Gedankenmörder (German Edition)
beim Einbruch eingesetzt war», sagte Petersen und sah ihm direkt in die Augen. «Wenn man monatelang nichts anderes macht, lernt man Aufbruchspuren oder kleine, in den Rahmen gebohrte Löcher zu erkennen.»
«Die Spurensicherung soll sich das trotzdem noch einmal anschauen», entschied Steenhoff.
«Hier ist übrigens das Buch, in das alle, die einen Schlüssel für die Pathologie haben wollen, sich eintragen müssen. Ich habe es vorerst beschlagnahmt.»
Petersen reichte ihm ein liniertes Notizbuch in DIN -A 4 -Format.
«Ach ja, über Ersatzschlüssel verfügt nur der technische Dienst im Haus. Die Namen der drei Mitarbeiter stehen auf dem Zettel, den ich in das Buch gelegt habe.»
Steenhoff nahm das Buch schweigend entgegen.
‹Was wollte diese Frau ihm eigentlich beweisen? Dass sie schneller denkt als er und mit zwei Aufgaben völlig unterfordert ist?›
Er wollte seiner neuen Kollegin gerade etwas entgegnen, als er jemanden seinen Namen rufen hörte. Am Ende des Krankenhausflurs stand sein langjähriger Kollege Michael Wessel. Mit weit ausholenden Schritten eilte Wessel auf Steenhoff und Petersen zu.
Doch für Steenhoff hatte Wessel diesmal keinen Blick.
«Michael Wessel. Freut mich sehr, Sie als neue Kollegin bei uns begrüßen zu dürfen», stellte sich der Beamte vor und schüttelte Petersen herzlich die Hand.
«Na, da haben Sie ja gleich zu Beginn einen aufregenden Fall mit unserem Frank zu lösen», fügte er noch hinzu.
«Oder haben Sie den Übeltäter schon erwischt? Ich jedenfalls würde mich von so einer hübschen Frau gerne festnehmen lassen.»
Steenhoff hätte Wessel am liebsten einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf gegossen. Der Polizist galt unter seinen Kollegen als gründlich und engagiert. Doch sobald er auf attraktive Frauen traf, war seine Professionalität dahin. Dann war der Oberkommissar nur noch Charmeur. Und ein drittklassiger dazu, wie Steenhoff die Auftritte seines Kollegen insgeheim einstufte. Jedenfalls hatte Michael Wessel seines Wissens seit zwei Jahren keine längere Beziehung mehr gehabt.
Nachdem die drei sich davon überzeugt hatten, dass die Tatortgruppe immer noch in der Pathologie am Werk war, setzten sie sich in eine ruhige Ecke des Cafés, das direkt neben dem Eingangsbereich des Krankenhauses lag. Mit knappen Worten fasste Steenhoff für Wessel und für sich selbst zusammen, was sie bisher über diesen Fall wussten.
Er hatte gerade geendet, als sein Handy klingelte. Am anderen Ende war Lars Diepenau von der Pressestelle der Polizei. Steenhoff gab ihm zu verstehen, dass er gefälligst noch nichts an die Medien herausgeben solle.
«Und was sag ich denen, wenn die Wind davon kriegen?», wollte Diepenau wissen.
«Keine Ahnung», entgegnete Steenhoff.
«Halte sie hin. Sag, dass du auch nichts weißt – oder, dass dir die Ermittler erst morgen früh Rückmeldung geben. Was weiß ich. Ich will hier auf keinen Fall einen Medienauftrieb haben, okay?»
Steenhof ließ das Handy in seine Jackentasche gleiten und wandte sich wieder an seine beiden Kollegen.
«Ihr beide fahrt jetzt zu der Krankenschwester nach Hause, die sich die Nummer von diesem Sven notiert und Birgit Lange betreut hat. Ich versuche den Pathologie-Assistenten zu erwischen, der die Leichenkammer üblicherweise betreut. Um 19 Uhr sollten wir uns noch mal im Präsidium treffen. Vielleicht hat bis dahin auch die Spurensuche etwas für uns.»
Die drei Beamten standen schon auf dem Parkplatz, als Steenhoff plötzlich einfiel, dass er Petersen noch gar nicht gefragt hatte, ob sie überhaupt Zeit und Lust hatte, vier Tage vor ihrem offiziellen Beginn bei der Mordkommission in den Fall einzusteigen.
«Kein Problem», winkte Petersen ab. «Ich habe zu Hause schon Bescheid gesagt, dass es später wird.»
«Ich dachte, Sie sind geschieden», entfuhr es Steenhoff spontan.
«Das bin ich auch», erwiderte Petersen und auf Steenhoff wirkte ihre Stimme eine Spur kühler als sonst.
20 Minuten später stand Steenhoff vor der Haustür des Assistenten der Pathologie. Ein helles, freundliches Mehrparteienhaus mit Blick auf den Bürgerpark, Bremens grüne Lunge. Doch Steenhoff klingelte vergeblich bei «H. Meyer». Der offiziell als krank gemeldete Assistent machte sich offenbar einen netten Tag. Er würde ihn morgen noch mal anrufen müssen. Vorerst warf er dem Assistenten einen Zettel in den Briefkasten mit der Aufforderung, sich bei ihm im Präsidium oder auf dem Diensthandy zu melden.
Dann
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