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Gedenke deiner Taten

Gedenke deiner Taten

Titel: Gedenke deiner Taten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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Bewegung. Nein, das war kein Geist, es war ein Mann aus Fleisch und Blut.
    Birdie hörte Stimmen und Motorengeräusch. Jemand rief, er schien Befehle zu brüllen. Der Mann ging unbeirrt weiter.
    »Halt«, sagte Birdie, »stehen bleiben!«
    Als er näher kam, sah Birdie, dass es nicht der arme Richard Cameron war. Kein Geist trieb sich auf der Insel herum – wenigstens heute nicht. Das musste der Mann sein, der Emily verfolgt hatte und das Geld wollte. Immerhin hegte er keinen jahrelangen Groll gegen Birdie. Was wollte er? Die junge Frau hatte von Geld gesprochen, aber wo sollte das sein? Hatte er es auf das Mädchen abgesehen? Aber wozu? Und der Safe war wie immer leer. Was für ein Albtraum, und alles nur wegen dieser Leute, die nichts Besseres zu tun hatten, als andere zu bestehlen, zu morden und Feuer zu legen. Birdie wurde wütend. Die Wut verlieh ihr neue Energie, und sie rappelte sich auf.
    »Ich bin bewaffnet«, sagte sie. Zu mehr fehlte ihr trotz aller Wut die Kraft.
    Vor langer Zeit hatte ihr Vater ihr, Gene und Caroline das Schießen beigebracht. Sie hatten leere Flaschen auf den Felsen aufgestellt und zielen geübt. Birdie hatte den Knall geliebt, den Geruch von Kordit. Gene war ein miserabler Schütze, weil er sich vor dem Krach und dem Rückstoß fürchtete. Die Mädchen stellten sich geschickter an; sobald Birdie und Caroline das Prinzip verstanden hatten, trafen sie kaum noch daneben. Birdie hatte das Klirren der zerplatzenden Flaschen geliebt.
    »Ich habe kein Geld«, sagte Birdie, »und das dumme Ding hier hat auch keins.«
    Er hielt inne.
    »Wo ist es?«, fragte er. Seine Stimme war ein Knurren.
    »Woher soll ich das wissen?«, sagte Birdie.
    »Ich habe es«, sagte Emily. »Hier.« Sie zeigte auf ihre Umhängetasche. Birdie hatte sie nicht bemerkt, als sie die Kleine aus dem Haus gezogen hatte. Das Mädchen klappte die Tasche auf, und zum Vorschein kam ein Stoffbeutel, den sie dem Mann zuwarf.
    »Wie viel?«, rief Birdie, »war es das wert?«
    Sie hatte damit gerechnet, dass der Mann das Geld nehmen und verschwinden würde. Jeder hätte in seiner Lage so reagiert. Aber er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, den Beutel zu fangen; er kam weiter auf sie zu. Birdie sprach eine letzte Warnung aus. Er reagierte nicht. Sie hob den Revolver und zielte auf seine Körpermitte. Er machte keine Anstalten stehen zu bleiben. Birdie drückte den Abzug.
    Roger Murphy hörte einen Schuss. Der Knall hallte weit über den See. Roger kämpfte sich die Felsen hinauf. Er rang nach Luft. Das Stechen in seiner Seite ignorierte er. Er wollte sich nicht eingestehen, wie sehr er sich hatte gehen lassen. Als seine Frau noch am Leben war, hatten sie immerhin ausgedehnte Abendspaziergänge unternommen. Seit ihrem Tod hatte er sich kein einziges Mal dazu aufraffen können.
    Die kleine Burke – nun ja, so klein war sie inzwischen nicht mehr – hatte ihm von John Cross’ Boot zugerufen, ihre Mutter sei immer noch auf der Insel. In seinen Augen war sie immer noch ein Kind; er kannte sie, seit sie ein Baby war. Inzwischen war Kate Burke selbst Mutter, und ihre Mutter war eine alte Frau. Alles hatte sich verändert, nur die Inseln nicht, auch wenn die Reichen ihre protzigen Häuser darauf stellten.
    Immer schon waren die Einheimischen den reichen Sommergästen, die die Inseln aufkauften, mit Misstrauen begegnet. Als Roger noch ein junger Mann war, gehörten die Inseln demjenigen, der sich zuerst darauf niederließ. Man schnappte sich einen alten Kahn und hatte die freie Auswahl, wenn man ein schönes Picknick veranstalten oder campen gehen wollte. Man schlug sein Zelt auf, wo man wollte. Heutzutage wurde so etwas Landfriedensbruch genannt.
    Dennoch freute er sich über die Sommergäste. Blass und erschöpft reisten sie ab dem Frühsommer an. Wenn sie Wochen oder Monate später nach Hause fuhren, waren sie sonnengebräunt und glücklich. Sie taten ihm leid. Und er wusste, er tat ihnen leid, weil er hier festsaß.
    Die Töchter der Hearts waren so unerreichbar wie Sonne und Mond. Er beobachtete sie. Er hatte die Gerüchte gehört; angeblich hatte Lana Heart ihren Mann mit diesem Richard Cameron betrogen. Roger kannte Camerons Bücher und empfand tiefes Mitleid für alle Frauen, die so dumm waren, sich auf einen solchen Egomanen einzulassen. Alle Frauen in Camerons Büchern waren Huren oder Mörderinnen. Sie verloren den Verstand und kamen gewaltsam zu Tode, wurden misshandelt und vergewaltigt. Richard Cameron war ein

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