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Gedankenmörder (German Edition)

Gedankenmörder (German Edition)

Titel: Gedankenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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denn eure Experten zu einem Mann, der Tote verstümmelt? Ein klassischer Nekrophiler ist so einer doch nicht?» Erwartungsvoll sah sie ihn an.
    «Ich lasse gerade eine Fallanalyse erstellen», wich Steenhoff aus. Andrea Voss bemerkte es sofort: «Und natürlich kannst du mir bislang noch nichts dazu sagen.»
    «Nein, dazu nicht. Aber ich werde dir alles andere erzählen, was wir wissen. Du hörst nur zu. Und danach sage ich dir, was du schreiben kannst und was nicht. Okay?»
    Die Reporterin nickte. «Einverstanden. Und dann kommen wir auf den Bestatter zu sprechen.»
    Diesmal nickte Steenhoff.
    Fast eine Stunde brauchte Steenhoff, um noch einmal alles zusammenzufassen. Andrea Voss hörte gespannt zu. Ab und an schüttelte sie angeekelt den Kopf, ging aber mit ihrer nächsten Nachfrage noch tiefer ins Detail.
    «Was soll diese Sache mit den roten Seidentüchern in der Scheide der Frau? Und dieser arme Wellensittich. Was ist das für ein merkwürdiges Ritual? Der ist ja noch kranker im Kopf als ein normaler Leichenschänder.»
    Steenhoff spürte sofort, dass Andrea Voss etwas Wichtiges ausgesprochen hatte.
    «Warum sagst du Ritual?», forderte er sie auf weiterzusprechen.
    «Na, es reicht ihm nicht, sich an den Opfern zu befriedigen – sondern er muss sie auch noch entwürdigen mit der Art, wie er sie schminkt. Und dann veranstaltet er diesen Zauber mit den Tüchern.»
    Steenhoff unterbrach sie: «Vielleicht wollte er seine toten Frauen schönmachen und hat sie deshalb geschminkt.»
    Andrea Voss sah Steenhoff an, als zweifele sie an seinem Verstand. «Ich weiß ja nicht, wie Birgit Lange geschminkt aussah, aber meine tote Radfahrerin, wie die aussah, das weiß ich. Ihr Gesicht ähnelte einer gruseligen Hurenmaske. So sieht keine schöne Frau aus.»
    Steenhoff schnellte aus seinem Stuhl nach vorn.
    «Woher weißt du, wie die Tote aussah?»
    Die Reporterin sah ihn triumphierend an. «Ich habe das Foto, das mein Informant geschossen hat.»
    Sie seufzte. «Natürlich fand meine Chefredaktion, dass wir das unseren Lesern nicht zumuten können.»
    Andrea Voss kramte in ihrem Beutel und fischte einen Schwung lose zusammengehefteter Seiten über Nekrophilie heraus. «Habe ich mir aus dem Internet geholt, wollte mich mal ein bisschen schlaumachen», bemerkte sie nebenbei und blätterte die Seiten von vorne bis hinten durch. Beim zweiten Durchgang fand sie, wonach sie suchte. Sie reichte Steenhoff das Bild.
    «Hier. So sah sie aus.»
    Steenhoff wusste sofort, dass Andrea Voss einen Volltreffer gelandet hatte.
    Die Lippen der Toten waren mit einem leuchtenden roten Lippenstift angemalt. Dabei hatte der Täter die Lippen optisch vergrößert, indem er einfach über den Lippenrand gemalt hatte. Um die geschlossenen Augen hatte er mit Hilfe eines Kajalstiftes riesige Wimpern gezeichnet. Steenhoff stieß einen leisen Pfiff aus.
    Die Reporterin sah ihn gespannt an.
    «Es ist dieselbe Handschrift wie im Krankenhaus», sagte Steenhoff schließlich.
    «Bingo», rief Andrea Voss so laut, dass sich einige Gäste an den Nebentischen nach ihr umdrehten. Die freudige Reaktion der Reporterin brachte Steenhoff einen Moment aus der Fassung.
    «Was gibt es da zu jubeln?»
    Verwundert schaute ihn Andrea Voss an. «He, ihr habt einen neuen Tatort und damit eine neue Chance, unserem Täter näher zu kommen.»
    «Unserem Täter?», wiederholte Steenhoff konsterniert.
    «Ja», sagte Andrea Voss fest. «Unserem Täter.»
    Es war schon früher Nachmittag, als Andrea Voss noch aus dem Lokal heraus ihren Informanten anrief, um den Kontakt zu Steenhoff herzustellen. Dabei benötigte sie all ihre Überredungskunst, um den Mann davon zu überzeugen, sein Wissen der Kripo weiterzugeben. Steenhoff hörte mit wachsender Faszination zu, wie die Reporterin ihr Repertoire abspulte. Als er weder auf ihre Schmeicheleien, er sei doch der zentrale Zeuge und von ungeheurer Bedeutung, einging noch auf die Verlockung einer «sicherlich bald in Aussicht gestellten Belohnung seitens der Staatsanwaltschaft» noch auf alle Appelle an sein Ehrgefühl – zog sie den letzten Joker.
    «Mensch Volker, du hast doch auch eine Tochter, die nachts mit ihren Freundinnen durch die Diskotheken zieht. Das ist nur noch eine Frage der Zeit, bis der Perverse sich an einer lebenden jungen Frau vergreift. Willst du das wirklich verantworten?»
    Anscheinend wollte er nicht, denn Andrea Voss hob triumphierend den Daumen und blinzelte Steenhoff zufrieden zu.
    «Okay, dann bleibt es dabei.

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