Gedankenmörder (German Edition)
Rüttger und klopfte Steenhoff freundschaftlich auf die Schulter. Dann machte auch er sich auf den Weg nach Hause.
Petersen, die bereits an dem Protokoll der Besprechung saß, hatte das Gespräch mitgehört, aber nichts dazu gesagt.
«Kann man der Frau vertrauen?», fragte sie Steenhoff plötzlich. «Wieso fragen Sie das?», entgegnete er vorsichtig.
«Nun, jede Information hat ihren Preis. Ich kann mir vorstellen, dass die Reporterin auch einiges über unseren Fall wissen wollte.»
Einen Augenblick überlegte Steenhoff, ob er Petersen reinen Wein einschenken sollte. Einem Impuls folgend, nickte er.
«Ja, das stimmt. Ohne Details aus unseren Ermittlungen hätte sie vermutlich nicht so gut kooperiert. Aber die Frau ist okay. Bislang hat sie mich noch nie reingeritten. Außerdem gehen über ihren Schreibtisch viele Informationen, die bei uns in der Mordkommission nie ankommen. Aber das muss unter uns beiden bleiben. Tewes würde das nie gutheißen.»
«Sie können sich auf mich verlassen», sagte Petersen und vertiefte sich wieder in ihr Protokoll.
Es war schon Abend, als Steenhoff zu Hause die Tür aufschloss. Es duftete nach frischgebackenem Brot.
‹Ist Ira früher aus Bornholm zurückgekehrt?›, dachte Steenhoff und eilte in Richtung Küche. Doch am Herd stand seine Tochter. Der Tisch war hübsch gedeckt, und für Steenhoff stand ein Glas Rotwein neben dem Teller.
«Wow, Marie, was für ein Fest feiern wir denn heute?», fragte Steenhoff verblüfft.
Seine Tochter hatte sich ihre langen braunen Haare zu einem Zopf zusammengebunden und sah ihn stolz, aber geschafft an. «Ich erkläre dir alles später, Papa. Im Augenblick muss ich auf die drei Töpfe aufpassen, damit mir nichts anbrennt. Ich rufe dich, wenn es fertig ist.»
Entschieden schob sie ihren Vater aus der Küche.
Steenhoff ging in den Garten und schaute auf die grüne Marschenlandschaft hinter seinem Haus. Die Besprechung kam ihm wieder in den Kopf. Auch Ira hatte seit vielen Jahren eine sehr enge Freundin. Besprachen die beiden Frauen Dinge, über die sie mit ihm nicht redete? Hatte Ira überhaupt Geheimnisse vor ihm? Bislang war er sich immer sicher gewesen, dass sie alle wichtigen Gedanken und Probleme mit ihm teilte.
Gab es vielleicht auch einen anderen Mann in Iras Leben? Womöglich trafen sie sich gerade auf Bornholm und schlenderten Arm in Arm durch Svaneke oder lagen zusammen im Bett? Der Gedanke versetzte Steenhoff einen heftigen Stich. Ärgerlich schob er die Bilder beiseite. Ein geradezu lächerlicher Gedanke. Ira und ein Liebhaber! Er schalt sich einen ausgemachten Idioten.
Als er Maries Stimme hörte, ging er wieder ins Haus.
Seine Tochter saß schon am gedeckten Tisch und strahlte ihn an. Für einen Moment verschlug es ihm die Sprache. Seine Kleine wirkte völlig verändert. Wie eine hübsche junge Frau. In seinen väterlichen Stolz mischte sich für einen kurzen Moment die Angst, sie schon bald zu verlieren.
Sie hatte Vitello Tonnato gekocht. Die Kartoffeln waren zerkocht, und das Fleisch war noch fast roh, doch Steenhoff genoss das gemeinsame Abendessen. In den zurückliegenden Wochen hatte er Marie nur selten gesehen und kaum länger mit ihr geredet.
Steenhoff hob das Glas und sah Marie fragend an: «Also, auf was darf ich anstoßen?»
Marie setzte sich plötzlich kerzengerade auf ihren Stuhl und verkündete stolz: «Auf mein großes Reiterabzeichen. Ich habe es gestern auf der Jugendfarm gemacht.»
Steenhoff hatte keine Ahnung, ob solch ein Abzeichen viel oder wenig Mühe machte, geschweige denn, was ein Reiter dafür können musste. Zudem waren ihm Pferde immer suspekt gewesen. Aber die Art und Weise, wie Marie über ihre Prüfung sprach, steckte ihn sofort an. Er sprang auf und drückte seine Tochter fest an sich.
«Herzlichen Glückwunsch, meine Süße. Warum hast du mir denn gar nicht erzählt, dass du die Prüfung machst?»
«Ach, du hast ja im Augenblick so viel zu tun, und eigentlich interessierst du dich ja auch nicht fürs Reiten», antwortete Marie beiläufig.
«Aber ich interessiere mich doch für dich», sagte Steenhoff.
«Wirklich?» Marie sah ihn zweifelnd an.
«Aber Marie, wie kannst du das in Frage stellen?»
Seine Tochter zuckte mit der Schulter.
«Du bist so selten da.»
Einen Moment war Steenhoff sprachlos. Schuldbewusst musste er sich eingestehen, dass Marie recht hatte. Tatsächlich sah er seine Familie während laufender Ermittlungen kaum. Manch einer seiner Kollegen hatte in den
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