Gedankenmörder (German Edition)
Schreibtisches.
‹Die Frage ist nur wann und wo.›
13
Um Punkt 17 Uhr trafen sich alle, die gemeinsam mit Steenhoff an dem Fall arbeiteten, in seinem Büro wieder. Es war einer der ersten warmen Tage in diesem Frühsommer. Bereits gegen Mittag war es sehr heiß geworden in den Büros unter dem Dach. Bis zum späten Nachmittag herrschten in Steenhoffs Zimmer trotz der heruntergezogenen Jalousien schon tropische Temperaturen. Fabian Block hielt eine Wasserflasche in der Hand, aus der er alle paar Minuten gierig einen Schluck nahm, während Wessel sich immer wieder die Stirn mit einem Taschentuch abtupfte. Auch Steenhoff merkte, dass sein Hemd am Rücken klebte.
‹Wenn wir den Typen nicht bald fassen, dann müssen wir uns im Hochsommer um einen kühleren Besprechungsraum bemühen›, dachte Steenhoff und schämte sich sofort für den Gedanken. Wenn sie den Mann nicht fassten, würde er sich vermutlich schon bald ein neues Opfer suchen. Dann vielleicht sogar eine lebende Frau.
Unbewusst schüttelte Steenhoff den Kopf. Der Gedanke war nur eine Notlüge gewesen, um Andrea Voss davon zu überzeugen, mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Jetzt bemerkte Steenhoff irritiert, dass ihn der Gedanke nicht mehr losließ. Er zwang sich, wieder zu den Fakten zurückzukehren und die düsteren Vorstellungen beiseitezuschieben.
Rechts von ihm hatte Manfred Rüttger Platz genommen. Er hielt einen Becher Kaffee in der Hand und schien völlig in Gedanken versunken. Ihm schräg gegenüber saß Petersen. Ihr schien die Hitze nichts auszumachen. Sie wirkte frisch und ungewohnt locker und lachte laut über eine Bemerkung von Wessel. Einen Moment lang spürte Steenhoff, wie ein Gefühl von Eifersucht in ihm hochstieg. So hatte Petersen mit ihm noch nie gelacht. Ihm gegenüber war sie stets höflich, aber auch kontrolliert und auf der Hut.
«Okay, lasst uns anfangen. Umso schneller sind wir hier wieder raus», eröffnete Steenhoff die Besprechung. Er hatte beschlossen, seine vorläufigen Ermittlungen zu dem Vorfall in dem Bestattungsinstitut zuletzt zu erzählen. Er fürchtete, dass sein Bericht ansonsten alle anderen Gedanken und Überlegungen seiner Kollegen überdecken könnte.
Manfred Rüttger berichtete als Erster. Er hatte die vergangenen Tage damit zugebracht, nach Parallelen und Gemeinsamkeiten zwischen den drei bisherigen Opfern zu suchen. Dazu hatte er gemeinsam mit Fabian Block und Wessel die Angehörigen und Freunde der verunglückten Reiterin aus Niedersachsen befragt. Auch Jurij Grigorewitsch hatte er noch einmal aufgesucht, den Ehemann der Frau, der der Täter die Brust abgeschnitten hatte.
«Die Reiterin war Anfang 30 , verheiratet und arbeitete als Zahnarzthelferin in Brinkum. Sie hatte eine Beziehung mit ihrem Chef und ging außerdem noch in größeren Abständen mit dem Besitzer des Reitstalls ins Bett. Anscheinend hatte sie aber ihre Männerkontakte gut im Griff. Bis auf ihre beste Freundin ahnte keiner der Beteiligten, dass es noch einen Nebenbuhler gab.»
Rüttger machte eine kleine Pause.
Steenhoff sah, wie Wessel abfällig den Mund verzog. Es passte nicht in sein Weltbild, dass manche Frauen mit mehreren Männer gleichzeitig anbandelten.
Wenn Steenhoff ehrlich war, erschien auch ihm die verunglückte Reiterin nicht gerade sympathisch. Rüttger wirkte dagegen völlig neutral, als er die junge Frau kurz skizzierte. Wie schon so oft in den vergangenen Wochen bedauerte Steenhoff, dass Rüttger noch nicht von den Brandsachermittlern zur Mordkommission gewechselt hatte. Wann immer der erfahrene Beamte in der Vergangenheit in der Mordkommission ausgeholfen hatte, war er Steenhoff wegen seiner ruhigen und wertfreien Herangehensweise an Zeugen und Opfer aufgefallen.
«Die drei Frauen könnten unterschiedlicher nicht sein», leitete Rüttger schließlich das Ende seines Berichtes ein.
«Sie sind sich vorher nie über den Weg gelaufen und haben keine gemeinsamen Bekannten. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass alle drei Zufallsopfer waren.»
«Aber hatte nicht auch Birgit Lange ein etwas ungewöhnliches Liebesleben?», wandte Steenhoff ein.
Seine Kollegen sahen ihn überrascht an.
«Na, bei den sogenannten Blinddates, an denen Birgit Lange teilnahm, wird ja nicht nur Tee getrunken worden sein.»
«Nein, aber es wurde ausgiebig gekocht», sagte Petersen. «Mal chinesisch, mal arabisch und auch mal persisch, soviel wir wissen. Aber vor allem musste es sich um ein mehrgängiges, ausgefallenes Menü
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