Gebrochene Versprechen
Zeugenstand betreten hatte, war der Ankläger Commander Curew bereits ins Wort gefallen und hatte Einspruch erhoben.
»Euer Ehren«, rief Captain Garret bissig, nachdem er aufgesprungen war, »machen Sie die Verteidigung freundlicherweise darauf aufmerksam, wer hier vor Gericht steht. Diese Befragung zielt in keiner Weise auf den Angeklagten und die ihm zur Last gelegten Verbrechen ab.«
»Einspruch stattgegeben!« Admiral Pease nickte. »Die Verteidigung schweift erneut vom Thema ab«, mahnte er sichtlich genervt.
»Aber, Euer Ehren, diese Fotos beweisen, dass Commander Lovitts Geschäftsgebaren alles andere als ehrbar ist und dass er demzufolge ein Motiv – «
»Das reicht!«, wetterte der Admiral. »Solange Commander Lovitt nicht unter Anklage steht, werde ich derartige Unterstellungen und Verleumdungen nicht tolerieren. Bleiben Sie bei den Vorwürfen, die gegen Ihren Mandanten erhoben worden sind, und verschwenden Sie nicht länger die Zeit des Gerichts!«
Commander Curew ließ Luther einen erschöpften und entschuldigenden Blick zukommen. »Sie sind entlassen«, wandte sie sich dann direkt an ihn. »Danke.« An der Art, wie sie den Kopf hängen ließ, war erschreckend deutlich zu sehen, dass sie bereits aufgegeben hatte.
Luther verließ mit schleppenden Schritten den Zeugenstand und warf einen Blick zu Commander Lovitt herüber, der im Unterschied zu seinem selbstsicheren Auftritt am Tag zuvor mit hängenden Schultern in der dritten Reihe auf Seiten der Anklage hockte und sich sichtlich unwohl fühlte. Zweifelsohne war ihm bewusst geworden, dass seine Verbrechen ihn einholen und unweigerlich zu Fall bringen würden. Ihn dermaßen fassungslos zu erleben, milderte Luthers Kummer ein wenig.
Sobald das NCIS eingreifen und Lovitt festnehmen würde, könnte Jaguar Berufung einlegen und den Ausgang dieses Prozesses aller Wahrscheinlichkeit nach ins Gegenteil verkehren. Doch fürs Erste würde er wohl mit einem Schuldspruch leben müssen, denn seine Verteidigerin war gerade dabei, den Fall zu verlieren.
»Hiermit schließe ich meine Beweisführung ab, Euer Ehren«, murmelte sie und warf Jaguar einen schuldbewussten Blick zu, den dieser mit stoischer Gelassenheit quittierte.
Plötzlich flog eine der Türen zum Gerichtssaal auf. »Verzeihen Sie, Admiral!« Luther erkannte Commander Curews Assistentin, eine junge Offizierin. »Ich habe hier eine Eilsendung für die Verteidigung.«
Admiral Pease blickte mürrisch auf, winkte die Frau jedoch herein.
Commander Curew nahm ihrer Hilfskraft den FedEx-Umschlag ab, riss ihn auf und studierte mit zitternden Händen den Inhalt. Alle Anwesenden im Gerichtssaal schienen den Atem anzuhalten.
»Nun?«, fragte Admiral Pease. »Ist die Beweisführung nun abgeschlossen oder nicht?«
»Euer Ehren«, erwiderte Commander Curew und ihre Stimme klang vor Aufregung über die Neuigkeiten ganz schrill, »hiermit beantrage ich, dass die Anschuldigungen gegen meinen Mandanten fallen gelassen werden!«
Admiral Pease rollte fast mit den Augen. »Und mit welcher Begründung, Commander?«, verlangte er zu wissen.
»Es liegt kein Corpus Delicti vor«, gab Commander Curew zurück und wedelte mit den Dokumenten in ihrer Hand.
Admiral Pease sah sie herablassend an. »Die beiden vermissten Matrosen wurden für tot erklärt, Commander«, erwiderte er gelangweilt.
»Ja, Euer Ehren«, pflichtete Curew ihm bei und näherte sich der Richterbank. »Die beiden Matrosen, die mein Mandant angeblich am neunzehnten August von Bord der USS Nor’easter gestoßen haben soll, gelten als vermisst und sind vermutlich tot.« Sie hielt ihm die Dokumente unter die Nase. »Genau genommen sind die Marineunteroffiziere Daniels, Smith und Keyes sogar schon seit über zehn Jahren tot! Ich halte hier ihre Sterbeurkunden in den Händen.«
Admiral Pease griff nach den Papieren, die Curew ihm triumphierend entgegenhielt, und überflog sie mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Einspruch, Admiral!«, schrie Captain Garret. »Die Verteidigung hatte ihre Beweisführung bereits abgeschlossen. Diese Beweismittel sind unzulässig!«
»Abgewiesen!«, herrschte Admiral Pease zurück und funkelte den Ankläger gereizt an. »Sie wissen ebenso gut wie ich, dass man niemanden für ein Verbrechen vor Gericht stellen kann, das gar nicht begangen worden ist.«
»Dann zweifle ich die Echtheit der vorgelegten Dokumente an«, setzte Garret nach und stürmte zur Richterbank, um Admiral Pease die Papiere abzunehmen.
»Jede der
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