst wenn sie ihm zustimmte, dass es für sie keine gemeinsame Zukunft gab. Aber was hatte Westy ihr getan?
Er wusste von Hannahs und Westys kurzer Unterhaltung in der vergangenen Nacht, vertraute dem Chief jedoch, dass er nicht in seinem Revier wildern würde. Und dennoch musste er irgendwie zu weit gegangen sein. Hannah hatte nur sehr kurz mit ihm gesprochen und war dann die Treppe hinaufgestapft. Und nun ging sie beiden SEALs aus dem Weg.
Luther, der ein wenig im Selbstmitleid versank, folgte dem Nissan zum George Washington Memorial Parkway. Die Seitenscheiben hatte er zur Abkühlung heruntergekurbelt. Der Winnebago blieb dicht hinter ihm. Mein Gott, wie gut, dass Valentino das Individuum dingfest gemacht hatte. Noch auffälliger als in diesem verdammten Konvoi nach Virginia Beach konnten sie ja wohl kaum sein.
Der Abend brach bereits an, als sie den Mietwagen endlich vollständig entladen hatten. Hannahs Mobiliar füllte Luthers vormals leeres Haus. Der SEAL stand mit gemischten Gefühlen im Wohnzimmer und ließ alles auf sich wirken.
Das viel zu weiche Sofa, das Veronica keinesfalls hatte mitnehmen wollen, passte erstaunlich gut zu dem Fransenteppich, den Hannah davor ausgerollt hatte. An einer Seite wurde es von einem Beistelltischchen mit einer Messinglampe darauf flankiert, auf der anderen Seite befand sich ein Schaukelstuhl, und zwischen beiden Sitzgelegenheiten stand ein Couchtisch aus Mahagoni. Alle fünfzehn Minuten schlug auf dem Kaminsims eine altmodische Uhr. Luther fragte sich, ob das Ding ihn fortan nachts wach halten würde.
Wie sollte er sich Hannah aus dem Kopf schlagen, wenn ihre Sachen sein Heim dominierten? Man hätte meinen können, sie täte das absichtlich. Dagegen sprach jedoch, dass sie ihn den ganzen Tag über gemieden hatte, vielleicht um deutlich zu machen, sie würde keine Ansprüche auf ihn erheben.
»Und was jetzt, Sir?«, fragte Westy von seinem Platz auf dem Wohnzimmersofa aus. Der Himmel, der durch das Fenster hinter ihm hindurch zu sehen war, hatte sich inzwischen dunkelblau gefärbt. Es war ziemlich spät geworden und Müdigkeit machte sich breit.
Hannah kam aus der Küche, wo sie die Reste ihrer Sandwiches entsorgt hatte. »Ich bin durch«, verkündete sie, ließ sich – so weit wie irgend möglich von Westy entfernt – auf das Sofa fallen und streckte die Beine aus.
Luther ließ seinen Blick ihre unfassbar langen Beinen hinaufwandern. Aufgrund der Spätsommerhitze trug sie ein knallrosa Tank-Top zu hautengen Jeans, die ihre Kurven voll zur Geltung brachten. Ihre kurzen Locken waren vom Wind zerzaust, kurz: Sie sah alles in allem verdammt sexy aus.
Ihm ging auf, dass er nur ein Bett besaß. Luther war zwischen der Sorge um Hannahs Sicherheit und dem dringenden Wunsch, Hannah für sich allein zu haben, hin- und hergerissen.
»Ich wüsste nicht, weshalb Sie noch bleiben müssten, Chief, es sei denn, Sie möchten, natürlich. Wenn irgendwas sein sollte, haben wir ja Newmans Wachhunde vor der Tür. Wir sehen uns dann morgen um null achthundert vor dem Gerichtsgebäude wieder.«
Westy blickte auf seine Uhr und sprang auf. »Ich muss noch Jesse abholen«, sagte er mit nachdrücklichem Tonfall. »Bis morgen allerseits, es sei denn, Sie wollen lieber mit mir kommen, Ma’am?«, wandte er sich an Hannah, während er Luther einen undurchschaubaren Blick zuwarf.
Hannah schien von seinem Angebot offenbar überrumpelt zu sein. Als müsste sie sich für das kleinere Übel entscheiden, schaute sie mit zusammengekniffenen Augen von einem zum anderen und wieder zurück. »Nein, vielen Dank«, antwortete sie distanziert. »Ich kann mich vor Müdigkeit kaum noch rühren.«
Westy nickte, verabschiedete sich mit einer kurzen Handbewegung von Luther und verschwand. Leise fiel hinter ihm die Tür ins Schloss.
»Habe ich irgendetwas zwischen euch beiden nicht mitbekommen?«, fragte Luther, von seiner Eifersucht getrieben.
»Das bezweifle ich«, entgegnete sie mit demselben seltsamen Tonfall wie schon zuvor.
»Wieso bist du dann so wütend auf ihn?«, forschte er weiter.
»Weiß nicht. Sag du’s mir.«
»Wenn ich’s wüsste, dann würde ich
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