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Gedankenmörder (German Edition)

Gedankenmörder (German Edition)

Titel: Gedankenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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und legen größeren Wert auf ihr Äußeres als hier in Norddeutschland. Noch größer ist der Unterschied zwischen Türkinnen und Deutschen oder meinetwegen auch Iranerinnen und deutschen Frauen. Oder nehmen Sie Russinnen. Die meisten gehen wohl nie auf die Straße, ohne auffällig geschminkt zu sein. Nein, allein von der Dicke des Make-ups lassen sich keine vernünftigen Rückschlüsse auf das Milieu ziehen, aus dem die Frau stammt.»
    Steenhoff sah ein, dass Petersen recht hatte. Auch ihn hatten zuvor erhebliche Zweifel beschlichen, ob diese Information des Gerichtsmediziners für sie von irgendwelchem Wert sein könnte. Daher hatte er den Punkt auch nicht in der großen Runde besprochen.
    Petersen räusperte sich leise.
    «Außerdem gibt es in jedem Kulturkreis Ausnahmen. Ich persönlich mag Make-up überhaupt nicht, weswegen meine Familie überzeugt ist, dass ich unmöglich aussehe. Na ja. Die finden mich in vielen Punkten aus der Art geschlagen.» Sie stockte und wirkte plötzlich verlegen. «Ich meine, dass ich zum Beispiel Polizistin geworden bin.»
    «Als gebürtige Iranerin stellen Sie tatsächlich eine Rarität in der Bremer Polizei dar», sagte Steenhoff und musste den Impuls unterdrücken, seine Kollegin in den Arm zu nehmen. Die junge Frau wirkte plötzlich sehr einsam.
    Doch Petersen hatte sich schon ihre Jacke gegriffen.
    «Okay. Haben Sie sonst noch etwas? Wenn nicht, würde ich jetzt gerne nach Hause gehen.»
    Steenhoff verabschiedete sich von Petersen und blieb noch einen Augenblick in dem leeren Besprechungszimmer sitzen. Wenig später sah er ihre Silhouette auf dem leeren Parkplatz des Präsidiums.
    «Eine merkwürdige Frau», hörte er sich plötzlich laut sagen.
    Petersen würde eine tüchtige Ermittlerin werden. Das stand für ihn bereits nach den wenigen gemeinsamen Tagen fest. Aber sobald sie den Täter gefasst hätten, würde er Tewes um ein Einzelzimmer bitten. Petersen verunsicherte ihn.
    Ständig hatte er das Gefühl, sich falsch zu benehmen.

17
    Die Schlagzeile trieb seinen Pulsschlag sofort in die Höhe.
«Leichenfund im Bürgerpark / Schlug brutaler Täter schon mehrfach zu? / Polizei wiegelt ab.»
    Steenhoff riss den Weser-Kurier mit einem Ruck aus dem Ständer des Kiosks. Das metallene Gestell geriet bedenklich ins Schwanken. Sofort tauchte ein grauer Haarschopf im Fenster auf. Die alte Frau hatte versucht, ihre Haare zu toupieren, und sie anschließend mit Haarspray fixiert. Einige der dünnen Strähnen standen wirr vom Kopf ab.
    «Ärgern Sie sich nicht, Herr Kommissar.»
    Mitleidig schaute die Frau Steenhoff an. «Sie wissen doch, die schreiben sich zusammen, was die Leute lesen wollen.»
    Sie schien den Artikel von Andrea Voss bereits gelesen zu haben. Als Steenhoff nicht antwortete, meldete sie sich erneut zu Wort.
    «Wollen Sie einen Korn oder lieber einen Kaffee? Ich habe gerade einen frisch aufgebrüht.»
    Steenhoff wollte wie immer ablehnen, zahlen und so schnell wie möglich ins Büro fahren, als er den Blick der alten Frau streifte. So hatte ihn seine Großmutter früher immer angeschaut, wenn er mit einer schlechten Klassenarbeit nach Hause gekommen war. Ein Blick voller Trost und zugleich Vertrauen, dass er es den Lehrern beim nächsten Test schon zeigen würde.
    «Ja, wenn Sie einen Kaffee hätten, wäre das nett», sagte Steenhoff gegen seinen Willen.
    Sofort verschwand die Frau in ihrem halbdunklen Kabuff. Steenhoff hatte nur wenig geschlafen. Nachdem er sich die halbe Nacht in seinem Bett herumgewälzt hatte, war er kurz vor sechs aufgestanden und hatte sich leise angezogen. Ohne zu frühstücken, hatte er sich auf den Weg nach Bremen gemacht. Kurz nachdem er die Landesgrenze überquert hatte, war er rechts rangefahren und hatte vor dem Kiosk gehalten. Seit Jahren versorgte ihn die alte Frau täglich mit dem Weser-Kurier. Nach einer Pressekonferenz in einem aktuellen Mordfall kaufte er sich stets auch die anderen Zeitungen. Immer wieder war er erstaunt, wie unterschiedlich die Medien ein und dieselbe Information verarbeiteten.
    Er überflog kurz die Schlagzeilen. Die «Bild»-Zeitung hatte ihren Schwerpunkt auf die grausamen Details gelegt. Angeblich sei die Bremer Polizei einer Bestie auf der Spur, die ahnungslose Frauen misshandelte.
    Erwartungsgemäß nüchtern und knapp handelte dagegen die taz den Mord im Bürgerpark ab. Die Kreiszeitung wiederum hatte ihrem Artikel eine Skizze des Bürgerparks beigefügt und den genauen Leichenfundort eingezeichnet. Er

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